15. „Du hast keinen Plan und meinen gestohlen."

667 55 16
                                    

... oder die „goldene Willie- Wonka- Eintrittskarte in die Freifahrtschein-World, in den Jasper-darf-nicht-meckern-Park, ins La-La-Lachen-kann-nur-ich-Land"
♾♾♾

Sie saß in der Underground neben ihm. Ihre Tränen liefen weiter unaufhörlich über ihre Wangen, egal wie sehr sie sich bemühte sie von ihnen zu wischen. Wie hatte nur alles so aus dem Ruder laufen können? Wieso hatte Jasper sie im Unklaren gelassen? Wieso hatte sie nicht mehr nachgebohrt? Wieso war ihr Leben grad so eskaliert? Schließlich gab sie es auf den Sturzbach aus ihren Augen aufhalten zu wollen und ließ ihn einfach weiter auf ihr Shirt herabrinnen.

Jasper saß fassungslos neben Liv. Wie hatte das nur alles so schnell eskalieren können? Das alles war eine Katastrophe. Eine riesige Katastrophe. Eine einzige riesige Katastrophe. Sie fuhren einfach im Kreis. Immer wieder. Völlig planlos. Wohin sollte er sie bringen? Er musste Jen kontaktieren, sie brauchten ihre Pässe und das Geld. Und dann mussten sie weg aus London. Wohin? Wohin? WOHIN?

Er verfiel - völlig untypisch für ihn - in Panik. Kurz versuchte er sich zu erinnern, wann die Panik das letzte Mal so von ihm Besitz hatte, aber abgesehen von ein oder zwei Kriegen, die er aus Versehen ausgelöst hatte und vielleicht dem Mal, als er Guinevere seinem Dämonenfreund Lancelot vorgestellt hatte und er so die ganze Sache Britannien fast ruiniert hätte, wollte ihm nichts einfallen, wo er annähernd genug Mist gebaut hatte und sich in einer vergleichbar bescheidenen Situation wiedergefunden hatte, wie heute.
Damals hatte er bloß die Lieblingsinsel des Herrn in Gefahr gebracht - heute dessen Tochter. Er konnte sich irren, aber er dürfte ein Problem haben. Ein klitzekleines.

Sein Blick wurde wieder scharf, als er ihr Spiegelbild vor dem schwarzen Nichts der vorbeisausenden Tunnelwände sah. Fassungslos stieß er seinem Atem aus. „Warum bitte lächelst du?"

Sie tat es nicht bewusst und hatte garnicht gemerkt, dass ihre Lippen sich zu einem Lächeln verzogen hatten. Unwillkürlich fuhren ihre Finger zu ihrem Mund. „Weil der ganze Schlamassel nicht meine Schuld ist." Jetzt grinste sie ihn bewusst an.
Der Dämon neben ihr atmete schwer; verkniff sich nicht einmal das genervte Stöhnen. „Das ist es, woran du in dieser Situation denkst, ehrlich?"

Sie zuckte mit den Schultern. „Na klar, ich werde das mindestens ein Jahrzehnt nutzen, wenn ich Mist baue und du mir einen Vortrag halten willst. Das ist meine goldene Willie- Wonka- Eintrittskarte in die Freifahrtschein-World, in den Jasper-darf-nicht-meckern-Park, ins La-La-Lachen-kann-nur-ich-Land."

Er legte den Arm um ihre Schultern und rubbelte mit den Knöcheln seiner anderen Hand über ihren Kopf, was Liv tatsächlich zum Lachen brachte. Unfassbar. Sie alberten hier rum und währenddessen waren die Engel und Dämonen, die ihr verdammter Bruder geschickt hatte, vielleicht schon ganz nah.

Liv erschrak über sich selbst. Wie konnte sie hier sitzen und lachen, wenn Jasper soeben andere getötet hatte und sie immer noch verfolgt wurden? Was stimmte bloß nicht mit ihr? Was stimmte nicht mit ihrem Leben?

Du bist tatsächlich sehr frech." Behutsam inspizierte er ihren Kopf anschließend, was Liv irritiert zur Kenntnis nahm.

„Was suchst du?"

„Vielleicht bist du ja auf den Kopf gefallen, als ich nicht hingesehen habe."

Frech streckte sie ihm die Zunge heraus.

„Komm herunter von deinem hohen Ross. Du warst es, die Daniel ach so toll fand. Du warst es auch, die unbedingt Party machen musste und du warst es auch, die die Raupe Nimmersatt nicht kannte." Er zählte seine Beweise mit den Fingern mit.

Liv schnaubte. „Du hast mich im Unklaren gelassen, wovor du mich beschützt. Du hast mich auf den ganzen Scheiß nicht vorbereitet. Du hast ... Ähm ... du hast." Sie brach ihre Aufzählung grummelnd ab. „Du hast keinen Plan und meinen gestohlen." Sie spendete sich selbst gedanklich Beifall für diese Idee.

Guardian DemonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt