Adorable

216 34 26
                                    

Begleitet von einem leisen Rascheln ließen sie sich in das ausgedörrte Gras fallen und Jimin war froh, endlich wieder zu Atem zu kommen. Kühlender Schweiß ran ihm die Schläfen entlang und sein Herz schlug ihm bis zum Hals, als er zu Jungkook sah. Bereits den ganzen Vormittag hatten sie mit dem Training für die Universitätsmeisterschaft verbracht, eine Pause hatten sie sich nun mehr als verdient und sein Körper lechzte gerade zu danach. Eigentlich wollte er sich gar nicht für die Staffel anmelden und lieber seine Zeit fürs Lernen nutzen, um seinen perfekten Notenschnitt zu halten. Trotz dessen lag er nun auf dem verbrannten Rasen des Universitätssportplatzes und spürte ein unangenehmes Ziehen in seinen Seiten. Zwar tanzte er schon eine gefühlte Ewigkeit, doch stundenlang zu rennen war trotzdem nichts für ihn.

„Du wirst von Mal zu Mal langsamer, Jimin", stichelte nun auch sein jüngerer Kommilitone neben ihm und stach mit dem Ellenbogen schmerzhaft in seine Rippen. Wenn es ihm bis eben noch vergleichsweise gut ging, war das jetzt vorbei. Er wollte nicht weiter trainieren und schon gar nicht seine Zeit mit der Nervensäge Jungkook verbringen. Auch dass ihr Sunbae ihnen einige Flaschen Wasser zu warf, änderte nichts daran, dass Jimin am liebsten davongekrochen wäre. Warum musste er auch für Hoseok einspringen, der sich vor einer Woche beim Tanzen eine Verletzung am Fuß zugezogen hatte. Sein Mitbewohner war ihm zwar ein guter Freund, doch langsam reizte dieser seine Hilfsbereitschaft eindeutig zu sehr aus.

„Zieh nicht so ein Gesicht, für jemanden der so klein ist, bist du wirklich schnell", reizte ihn Jungkook erneut und atmete laut aus. „Du gleichst das wieder aus, Kookie. Ich glaube fest an dich", versuchte er freundlich zu bleiben und zwang sich ein Lächeln auf. Der Jüngere der beiden konnte einfach nie aufhören und gerade war Jimin froh, dass sie sich kaum über den Weg liefen. Zwar war sein Freund und Mitbewohner gut mit dem Krawallküken befreundet, er selbst hatte sich jedoch die letzten Semester eher hinter Büchern und im Tanzstudio versteckt gehalten. Er war ein Musterstudent und das wollte er beibehalten, vielleicht sogar früher fertig werden als geplant.

„Mit Hobi Hyung war es viel lustiger, du guckst ständig, als wäre dir eine gigantische Laus über die Leber gelaufen", beschwerte sich der andere und ließ Jimin resigniert aufstöhnen. Beim nächsten Mal würde er Hoseok keinen Gefallen mehr tun.

„Ach was, die Sonne blendet mich." Schnell zog er wieder die Mundwinkel nach oben und bekam sofort ein Lächeln zurück.

„So gefällst du mir, Hyung", rief der Jüngere begeistert und hatte anscheinend Jimins Schauspiel nicht bemerkt. Obwohl Jungkook seiner Meinung nach zu aufgedreht und frech war, mochte er ihn eigentlich. Tatsächlich fand er ihn niedlich, sodass auch dessen kindliche Unachtsamkeit ihm auf eine Art gefiel.

Seit sein einziger Freund an der Uni und gleichzeitig Mitbewohner sie beide vorgestellt hatte, dachte er öfter an Kookie, wie dieser ihn nannte. Was auch immer sein Unterbewusstsein an Jungkook interessant fand, es hielt Jimin vom Denken ab. Auch das war einer der Gründe, weshalb er Hoseok hätte absagen sollen.

Ihre Pause war viel zu kurz und so schmerzte sein gesamter Körper, als sie am späten Nachmittag in Richtung der Umkleiden gingen. Bei den letzten Durchläufen hatte er immer wieder den Staffelstab fallen lassen und dafür einiges an Spot geerntet. So trottete er mit finsterer Miene hinter den anderen her und trat wütend immer wieder gegen zu hoch ragende Grasbüschel. Er hatte die nötige Ausdauer, das was nicht klappen wollte waren die Übergaben und der Anlauf, doch das schien niemand zu sehen. Jimin wollte nur unter die Dusche und seine Beine vor einem schmerzhaften Muskelkater bewahren, immerhin hatte er morgen bereits wieder Tanztraining.

Als er die stickige Umkleide erreicht hatte, wartete er, bis alle fertig waren mit duschen. Obwohl es, laut aller Menschen die er kannte, unnötig war, schämte er sich. Irgendwo fand er immer eine Stelle an seinem Körper, die ihm nicht gefiel und die dringend optimiert werden musste. Zudem kam, dass er keine weitere Bemerkung von Jungkook ertragen konnte, sein Selbstbewusstsein war für heute genug geschrumpft.

Wie Blut rannen ihm kleine rote Rinnsale die nackte Haut hinter. Sich die Haare einen Tag vor dem Training frisch zu färben, war keine schlaue Idee gewesen, er würde sich seinen hellen Pullover versauen, wenn er sie nicht genügend abtrocknete. Jimin gefiel sich mit rotem Haar, es gab ihm das Gefühl hübsch zu sein und stärker, als er eigentlich war. Das Wasser half und langsam versiegte der Schmerz in seinen Gliedern. Er genoss es, schloss die Augen, fuhr sich durch sein nasses Haar und lauschte dem Rauschen um sich herum. So bemerkte er nicht, dass sich die Tür zur Gemeinschaftsdusche hinter ihm öffnete und jemand hereintrat.

„Hier steckst du", erklang Jungkooks Stimme hinter ihm und stoppte einen Moment, „Ich... ich wollte fragen, ob ich nachher noch etwas mitbringen so...soll?" Schnell fuhr er herum und schluckte dabei etwas Wasser, was ihn sofort husten ließ. Jimin wollte gerade allein sein und schon gar nicht von Jungkook nackt gesehen werden. „Raus", japste er und erinnerte sich sogleich daran, dass er seinem Mitbewohner versprochen hatte, nett zu dessen Freunden zu sein, „Was soll nachher sein?"

„Die Party bei euch, nun ja, also... Hobi Hyung meinte, wir trinken nachher noch was in eurem Zimmer." Jungkooks Blick zuckte zwischen ihm und dem gefliesten Boden hin und her. Fast hätte er meinen können, dass der junge Mann vor ihm rote Wangen bekam.

„Mir egal, da musst du ihn fragen", erwiderte Jimin mit einem Lächeln und versuchte zu überspielen, dass Hoseok ihn nicht in dessen Plan eingeweiht hatte. In Gedanken notierte er sich, dass er seinen Mitbewohner dafür noch bestrafen musste, immerhin hatte er morgen Training und konnte sich nicht die Nacht um die Ohren schlagen.

„Oh, okay, na...ähm... dann geh ich mal wieder", stammelte der Jüngere und wandte den Blick ein letztes Mal auf Jimins entblößten Körper, bevor er aus der Dusche stürmte. Dessen Herz rutschte ihm in die nicht vorhandene Hose und auch seine Wangen begannen vor Hitze zu glühen. Er würde seinen Mitbewohner eindeutig zur Rede stellen müssen, nun da dieser ihn in solch eine unangenehme Situation gebracht hatte. Unbewusst oder nicht, Hoseok war hier definitiv der Schuldige.

Sein Gesicht fühlte sich immer noch ungewohnt heiß an, als er zurück ins Wohnheim ging. Ob es Wut war oder die übriggebliebene Scham, wusste Jimin nicht und auch nicht, weswegen Jungkook, der sonst so selbstbewusst und offen war, in der Gemeinschaftsdusche zu einem kleinen, schüchternen Etwas mutierte.

„Mach dich bereit zu sterben, Jung Hoseok", verkündete Jimin lautstark, als er durch die Tür ihres Appartements stürmte. Sein Mitbewohner aß gerade Chips, hatte den bandagierten Fuß hochgelegt und hockte vor Jimins Laptop. „Das ist meiner, weg da. Du machst es nur noch schlimmer, Hyung." Als Hoseok den Laptop zur Seite legte und verständnislos zu ihm blickte, wurde er nur noch zorniger. Ohne weiter nachzudenken, feuerte er seine Trainingstasche auf seinen bereits verwundeten Kommilitonen und erntete einen schmerzlichen Aufschrei. Der spitze Ton wandelte seine wütende Miene in ein leichtes Lächeln um und besänftigte ihn etwas.

„Womit hab ich das verdient?", jammerte der andere und verzog das Gesicht. Als dieser gekünstelt wimmerte und all seinen Charme spielen ließ, blieb Jimin kalt. „Du hast Jungkook zu uns eingeladen?" Nun dämmerte es Hoseok und er begann zu lächeln. „Du solltest ihn kennenlernen, er ist wirklich ein guter Kerl", erklärte sein Sunbae ihm und ließ ihn die Stirn runzeln.

„Ich kenne ihn schon, mehr will ich gar nicht von ihm wissen. Sag ihm ab oder ich ersticke dich nachts mit deinem Kissen." Das hatte gesessen. Hoseok schien nicht mehr ganz so sorglos und wieder zeigte sich, dass Jimin furchteinflößend sein konnte.

„Hör mal, er liegt mir schon ewig in den Ohren. Ich konnte nicht schon wieder eine Ausrede finden, nur um nicht mit dir anzuecken. Der Kleine mag dich eben", beteuerte sein Mitbewohner und hob beschwichtigend die Hände in die Höhe. „Schön für ihn, ich ihn aber nicht. Er nervt und hat keinerlei Respekt vor Älteren", sprach er seine Gedanken laut aus und schnaubte verächtlich, „Warum sollte er mich mögen, wir haben kaum miteinander gesprochen."

„Er mag dich sohooo."

Verwirrt sah er Hoseok an und versuchte das langgezogene Wort mit dem zusätzlichen Konsonanten zu entschlüsseln. Wollte sein Mitbewohner auf diese Weise etwas verdeutlichen, was schier unmöglich war?

„Der ist in dich verschossen, Jimin. So richtig. Er liegt mir schon seit Wochen in den Ohren damit. Was macht Jimin so? Ist Jimin heute auch da? Was mag Jimin so? Ist Jimin eigentlich vergeben? Kookie gebraucht deinen Namen beinahe inflationär. Er steht auf dich, mein Freund."

„Red keinen Scheiß", murmelte er und suchte nach etwas weiterem, das er werfen konnte. Was Hoseok da von sich gab, war totaler Blödsinn. Sein Mitbewohner zog ihn immer wieder auf, weil er, laut dessen Definition „für alles zu haben war". Jimin mochte beiderlei Geschlecht, deswegen musste jedoch Jungkook nicht zwangsläufig Interesse an ihm haben, nur weil er sich über ihn erkundigte. Vielleicht war dieser einfach neugierig und Hoseok wie immer zu übereifrig. Abgesehen davon, benahm man sich vor jemanden, für den man sich interessierte, nicht wie Jungkook, fand Jimin. Es war einfach unmöglich.

Obwohl er keine Lust hatte, dass sie am Abend noch Besuch empfingen und tranken, machte er sich viele Gedanken darüber, was er anziehen sollte. Immer wieder fuhr er sich frustriert durchs Haar und fand einfach nichts, was passte. Das Gelächter von Hoseok machte ihn dabei fast wahnsinnig und die Kissenoption wurde langsam immer attraktiver. Gerade als er sich für ein schwarzes Hemd entschieden hatte und dabei war es zuzuknöpfen, kam auch schon Jungkook herein, gefolgt von jemand, den er noch nie gesehen hatte.

Sie redeten, tranken und schon bald waren nur noch drei von ihnen bei Bewusstsein. Der Freund von Jungkook war bereits im Delirium und sah verdächtig bleich aus, sodass auch die gute Stimmung langsam absackte. Auch Jimins Mitbewohner fielen langsam die Augen zu und es war auch seiner Meinung nach Zeit, das ganze hier enden zu lassen.

„Wir sollten gehen", verkündete Jungkook und zerrte verzweifelt am Arm seines Freundes, der sich wie ein nasser Sack hängen ließ. Einige leere Sojuflaschen fielen um und bevor noch etwas zu Bruch ging, half Jimin den beiden. „Du solltest ihm gleich helfen, die Leiche in ihr Zimmer zu bringen", schlug Hoseok breit grinsend vor und deutete auffällig auf seinen bandagierten Fuß, „Ich kann ja nicht."

Bevor es noch später wurde und er morgen gar nicht mehr aus dem Bett kam, um zum Training zu gehen, erbarmte er sich. Wie weit das Zimmer entfernt war, zu dem sie mussten, hatte ihm jedoch niemand gesagt. Auch war ihm seltsam zumute, ständig hatte er versucht an diesem Abend herauszufinden, ob da wirklich etwas zwischen ihm und Jungkook war. Ob dieser ihm einen bedeutenden Blick zuwarf, ihn versuchte flüchtig zu berühren und vor allem, ob er selbst sich vorstellen konnte, etwas für Jungkook empfinden.

„Nächstes Mal geht ihr früher", stöhnte Jimin unter dem Gewicht des Betrunkenen und versuchte gerade zu laufen, „Ich habe Besseres zu tun, als Leute von A nach B zu tragen." „Es ist nicht mehr weit", nuschelte der andere und tatsächlich hatten sie nach wenigen Minuten ihr Ziel erreicht. Umständlich versuchten sie den massigen Trunkenbold in das Bett zu hieven, schafften es jedoch erst nach dem dritten Anlauf.

„Danke, für deine Hilfe." Jungkook stand vor ihm im Türrahmen, die Wangen gerötet und schien so, als wäre es nicht alles, was er sagen wollte. „Nacht", kürze Jimin das ganze ab, wollte gerade dazu ansetzen sich umzudrehen und wurde plötzlich gestoppt. Unverhofft legten sich die Lippen seines Gegenübers auf seinen Mund.

Hart griffen die Hände von Jungkook in seine Seiten und ließen ihn mit dem Rücken gegen die Wand des Flures schlagen. Fordernd küsste der Jüngere ihn und Jimin genoss es, öffnete seine Lippen und vertiefte die stürmische Berührung. Die heiße, weiche Zunge an seiner, Jungkooks Nägel, die über seine Haut kratzen und versuchten noch mehr von ihm zu bekommen. Er hielt die Augen geschlossen und genoss, wie alle Grenzen zwischen ihnen verschwammen. Ungeduldig wurde an dem Bund seiner Hose gezogen, bis sich der Knopf löste und die Hand seines Gegenübers unter den Stoff seiner Boxershorts schob. Erstaunt über das forsche Vorgehen öffnete Jimin leicht die Augen und bemerkte, dass sie mitten auf dem Wohnheimflur standen und jeder Zeit bemerkt werden konnten.

„Hey, hör auf, ich..." Seine Worte wurden durch ein gedehntes Seufzen unterbrochen, als er Jungkooks Finger um seine Mitte spürte. Verzweifelt versuchte er ihn wegzuschieben, löste sich aus der berauschenden Berührung und sah durch lustverschleierte Augen zu seinem Kommilitonen auf. Dieser atmete schwer, die Lippen waren gerötet von ihrem Kuss und langsam brach die Scham durch den erregten Gesichtsausdruck von Jungkook. „Wir können woanders..."

„Nein", japste Jimin und schloss in Windeseile seine Hose, „Ich sollte gehen, bis dann." Um weitere Worte zwischen ihnen zu verhindern und vor Allem nicht wieder schwach zu werden, ging er schnell den Weg zurück, den sie gekommen waren und sah sich nicht mehr um. Das konnte doch alles gerade nicht wirklich passiert sein, wollte er sich einreden und war außer Atem als er in sein Zimmer zurückkehrte.

Hoseok lag breit ausgestreckt auf seinem Bett und Jimin war froh darüber. Auf ein Gespräch hatte er gerade so gar keine Lust und er wollte auch nicht auf die Erektion angesprochen werden, die sich immer noch deutlich abzeichnete. Nie wieder würde er zum Staffeltraining gehen, das schwor er sich, als er versuchte seine Gedanken nicht wieder zu der Szene auf dem Wohnheimflur schweifen zu lassen. Er hatte nichts für Jungkook übrig, Schuld war der Alkohol gewesen und die Tatsache, dass seine letzte romantische Begegnung schon viel zu lang her war. Nichts würde ihn dazu treiben, das zu wiederholen, nichts auf dieser verdammten Welt würde ihn dazu bringen, Jungkook je zu mögen. Mit diesen Gedanken schlief Jimin irgendwann ein und leckte sich unbewusst ein letztes Mal über die Lippen.

Wieder hatte er sich von Hoseok breitschlagen lassen und war auf dem Weg zum letzten Training vor dem Wettkampf. Er hoffte inständig, dass Jungkook nicht da sein würde und wurde enttäuscht, als er dessen hasenähnliches Grinsen zwischen den anderen auf dem Sportplatz ausmachen konnte. Ihre Blicke trafen sich und nicht nur er sah beschämt zur Seite. Sie gingen sich aus dem Weg so gut es ging und Jimin war froh, als das Training endlich vorbei war und er nicht mehr den Augenkontakt mit Jungkook fürchten musste. Er ließ sich Zeit, wartete wieder bis alle mit dem Duschen fertig waren und er sicher war, allein zu sein.

Während das Wasser auf seinen nackten Körper herunter fiel, konnte er sich seiner Gedanken nicht wehren. Immer wieder dachte er an den Kuss, spürte geradezu jede Berührung von Jungkook und merkte, wie ein Ziehen durch seine Lenden ging. So sehr er es genossen hatte und zugegebenermaßen mehr wollte, war Jungkook nicht derjenige mit dem er sich so etwas wie eine Beziehung vorstellen konnte oder wollte. Jimin war erleichtert, dass er ohne weitere Vorfälle den Weg zu seinem und Hoseoks Zimmer antreten konnte, er wollte Jungkook auf keinen Fall sehen.

Immer noch in Gedanken, die einfach nicht abbrechen wollten, schmiss er seine Sporttasche auf das ordentlich bezogene Bettzeug und sich gleich daneben. Er hasste den Zustand in dem er sich befand. Jimin hatte keine Gefühle für den anderen, warum also dachte er immer wieder an ihn und fantasierte sogar darüber, was hätte passieren können, wäre Jungkook wieder zu ihm in die Dusche gekommen. Fahrig griff er sich in sein Haar, das immer noch leicht feucht war und fluchte. Der Alkohol hatte den Weg geebnet und den Jüngeren Dinge tun lassen, die sonst nie passiert wären. Jimin war nun mit dem Erinnerungen daran geschlagen.

Ein Klopfen drang dumpf an seine Ohren. Zu faul sich zu bewegen und sicher, dass es Hoseok sein musste, der vorsichtshalber immer anklopfte, um Jimin nicht bei Aktionen zu überraschen, die sowie so nie stattfanden, knurrte er nur kurz „Komm rein". Die Klinke quietschte, die Tür fiel ins Schloss und Jimin richtete sich langsam auf, um seinen Mitbewohner zu begrüßen.

„Wie lief die Physio... heilige..." Erschrocken rutschte er näher an die Wand hinter sich und starrte die Person an, die er eigentlich nie wieder sehen wollte. Wie ein begossener Pudel stand ihm Jungkook gegenüber, die Hände zu Fäusten geballt und mit unsicherem Blick.

„Es tut mir Leid, Jimin. Ich hätte das nicht machen sollen und ich verstehe, wenn du mich jetzt hasst und..." Jungkooks Stimme versagte und jetzt wirkte er unglaublich verletzlich, anders als Jimin ihn je gesehen hatte. „Ich wollte fragen, ob du vielleicht trotzdem mal mit mir ausgehen würdest?"

Sein Mund stand offen und er wieder zweifelte er, dass das alles hier gerade passierte. „Wie kommst du drauf, dass ich mit dir ausgehen will? Wir kennen uns doch eigentlich gar nicht", antwortete er plump und bereute sogleich, wie schroff er war. Jungkook schluckte schwer, nickte langsam und wirkte, als würde alle Kraft für diese Frage und durch Jimins Antwort von ihm gewichen sein. „Das dachte ich mir schon."

Das Zittern in der Stimme des anderen tat auch ihm weh und langsam bewegte er sich zu ihm. Auch wenn er ihn zurückgewiesen hatte, wollte er Jungkook nicht wehtun und sich wie ein Arsch verhalten. Kurz bevor sich dieser zum Gehen abwandte, hielt Jimin ihn auf. Mit vorsichtiger Gewalt drehte er ihn zu sich und zwang ihn dazu, ihm in die Augen zu sehen. Er hatte sich tröstende Worte überlegt, das klassische Es liegt nicht an dir sondern an mir oder Du wirst jemanden finden, der besser zu dir passt, doch keiner dieser Sätze kam ihm über die Lippen. Jimin wusste, wie sich Zurückweisung anfühlte und gerade wollte er Jungkook einfach nur in seine Arme ziehen. Gedankenverloren streichelte er über dessen Wange, die förmlich glühte und wünschte sich, dass er einfach den Sprung wagen konnte. Eigentlich sprach nichts dagegen, dass sie sich besser kennenlernten und doch hielt ihn etwas davon ab.

„Warum hast du den Kuss erwidert, Jimin?" Jungkooks Frage war gut und er wusste nicht, wie er antworten sollte. Es fielen ihm viele passende und gleichzeitig verletzende Worte ein, die ihm Jungkook für ewig vom Hals halten würden und alle waren irgendwo eine Lüge.

„Es hat sich gut angefühlt", gestand Jimin und es fiel ihm immer schwerer den Blick aufrecht zu erhalten. Zaghaft streifte sein Gegenüber mit der Nasenspitze die seine und brachte sein Herz zum Aussetzen. „Darf ich dich dann noch einmal küssen, Jimin?" „Für dich immer noch Hyung", korrigierte Jimin ihn und merkte, wie seine Unterlippe zu beben begann.

„Ich mag dich, Jimin", hauchte Jungkook und tat es dann einfach. Seine Finger griffen in Jimins rotes Haar und ließen nicht zu, dass er zurückwich. Kurz wimmerte er und verstummte abrupt, als der andere ihn küsste. Die Intensität mit der sich dessen Lippen auf seine legten, ließ ihn die Augen schließen. Dieses Mal war er es, der sich gierig an seinem Gegenüber festkrallte und sich an ihn drückte. Zu schnell endete der Kuss und sein Herz schlug unnachgiebig gegen seine Brust, als Jungkook einige Schritte zurück machte. Wie konnte Jungkook so schnell von einem schüchternen Jungen zu einem Mann werden, der so mit ihm umspringen konnte? Jimin blinzelte einige Male und fühlte sich verloren. Er wollte wieder dieses Gefühl haben und sein Körper begann sich schon förmlich danach zu verzehren.

„Gib mir eine Chance, wenn es nur einen Funken Hoffnung gibt, dass da etwas zwischen uns sein könnte", sagte Jungkook und verlor bei jedem Wort an Stabilität in der Stimme, „Ich glaube dir kein Wort, wenn du sagst, dass da nichts ist. Lern mich kennen, riskier es einfach."

Er konnte sich nicht bewegen und sah dem anderen nur stumm nach, als dieser das Zimmer verließ. Genau deswegen wollte er ihn nicht wieder sehen, Jimin hatte geahnt, dass er etwas tief in seinem Herzen für Jungkook übrig hatte. Sein ganzes Bewusstsein kreiste nur noch um ihn und seit ihrem ersten Kuss hatte er nichts mehr zustande gebracht. Tanztraining und Uni blieben auf der Strecke, einzig sein strenger Diätplan lief seit dem wie von allein, da er schlicht keinen Appetit mehr hatte. Jungkook war alles, was ihn interessierte und solange hatte er es sich nicht eingestehen wollen, dass es ihm nun wie Schuppen von den Augen fiel. Es bestand die Möglichkeit, dass er Jungkook tatsächlich auch mochte.

Am Tag des Wettkampfs war er es, der dem anderen immer wieder verstohlene Blicke zuwarf. Heute wollte er Jungkook abpassen und endlich die Frage beantworten, die ihm schon so lang umtrieb. Sie verloren und die Stimmung des gesamten Teams war nach dem Staffellauf auf dem Tiefpunkt. Nach der Ansprache des Kapitäns der Leichtathletikgruppe überlegte er bereits, ob es heute der richtige Zeitpunkt war, um mit Jungkook über die Sache mit der Verabredung zu sprechen. Frisch geduscht und geknickt, verließ er einige Zeit später die Umkleide und hielt nach Jungkook Ausschau, konnte ihn jedoch nirgendwo entdecken. Mit gesenktem Kopf und schwerem Herzen trottete er wenig später über den Flur des Wohnheims, versucht allen, die sein Versagen gesehen hatten, aus dem Weg zu gehen. Wäre Jimin nicht während des Laufs gestürzt, wäre es anders ausgegangen und er hätte genug Selbstbewusstsein gehabt, um den anderen danach anzusprechen.

Gerade wollte er die Klinke hinunterdrücken und in sein Zimmer gehen, um sich Hoseoks Vorwürfe anzuhören, als er hinter sich ein tiefes Keuchen und seinen Namen vernahm. Langsam drehte er seinen Kopf in die Richtung aus der er gekommen war und entdeckte Jungkook, der seinen Sprint kurz vor ihm abbremste. Sein Haar war noch nass und seine Wangen gerötet und doch lag Kraft in seinem Ausdruck. Tränen der Enttäuschung und der Scham bildeten sich in Jimins Augen und eigentlich wollte er so schnell es ging weg von hier, damit der andere ihn nicht so sehen musste.

„Jimin, ich wollte fragen ob alles okay ist. Dein Sturz sah gefährlich aus und du hast echt fertig gewirkt, dass wir verloren haben", presste sein Gegenüber heraus und lächelte für einen Moment aufmunternd, „Es lag nicht an dir, wir lagen schon vorher zu weit hinten und... sag mal, heulst du?"

Jimins Herz rutschte ihm in die Hose, als er bemerkte, dass mindestens eine Träne über seine Wange gerollt war und schnell versuchte er es zu überspielen. „Ich versage einfach nicht gern", nuschelte er mit schwacher Stimme und hielt die Klinke weiterhin fest umklammert.

„Wer sein bestes gibt, kann gar nicht versagen." Kaum hatte Jungkook diese Worte ausgesprochen, fand sich Jimin in dessen Umarmung wieder. Es fühlte sich weich an, sein Sweatshirt roch nach frischem Weichspüler vermischt mit dem Geruch, den der andere immer hatte. Jimin schloss die Augen, schluckte hart und krallte sich dann am Rücken des Jüngeren fest. „Ich mag dich immer noch sehr, weißt du?", flüsterte Jungkook in sein Ohr und küsste flüchtig die Haut an seinem Hals, „Du musst nicht immer perfekt sein."

Eigentlich verband sie nichts, hatte sich Jimin immer eingeredet und seine Zuneigung zu dem anderen immer auf die körperliche Anziehung zwischen ihnen geschoben. Jetzt gerade wusste er genau, was er an Jungkook fand. Er war unbeschwert und seine Art nahm ihm die Sorgen, die er sich selbst immer auferlegt hatte. Bei ihm fühlte sich Jimin leichter und er wollte wissen, ob er dieses Gefühl, das Jungkook ihm gab, zu mehr führen konnte. So nahm er all seinen Mut zusammen und begann die Worte mit den Lippen zu formen, die er schon früher hätte sagen sollen.

„Ich würde gern mit dir ausgehen und dich besser kennenlernen, Jungkook."

*******
Hey ^___^
Ich hoffe euch hat dieser Oneshot ebenso viel Spaß gemacht wie mir <3
Wenn ja, dann seid nicht schüchtern und nehmt euch einen Moment für Feedback in irgendeiner Art, wenn ihr mögt :3 Vielen Dank!

Liebe Grüße
Miyang :3

Adorable ʲⁱᵏᵒᵒᵏWo Geschichten leben. Entdecke jetzt