„Weißt du, was ich mich frage?" Die Stille hatte uns umhüllt wie eine Decke die Kinder in ihren Betten. Die Zeit hatte ich genutzt, um die Sterne zu beobachten, immer wieder aufs Neue einen noch helleren zu suchen und meinen Gedanken nachzuhängen.
„Nein, aber ich bin mir sicher, du wirst es mir verraten", meinte er schmunzelnd. Ich gab ein leises Lachen von mir und schüttelte sanft den Kopf, ehe das Lächeln auf meinen Lippen ein wenig verblasste und ich den Blick auf seine Finger senkte, die seinen Becher umschlossen.
„An dem Abend vom Bonfire. Woher hast du gewusst, wo ich bin, und was Keane gerade getan hat? Versteh mich nicht falsch, ich bin dir dankbar, dass du mich aus dieser Gruppe und der Situation geholt hast, aber wir hatten niemals auch nur ein Wort gewechselt. Warum hast du dich auf meine Seite gestellt?", wollte ich wissen.
Es konnte seinem Sinn für Gerechtigkeit zu verschulden sein, dass er mich verteidigt hatte. Aber etwas in mir hoffte, dass da mehr dahinter steckte. Vielleicht gab es etwas, das ihn an mir fasziniert hatte und weswegen er sich vor mich gestellt hatte, ohne je mit mir gesprochen zu haben. Vielleicht war es aber auch nur Einbildung, Wunschdenken. Und ich eine von Vielen.
„Ich wusste nicht, wo du warst oder was sie mit dir angestellt haben. Ich war gerade auf dem Weg zum Parkplatz, wollte nach Hause fahren als ich mitbekommen habe, wie sich die Aufmerksamkeit der einzelnen Leute auf eine Gruppe gerichtet hat. Das Gelächter war kaum zu überhören gewesen und an sich hätte es mich nicht weiter gestört, wenn ich nicht dein Gesicht gesehen hätte", fing er zögernd an.
Ich schluckte schwer. „Ein Blinder hätte gesehen, dass es dir nicht gutging, dass du nichts zu Lachen hattest. Also habe ich mich von meiner Intuition leiten lassen und bin zu euch gekommen. Die Idioten haben mir schließlich mit Handkuss erklärt, was für eine kranke Aktion sie veranstaltet haben. Und da konnte ich mich einfach nicht zurückhalten. Alkohol hin oder her, ein solches Verhalten kann man nicht dulden lassen. Niemand sollte sich das Recht herausnehmen, jemanden so verletzten", gab er entschlossen von sich. Seine Stimme hatte sich im Laufe der Erzählung verfestigt und er schien sich nicht dafür zu schämen, jemandem die Nase gebrochen zu haben. Vielmehr schien er stolz darauf zu sein.
„Ich konnte Keane noch nie leiden. Er war und ist unausstehlich", fügte er abschließend hinzu, ehe er sich zu mir wandte und mir in die Augen sah. „Ich habe es nicht bereut, ihn geschlagen zu haben, Cartia. Auch wenn mich dein wütender Gesichtsausdruck noch ein paar Tage beschäftigt hat."
„Oh, ich war wütend", gestand ich selbstsicher. Es war kein Geheimnis gewesen. „Ich war wütend darüber, dass jemand, den ich nicht kannte, meine Kämpfe kämpft", erklärte ich mich, wobei meine Stimme zum Ende hin sanfter wurde. Ich leerte den Inhalt des Bechers in einem Zug und stellte ihn schließlich vor mir ab, um die Beine an meine Brust zu ziehen und meine Arme um sie zu schlingen.
„Ich kann mir vorstellen, dass du für dich sorgen kannst. Aber ich wollte nicht, dass du alleine gegen eine Gruppe von betrunkenen Jugendlichen stehst, die sich an deinem Leid erfreuen. Es war nie meine Absicht, dich in irgendeiner Art und Weise zu unterdrücken. Ich wollte nicht für dich kämpfen, sondern mit dir. Und das würde ich wieder tun", versicherte er mir selbstsicher.
„Danke, Lennox." Seine Worte erwärmten mein Herz und sorgten dafür, dass er in meiner Achtung noch weiter stieg. Er hatte so viele verschiedene Seiten an sich, und je mehr ich von diesen entdeckte, desto dringender fragte ich mich, warum sich unsere Wege nicht schon vorher gekreuzt hatten. „Nicht dafür", entgegnete er.
Bevor er seine Lippen an dem Becher ansetzten konnte, setzte ich zu einer weiteren Frage an. Ich war noch nicht bereit, jenen Abend gehen zu lassen. Es gab noch so viele Fragen, die mich nachts wachhielten, und auf eine von ihnen wollte ich unbedingt eine Antwort. Lennox hatte sein Missfallen Keane gegenüber durchblicken lassen. Und dieses hatte nicht nur von seinem Verhalten am Bonfire gerührt. Mir waren keine öffentlichen Auseinandersetzungen zwischen den beiden bewusst, weswegen es einen noch tiefgründigeren Grund geben musste, wegen dem sie einander nicht ausstehen konnten.
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Paralyzed | ✓
Teen Fiction𝑺𝒆𝒊𝒕 𝑾𝒐𝒄𝒉𝒆𝒏 𝒃𝒆𝒇𝒊𝒏𝒅𝒆𝒕 𝒔𝒊𝒆 𝒔𝒊𝒄𝒉 𝒊𝒎 𝒇𝒓𝒆𝒊𝒆𝒏 𝑭𝒂𝒍𝒍 - 𝒆𝒓 𝒉𝒂𝒕 𝒆𝒔 𝒔𝒊𝒄𝒉 𝒛𝒖𝒓 𝑨𝒖𝒇𝒈𝒂𝒃𝒆 𝒈𝒆𝒎𝒂𝒄𝒉𝒕, 𝒔𝒊𝒆 𝒂𝒖𝒇𝒛𝒖𝒇𝒂𝒏𝒈𝒆𝒏. Cartia hatte in ihrem Leben alles, was sie sich wünschen konnte, bis d...