Dayı-Onkel (Bruder der Mutter)
Im Schutze der Nacht landete ich vor dem Museum. Krux griff zwei Taschen und glitt an dem Drachenkopf herunter. Mit der dritten Tasche und Nasya sprang ich ab und löste den Drachen auf. Derweil schloss Krux bereits die Museumstür auf und öffnete sie. „Fast zuhause, Kuraiko. In den Hinterräumen wirst du gleich ausruhen können. Du schläfst mir doch gleich hier in der Vorhalle ein. Komm" erwiderte auf ein Gähnen meinerseits und nahm mich an der rechten Hand. Nasya war auch schon eingeschlafen.
Im Versteck legte ich mich auf das kleine Sofa und schlief schnell ein. Ich merkte noch, wie Krux mir meine Stoffteddy in die Arme legte. Der stundenlange Flug hatte an meinen Kräften gezerrt, Krux hat nicht übernehmen können.
Fest drückte ich meine Stoffteddy an meine Brust. Die Ebene auf der ich kniete, war mir gut bekannt. Die Klippenfelsen in England. Aber der Himmel war schwarz, kein Himmelskörper spendete Licht. Dennoch konnte ich sehen. Anscheinend war ich in meinem Bewusstsein. In einigem Abstand hockte Krux verschreckt auf dem Gras. Eigentlich konnte ich momentan ja sprechen, also muss es ein Schutzreflex gewesen sein.
Der Himmel dunkel und wolkenlos, das Meer brachte eine frische Brise mit sich. Wieder sah ich auf Krux und mich. Wir waren beide in Menschengestalt, mehr oder weniger. Seine Ohren ragten als Wolfsohren zwischen seinen Haaren hervor und er hatte einen Wolfsschwanz. Ebenso hatte ich die Ohren und den Schwanz einer Wildkatze. Ich lehnte mich vor und blickte hinab auf den Boden, wo sich eine Eisschicht gebildet hatte. In dieser sah ich zum ersten Mal seit langer Zeit mein Spiegelbild.
Links zog sich eine lange, verheilte Narbe von den Wangenknochen bis über die Augenbraue, das Lied geschlossen. Die rechte Gesichtshälfte dagegen war völlig verbrannt, aber nicht von der Kalten Flamme. Eine Iris hatte ich auf der rechten Seite nicht, die Pupille ausdruckslos und grau. Erschrocken sackte ich zurück, das Eis verschwand. Derweil hatte Krux sich aufgerappelt und trat zu mir, ging vor mir in die Hocke. „Scht, scht, scht. Es gibt für alles eine Erklärung, ja? Atme. Langsam" beruhigte er mich und seufzte kurz.
Er erklärte mir, dass ich bei dem Klosterbrand tatsächlich Verbrennung im Gesicht und an den Schultern erlitten hätte. Meine Eigenmagie hätte diese Verletzungen lediglich pausiert und überdeckt. Auch hatte er mich umgezogen und am Bett festgeschnallt, damit ich nicht im Schlaf an den Brandwunden rieb. Immerhin wäre ich schon seit 36 Stunden ohnmächtig. Schließlich brachte ich ihn zurück, blieb aber selbst noch. Mit einer Hand zog ich die Spieluhr in meiner Stoffteddy auf. Die Melodie beruhigte sanft und ließ mich in einen tiefen Schlaf gleiten.
Ein würziger Geruch von Kräutertee erfüllte den ganzen Raum, als ich aufwachte. Die Stoffteddy auf meiner Brust, versuchte ich mich langsam zu orientieren. Wo kam die Decke her, die auf mir lag? Stimmt, jetzt erinnerte ich mich wieder. Krux musste mich zugedeckt haben. Kurz schickte ich das Sonar und die Ströme durch meine Umgebung.
Mein Armband lag auf einem halbhohen Schrank neben dem Bett. Daneben zwei Gefäße, die Formen deuteten auf ein Glas und eine Tasse hin. Auf der gegenüberliegenden Seite stand ein Sofa, jedenfalls hörte es sich nach einem Sofa an. Die Tür zum Nebenzimmer war geschlossen, zwei Zimmer weiter ortete ich Krux. Wieder prüfte ich die Ströme.
Krux, Nasya und ich waren alleine. Sie schlief noch (oder wieder?) auf dem Sofa. Mit dem Sonar tastete ich das Bett ab. Die Decke blockierte das Signal. Noch etwas dämmrig versuchte ich vorsichtig, mich aufzurichten. Erst da bemerkte ich die Armmanschetten oberhalb der Handgelenke, welche anscheinend am Bett fixiert waren. Die Beine allerdings konnte ich anziehen, anscheinend hatte Krux mich nur an den Armen eingeschränkt.
Also trat ich die Decke weg, immerhin brauchte ich sie gerade nicht. Dabei fiel mir auf, dass ich meinen Schlafanzug trug anstatt Jeans und Cardigan. Da hörte ich auch ein Seil neben mir, aufgerichtet auf Kopfhöhe. Das Seil war mit einer Glocke verbunden, also nahm ich es zwischen die Zähne und zog daran. Zwar ließ sich Nasya davon nicht stören, aber Krux hörte ich kommen.
„Guten Mittag, Kuraiko" begrüßte Krux mich. Als Antwort brummte ich nur etwas Unverständliches und hob die Arme. Mit einer flinken Handbewegung schloss er die medizinischen Fesseln auf und setzte sich auf die Bettkante. „Die waren nur, damit du dir nicht im Schlaf an den Wunden reibst" erklärte er sanft.
„Hier, trink ein wenig Tee, dann wird das schon wieder. Noch erschöpft, hm?" gab er mir eine Tasse Kräutertee, die Tasse vom Schränkchen. Der lauwarme Tee war eine Abwechslung zu Oni-Tee und Wasser. „Ja, irgendwie bin ich noch ein wenig neben der Spur" gab ich zwischen zwei Schlucken zurück.
„Du bist nur noch ein wenig benommen, Kuraiko. Es war ziemlich viel Betäubungsmittel. Spätestens morgen früh bist du wieder fit" beruhigte er mich. Gut, Vollnarkose war mir auch nichts neues. Die halbvolle Tasse stellte ich zurück auf den Schrank und versuchte, aufzustehen. „Soll ich dich tragen?" bot er mir an, als ich kaum das Gleichgewicht halten konnte.
Ich nickte nur und erwiderte: „Muss aufs Klo". Er stand auf und legte mich über die rechte Schulter, eine Hand auf den Rücken und die andere als Hauptstütze unter die Oberschenkel. Vorher hatte ich mir noch meine Stoffteddy geschnappt und drückte sie an mich. Warum genau, wusste ich selbst nicht. Es war einfach beruhigend, wie immer. Krux öffnete eine Tür und stellte mich auf Fliesen ab.
„Kannst du dir selbst eine Stoffwindel anziehen?" griff er nach einem Gegenstand und gab mir einen Stoff in die Hand. „Hm" machte ich nur. „Gut, also die altmodische Art" stellte er fest.
Irgendwie schaffte ich es tatsächlich, relativ eigenständig normal auf Toilette zu gehen. Anschließend sollte ich die Windel von vorne halten und nach hinten ziehen. Mit zwei schnellen Handgriffen schloss Krux die Knöpfe der Windel von hinten.
Dann trug er mich wieder ins Bett und setzte mich darauf. Er nahm eine Fessel in die Hand und hielt sie vor mich, ich sollte sie in die Hand nehmen. Er zeigte mir, wie man sie anlegte und wieder öffnete. Tatsächlich war ich in der Lage, sie mir selbst anzulegen und auch wieder abzulegen.
Ich war tatsächlich eingeschlafen. Allerdings war irgendwas komisch. Warum lag ich zusammengerollt auf dem Bett, Schwanz auf der Schnauzte, die Fesseln geschlossen neben mir? Ich hatte mich verwandelt. In einen Wolfswelpen. „Äh Krux? Hat dieses Betäubungsmittel eigentlich irgendwelche Nebenwirkungen?" rief ich, er war im Nebenzimmer.
Er hielt kurz in seiner Bewegung inne, trat dann aber in die Tür und spähte in mein Zimmer. Als er mich sah, hielt er sich die Stirn und seufzte: „Ja, eine davon hat dich in einen Welpen verwandelt". „Ist nicht eigentlich die Katze meine Tiergestalt?" harkte ich verwundert nach.
„Eigentlich schon, aber wir Chronos sind die mächtigste Familie der Oni, ausgenommen von den Yang. Daher hast du vermutlich noch eine zweite, etwas schwächer ausgeprägte Tiergestalt" trat er auf mich zu. „Sich unbeabsichtigt in die Tiergestalt zu verwandeln, ist leider eine der Nebenwirkungen. Zwar wussten wir, dass es ungewöhnliche Konsequenzen haben wird, wenn das Blut der beiden höchsten Familien vermischt wird, aber zwei Tiergestalten sind wirklich eine Laune der Magie" gab er zu. „Miau" machte ich nur, würgte kurz und erbrach ein Fellknäul. Dayı lachte nur und schüttelte den Kopf.
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Hi!
Ich mache ab jetzt immer eine Ankündigung, wenn ein Kapitel rauskommt. Für's markieren fehlt mir die psychische Kraft.
Eure Brom
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Kodokuna, Kuraiko, Krux
Fanfiction(Fortsetzung von Zeit und Wind, Kuraiko und Morro, Teil 1 nicht aus ihrer Sicht beschrieben, Warnung vor finsteren Gedanken) Teil 1: Wieder einmal ist Kuraiko dem Tod im letzten Moment entkommen. Geschwächt von dem Kampf gegen das Ultra-Böse und der...