Kapitel 1

1.4K 45 9
                                    

Kapitel 1

"Wo soll das bitte noch hinführen, wenn du ständig einen Verkehrsunfall baust? Du wirst nicht immer Glück haben und nur mit einem Kratzer davon kommen!" Lindsey funkelte ihren fünf Jahre älteren Bruder zornig an. "Genau deswegen war ich auch so dagegen, dass du dir unbedingt ein Motorrad kaufen wolltest. Jetzt haben wir wortwörtlich den Salat."

Dieser zuckte nur unbekümmert mit den Schultern und ließ die Standpauke kommentarlos über sich ergehen, als wäre sie hier die große Schwester und müsste ihn für sein leichtsinniges Verhalten zurechtweisen, das ihm immer wieder den Weg versperrte - oder manchmal fast sein Leben ausschaltete.

Allerdings dachte ich langsam, er ließ sich vielleicht das auch einfach gefallen, weil es ihm egal war.

Ja, das war es und würde seine grundsätzliche Einstellung zum Leben auch sehr gut beschreiben.

Cole Baxter war ein Mensch, der hier und jetzt in diesem Moment lebte und den Rest komplett ausschaltete. An sich war das nicht schlecht - wenn er wenigstens ein bisschen die Folgen im Hinterkopf behalten würde, die ihm jedesmal nach einer weiteren Aktion zu Last fielen.

Diese so genannte Standpauke, bei der meine beste Freundin ihn jedesmal fast vor Wut schütteln könnte, bekam ich nicht zum ersten Mal mit.

Leider konnte sie ihn nicht wachrütteln, dafür war er im Gegensatz zu uns viel zu groß und einfach zu stark. Vom Äußeren war er ein erwachsener hübscher Mann und würde einen nie auf sein leichtsinniges Verhalten vermuten lassen. Eher auf Kontrolle und massig Selbstbeherrschung.

Er besaß eine sportliche Statur, hatte schöne kantige ausgeprägte Gesichtzüge, glänzende goldene Haare, die mich jedesmal an dunklen flüssigen Honig erinnerten, und atemberaubende Augen.

Sie waren grau und die Verfärbung der Iris wurde zur Pupille hin immer heller - sodass sein Blick eine faszinerende Wirkung auf viele Menschen hatte.

Generell riss seine Ausstrahlung viele Leute in seinen Bann, besonders Mädchen. Cole wirkte selbstsicher und dabei unglaublich gerissen - man konnte ihm völlig ansehen, dass er nur das machte, was er wollte und da ist es ihm egal, auf was sich sein Willen bezog.

Wenn man ihn näher kannte wusste man auch, dass das alles völlig stimmte. Nach den vier Jahren, die ich jetzt mit seiner Schwester befreundet war und somit hin oder wieder beiläufig mit ihm in Kontakt kam, hatte man seine weiteren Charakterzüge grob am Rande wahrgenommen.

Launisch, willkürlich, absolut leichtsinnig, manipulierend und zu anderen nur nett - ausgenommen seine Familie und seine Freunde - wenn er wie gesagt seinen Willen durchsetzen wollte.

In diesen Momenten setzte er sein verdammt verführerisches Lächeln auf, das schon einige Herzen zum Schmelzen gebracht hatte, und kombiniert mit seiner plötzlich charmanten Art verfolgte er so gut wie immer erfolgreich sein Ziel.

Das erste, was mir Lindsey geraten hatte, bevor ich das erste Mal zu ihr nach Hause mitgekommen bin, war zusammengefasst in einem schlichten, dennoch durchdringenden Satz.

Verliebe dich nicht in meinen Bruder, er wird dich kaputt machen.

Da dachte ich mir nur, hey, wie klassisch.

Meine neue beste Freundin hat einen größeren, ziemlich gut aussehenden Bruder, dessen Charakter gewöhnungsbedürftig und nicht gerade fördernd für seine Mitmenschen war.

Bei Mädchen förderte es eher nur den Liebeskummer und bei anderen, die ihm komisch kamen, neue Verletzungen.

Sehr schön.

Genau konnte ich nicht sagen, zu welcher Gruppe Menschen er mich zählte. Ob ich zu denen gehörte, die er insgeheim als lästig empfand oder zu diejenigen, bei denen er rein aus Höflichkeit nett war, weil ich mit seiner Schwester befreundet bin... keine Ahnung.

PassionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt