POV Lucinda:
Nervös malträtierte ich meine Unterlippe. ‚Wie soll ich ihnen das erklären.', dachte ich. Würden sie mir das überhaupt glauben. Ayame bemerkte unseren plötzlichen Stimmungsumschwung und legte fragend den Kopf schief. Eine unbändige Neugier spiegelte sich in ihrem Blick, doch das konnte ich ihr auch nicht verübeln.
„Oder... lieber nicht?", fragte sie vorsichtig. Ich schüttelte den Kopf.
„Nein."
Stumm sah ich in den Becher, den ich fest umklammert hielt.
‚Ich kann ihnen das nicht erzählen...'
Ich spürte wie Giyuu meine Hand nahm, die ich fest zu einer Faust geballt hatte und strich sanft mit dem Daumen darüber.
„Ist schon okay. Du musst es nicht machen. Ich... ich kann das übernehmen wenn du willst.", sagte er leise. Mit großen Augen sah ich zu ihm.
„Du musst doch nicht-" - „Doch."
Ich musste schmunzeln.
„Danke.", sagte ich leise und lächelte.
Von der Seite kam ein Quietschen und unsere Köpfe schnellten gleichzeitig nach links. Ayame hatte sich die Hand vor den Mund geschlagen und war etwas rot während sie ein Kichern unterdrückte.
„Entschuldigung, aber ihr zwei seid echt süß!" Etwas verlegen kratzte ich mich am Hinterkopf während Giyuu weiter seinen stoischen Gesichtsausdruck beibehielt. Ayame wollte gerade weiterreden, als die Tür aufgezogen wurde. Die Augen meiner Schwester leuchteten auf als sie aufsprang. „Mama, du bist zuhause!", sagte sie freudig und man konnte die Aufregung deutlich aus ihrer Stimme heraushören. Ein Kribbeln breitete sich in mir aus und ich richtete mich ebenfalls auf.
„Mama, du wirst mir nicht glauben was passiert ist!", quietschte meine Schwester.
„Jetzt lass mich doch erstmal ankommen, Kleines, dann kannst du mir erzählen was los ist."
Ein warmer Schauer rieselte über meinen Rücken als ich ihre Stimme hörte. Als sie durch die Tür kam und mich erblickte, blieben wir beide wie eingefroren stehen.
Kein Zweifel! Das war die Frau auf dem Bild gewesen, nur war sie jetzt natürlich etwas älter. Ihre hellen Haare waren etwas länger und ihre Augen hatten dasselbe Blau wie meine.
„Hallo... Mama.", sagte ich leise und zitternd.
Einen Moment lang geschah nichts, dann ließ meine Mutter einfach den Korb den sie hatte, fallen und stürmte zu mir um mich in eine feste Umarmung zu ziehen.
„Oh mein Gott... bist du es wirklich? Lucinda?", sagte sie mit erstickter Stimme. „Natürlich.", gab ich leise mit ebenso erstickter Stimme zur Antwort. Ayame sah mit einem strahlenden Lächeln zu uns. Als meine Mutter mich aus der fast knochenbrechenden Umarmung gnädigerweise erlöste, waren ihre Augen mit Tränen gefüllt, doch sie lächelte glücklich. „Mein kleines Mädchen... ich wusste, dass du eines Tages hierher zurückfindest.."
Mir wurde warm und mein Lächeln wurde noch breiter als ich es für möglich gehalten hatte. Ayame sah aus als würde sie gleich platzen vor Freude und Aufregung. Jetzt erst bemerkte meine Mutter Giyuu, der seinen Platz nicht verlassen hatte.
„Oh verzeihen Sie, dass ich Sie nicht bemerkt habe. Sind sie ein Freund meiner Tochter?", fragte sie förmlich obwohl ihre Stimme noch etwas zitterte. Bevor er antworten konnte, übernahm das Ayame auch schon.
„Nicht nur irgendein Freund!", sagte sie mit funkelnden Augen. Ich musste lachen und stellte ihn vor.
„Mama, das ist Giyuu Tomioka, mein... fester Freund.", sagte ich und lächelte Giyuu strahlend an, der aufgestanden war um meiner Mutter die Hand zu schütteln.
„Freut mich Sie kennenzulernen Frau...", er verstummte irritiert. Ich kannte meinen Nachnamen nicht, deshalb konnte ich es ihm auch nie sagen und beeilte mich das zu erklären. Meine Mutter nickte verständnisvoll und sagte mit einem Lächeln: „Sayani. Aber lassen wir doch die Förmlichkeiten, nenn mich ruhig Sakura. Das ist doch gleich viel entspannter, nicht wahr?"
Giyuu nickte überrascht.
Dann seufzte meine Mutter einmal laut auf. „Ach herrje, jetzt ist mein ganzer Tagesplan durcheinander. Aber dafür...", sie sah mich mit einem liebevollen Blick an, „...habe ich nun endlich meine geliebte Tochter wieder."
Ich sah glücklich von einem zum Anderen. Jetzt erst merkte ich, dass ich eine seltsame Leere in meinem Herzen herumgetragen hatte, die nun verschwunden war.
Zuhause.Während meine Mutter Mittagessen für uns alle machte, fragte sie uns über dies und jenes aus. Dabei bemerkte ich, dass sie Fragen über das was vor meinem „Beitritt" zu den Säulen passiert war, gründlichst vermied. Hatte Ayame etwas zu ihr gesagt. Meine Schwester war eine absolute Quasselstrippe, wie wir jetzt besonders merkten. Sie stellte Fragen über Fragen, sodass ich manchmal kaum hinterherkam. Als sie nach draußen lief und wir einen Moment Ruhe vor ihr hatten, lehnte ich mich zu Giyuu und fragte ihn leise: „Alles okay." Ich hatte den Eindruck, dass er etwas außen vor gelassen war wenn Ayame mich mit Fragen bombardierte. Ein kleines Lächeln huschte über sein Gesicht und er antwortete: „Alles gut solange du glücklich bist."
Ich lächelte und gab ihm einen kleinen Kuss. „Dann ist ja gut." -
„Ich bewundere nur den Unterschied zwischen dir und deiner Schwester.", meinte er. Ich und meine Mutter lachten.
„Die beiden waren schon als kleine Kinder so verschieden wie Tag und Nacht.", erzählte sie verträumt. Ich hörte ihr aufmerksam zu, da ich mich an so vieles nicht erinnern konnte. „Zum Beispiel.", hakte ich neugierig nach. Meine Mutter schmunzelte.
„Ayame war immer die, die mit allem und jedem befreundet sein wollte, egal ob Mensch oder Tier. Aber während sie die Brave von euch beiden war, warst du ein echter Wildfang. Ich habe irgendwann aufgehört zu zählen wie oft ich deine Kleidung flicken musste, weil du mal wieder rumgetobt hast." Ich hörte Giyuu hinter mir lachen während er seinen Kopf auf meiner Schulter ablegte. „Lucinda, das kenne ich aber gar nicht so von dir.", neckte er mich. Ich knuffte ihn spielerisch gegen den Oberarm.
Auch wenn wir die ganze Zeit Spaß hatten und später alle beieinander saßen, hatte ich immer noch ein ungutes Gefühl, welches ich zu verdrängen versuchte. Die ganze Zeit befürchtete ich, dass meine Mutter anfing nach all dem was passiert war, zu fragen. Doch seltsamerweise kam nichts.
Die Zeit verging wie im Flug und bevor wir es uns versahen war es schon Abend. Mein Lächeln hatte die ganze Zeit keine Gelegenheit gehabt aus meinem Gesicht zu verschwinden und ich war unfassbar glücklich.
„Mama, willst du eigentlich gar nicht wissen was mit Lucinda in der ganzen Zeit, wo sie weg war, passiert ist?", platzte Ayame auf einmal raus. Ich zuckte zusammen.
‚Verdammt, Ayame!'
Hastig richtete ich mich auf.
„Ich... ich muss mal kurz etwas frische Luft schnappen.", murmelte ich und eilte, ohne auf den Ruf meiner Schwester zu hören, nach draußen. Dort ließ ich mich neben dem Eingang an der Wand hinuntersinken. Ein dumpfes Gefühl der Angst breitete sich in mir aus. Ausgerechnet jetzt, wo ich mich halbwegs von meiner Vergangenheit gelöst hatte, da wurde ich schon wieder von ihr eingeholt. Was würden die beiden nur von mir denken wenn sie wüssten was passiert wäre. Schließlich... hatte ich.. meinen.. meinen eigenen Vater getötet!
Ich schüttelte energisch den Kopf und versuchte diese Gedanken zu verdrängen, ich wollte nicht einmal daran denken. Um mich etwas zu beruhigen, atmete ich tief ein und aus. Dann hörte ich leise durch den schmalen, offenen Spalt zwischen Tür und Rahmen Giyuus Stimme.
„Das ist eine wirklich lange und komplizierte Geschichte... Lucinda spricht nicht gerne darüber..."
Er erzählte die Kurzfassung von dem was in etwa passiert war, er kannte das ganze ja aus dem Tagebuch, das er damals gefunden hatte. Danach herrschte eine bedrückende Stimme. „Ich seh mal nach ihr.", hörte ich dann erneut Giyuu sagen und kurz darauf wurde auch schon die Tür geöffnet.
Als er mich sah, kniete er sich vor mich und strich mit den Fingerspitzen vorsichtig über meine Wange.
„Es ist alles okay.", sagte er leise und ich sah ihn mit einem verwirrten Blick an. Wie konnte nach dieser Geschichte alles okay sein. Ich erschrak als hinter ihm Ayame auftauchte und mich traurig ansah.
„Oh Lucinda, es tut mir leid! Ich... ich hätte meine vorlaute Klappe nicht so weit aufreißen sollen! Ich wusste ja nicht-" Ich unterbrach sie. „Schon gut."
Sie sah mich mit tränengefüllten Augen an.
„Es tut mir so leid!"
Ich stand auf und umarmte sie einfach.
„Bitte beruhige dich, du kannst nichts dafür, ja. Ich... rede nur nicht selbst gerne darüber.", sagte ich und löste mich wieder von ihr. Ich lächelte sie aufmunternd an und sie lächelte, wenn auch unter Tränen, zurück.
„Kommt, gehen wir wieder rein.", sagte ich und nahm sie und Giyuu bei der Hand.
„Das Wichtigste ist doch, dass es jetzt vorbei ist und wir wieder eine Familie sind, nicht wahr.", sagte ich während wir das Haus wieder betraten.
Ich ließ die beiden wieder los und eilte zu meiner Mutter, die wohl einen ziemlichen Schock hatte. War ja kein Wunder. Sie sah mich traurig an.
„Es tut mir leid... ich hätte es bemerken müssen, dass er etwas vorhatte..." Nun umarmte ich auch sie ganz fest.
„Bitte, entschuldigt euch nicht. Das ist niemandes Schuld!", sagte ich. Ich spürte wie meine Mutter die Umarmung fest erwiderte. „Ich bin froh, dass du mir das verzeihen kannst.", flüsterte sie. Ich lächelte sie nur an. „Es ist doch letzten Endes alles gut gegangen. Ich habe meine Familie wieder und...", ich blickte lächelnd zu Giyuu hinüber, der immer noch neben meiner Schwester stand, „... und ich habe Giyuu."
Von Ayame kam wieder ein hohes Quietschen während Giyuu kaum merklich rot wurde. Ich lächelte glücklich und sah von einem zum Anderen.
In dem Moment war alles so perfekt, dass es fast surreal wirkte.*stirbt an Zuckerschock*
Ayame is einfach n totales Fangirl xD
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Frozen Blossom Band 2 ||•Kimetsu No Yaiba•||
Fanfic!Abgeschlossen, aber weiterhin für Requests offen :)! Nach dem großen Kampf gegen einen von Kibutsujis mächtigsten Anhängern, ist Lucinda geflohen. Aus Angst und Schuld, weil sie denkt, dass sie für all das verantwortlich ist. Während die anderen S...