Black letter

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Ich erinnere mich noch genau an den Tag als die Ausgangssperre verhängt wurde. Ich war 9 Jahre alt und kam spät von einer Freundin nach Hause. Als ich durch die Tür trat, saßen meine Eltern im Wohnzimmer und unterhielten sich. Als sie mich saßen, sprang meine Mutter auf und drückte mich. Sie drückte mich fest an sich. Mir blieb beinahe die Luft weg. Mir fiel ein Brief in den Händen meines Vaters auf.Der Brief war stark zerknittert und war auch schon an einigen Stellen leicht eingerissen. Sie mussten ihn mehrmals gelesen und hin und hergereicht haben. Als meine Mutter mich endlich los ließ, sah sie mich nur mit traurigen Augen an, sagte jedoch nichts. Ich sah meinen Eltern verwirrt an und hoffte, dass mir irgendwer erklärte, was hier los war. Mein Vater stand auf und kniete sich vor mich hin. Er nahm meine Hände in seine und sprach mit zittriger Stimme: „Mein Kind.Ich hoffe, du hattest heute Spaß." Er lächelte gezwungen. „Es ist einiges geschehen. Du kannst nicht mehr so lange weg bleiben wie heute. Du musst ab jetzt immer spätestens um sechs Uhr zu Hause sein. Es geht nicht anders. Entschuldige. Es ist zu deinem Besten."In den Blicken meiner Eltern erkannte ich, dass ich nicht weiter nachfragen sollte. Also nickte ich nur.

Am nächsten Schultag erfuhr ich, warum meine Eltern so reagiert hatten. Meine beste Freundin Liz kam mir schon vor dem Schultor entgegen. „Hey B. Haben deine Eltern gestern mit dir auch so ein komisches Gespräch geführt?" Ich nickte. „Maa. Wieso passiert so was denn genau in unserer kleinen Stadt?!" Ich sah sie verwirrt an. „Meine Eltern haben mir nichts gesagt, Liz. Ich wollte aber auch nicht nachfragen." Liz sah mich verstört an und zerrte mich zur Seite. „Meine Eltern, meinten es gäbe einen Verrückten, der abends rum fährt und Kinder einsammelt. Das geht jetzt wohl schon ne ganze Weile so aber die Polizei hat ihn immer noch nicht gefunden.Darum müssen wir jetzt immer früh nach Hause." Liz sponn den ganzen Tag verrückte Verschwörungstheorien, jedoch wurden die nur immer verrückter.

Liz streute jahrelang lustige Verschwörungstheorien, jedoch wollte sie eigentlich nie jemand hören. Die meisten versuchten das Thema tot zu schweigen als wäre nie etwas passiert. In der Schule wurde das Thema grundsätzlich gemieden, so als hätte es den Kinderfänger von Westville nicht geben.

„Hey B." Liz überfiel mich, wie eigentlich jeden Morgen, vor dem Schultor. „In ein paar Tagen wirst du endlich 18.'" Sie sprang leicht auf und ab und schien sich mehr zu freuen als ich. „Liz, du weißt dass ich nicht feiern werde. Das wäre nur traurig."

Seit der Ausgangssperre waren richtige Partys nur schwer möglich. Da alle immer um sechs Uhr zuhause sein mussten, hatten Partys eher was von Kindergeburtstagen. Klar, schmissen einige trotzdem "normale"Partys. Problem dabei war nur, dass man Hausarrest aufgebrummt bekam,wenn man erwischt wurde. Das bedeutete keine Schule, keine Freunde und kein Kontakt zur Außenwelt.

„Ach komm schon B... Das ist doch ein besonderer Tag. Meinen haben wir auch gefeiert und das war echt lustig." Ich sah sie vorwurfsvoll an. „Jaa. Richtig mega. Haben ja auch nur 12 Leute Hausarrest bekommen." Sie schubste mich leicht. „Her Gott B. Stell dich doch nicht so an. Wir wurden ja nicht erwischt. Du kannst deinen tollen Tag nicht einfach sausen lassen. Die Woche nach deinem großen Tag sind sogar deine Eltern weg. Besser geht es doch fast gar nicht. B...Komm schon. Lass mich nicht hängen." Sie lächelte mich mit ihrem süßesten Lächeln an und klimperte mit den Wimpern. „Netter Versuch. Aber nein. Ich bleib bei meiner Meinung. Außerdem muss ich das Wochenende über auf Liam aufpassen. Sei doch froh, dass du für das Wochenende ne Genehmigung bekommen hast. So passen wir zusammen auf ihn auf. Das macht bestimmt mega Spaß." Ich grinste sie an.Sie blieb stehen, sah mich vorwurfsvoll an und schüttelte leicht mit dem Kopf. „B. Manchmal frage ich mich echt wie wir beste Freunde geworden sind?" Sie lachte. Ich grinste: „Ganz einfach. Ich bin toll und du brauchst jemand so tollen wie mich." Liz lachte wieder.„Ja ne is klar. Komm du besonderer Mensch. Wir müssen zu Mathe."Wir lachten beide und begannen den Schultag.

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