Kapitel 8 - letzter Wunsch

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Das restliche Training verlief zu meinem Glück eher ruhig und unbeschwert.
Nach dem die Jungs sich nach dem Training anschließend gedehnt hatten, räumten wir gemeinsam auf und mein Bruder, wie könnte es anders sein, reinigte nochmal gründlich den Hallenboden. Bei diesem Anblick musste ich leicht schmunzeln. Er konnte hier frei seinen Putzwahn ausleben.
Demnach war Shinsuke auch der Letzte, der sich auf den Weg zur Umkleidekabine machte.

Ich war derweil rausgegangen und wartete am Schultor auf meinen Bruder, während ich mich in den Pullover des Zuspielers kuschelte und so die Wärme genoß, die mich den Wind um mich herum nahezu ausblenden ließ.
Shinsuke brauchte meistens nicht lange, um sich fertig zu machen, allerdings war er viel später als die anderen zu den Kabinen gegangen, weshalb schon ein paar Spieler an mir vorbeiliefen, während ich noch wartete. Alle schienen nett und verabschiedeten sich sogar von mir und liefen nicht einfach weiter, was mich jedesmal glücklich lächeln ließ. Ich hatte das Gefühl, dass ich dieses Mal nicht ausgegrenzt wurde.

Nach einer Weile kam mir der grauhaarige Zwilling, Osamu, entgegen und blieb neben mir stehen. Er wartet wahrscheinlich auf seinen Bruder.
Er grüßte mich kurz und musterte mich dann genauestens.
„Ist der von Atsumu?" Er deutete auf mein Oberteil und ich nickte kurz, erklärte ihm dann, weshalb ich ihn anhatte.
Abschließend nickte er verstehend und ich hatte das Gefühl, dass er erleichtert schien.
Komisch irgendwie, dachte ich mir, konnte ihn darauf aber gar nicht ansprechen, weil im nächsten Moment schon ein fertig geduschter Atsumu auf uns zu kam, gefolgt von meinem Bruder.
„Du siehst ja mies gelaunt aus." grüßte Atsumu lachend seinen Bruder und verwirrt sah ich zum blonden Zwilling.
„Er schaut doch nicht anders als sonst?" sprach ich grübelnd meine Gedanken aus und kratze mich verlegen am Hinterkopf. Ich hatte die Sorge, dass Osamu ein Problem mit mir haben könnte, wobei ich nicht wüsste weshalb, doch mir fiel auch kein anderer Grund ein.
Atsumu lachte nur und erklärte mir dann, dass Samu, wie er seinen Bruder nannte, anders guckt als gewöhnlich, auch, wenn man das nicht sofort erkennen vermag.
„Hast du noch was zu essen?" fing nun Shinsuke an und leicht verwirrt nickte ich und holte mein Bento aus meiner Tasche.
„Hast du etwa Hunger? Sonst isst du doch immer zu Hause." Ich hielt Shinsuke das Bento hin und legte den Kopf schief, als Shinsuke stumm den Kopf schüttelte und auf Osamu deutete.
Ich öffnete also mein Bento und holte ein Onigiri heraus, welches ich dann Osamu entgegen streckte. Seine Augen weiteten sich für einen kleinen Moment und freudig nahm er das Essen an. Er stopfte es sich in den Mund und schmatze ein kurzes „danke."
Ich war wirklich erleichtert, dass er scheinbar einfach nur Hunger hatte.
Sowohl ich als auch Atsumu mussten bei dem Anblick kichern und mein Bruder ging derweil einfach Richtung Haltestelle.

[...]

Zuhause angekommen, gesellte ich mich zu meiner Großmutter, welche sich über meine Gesellschaft zu freuen schien und mich anlächelte, als ich mich neben ihr auf das Sofa fallen ließ. Shinsuke verschwand derweil in seinem Zimmer und machte wahrscheinlich Hausaufgaben.
„Wie war dein Tag? Sind die anderen Kinder lieb?" fragte sie sofort, da sie von dem Drama mit den Mädchen gehört hatte.
„Ja, keine Sorge. Bisher sind alle wirklich nett und außerdem ist Shinsuke ja bei mir und ich habe ja auch einen Freund, welcher auch im Team ist, Suna." erklärte ich freudig, darüber, dass es tatsächlich gut lief und ich sogar Zeit mit meinem Bruder verbringen konnte, ohne, dass mir dies zum Verhängnis wurde, wie es in der Mittelschule passiert war.
„Ein Freund? Ihr kennt euch doch dann aber noch gar nicht lange und dennoch schon verliebt? Ihr jungen Leute habt es wohl echt eilig, bring ihn doch mal zum Essen her!" Kichernd klatschte sie enthusiastisch in die Hände und ich lief einfach nur rot an.
„S-so meinte ich das doch aber nicht! Suna ist nur ein Freund und nicht mein Freund." klärte ich schnell, immer noch gerötet und stotternd meine Oma auf.
„Hmm. Bring ihn doch trotzdem mal zum Essen mit. Ich möchte nur zu gerne deine Freunde kennenlernen."
Mit einem schlichten „mal sehen" beendete ich dieses Thema.
„Nun, wenn dieser Suna nicht dein Freund ist, weshalb trägst du denn dann seine Sachen, Kindchen?" schmunzelnd deute sie auf Atsumus Pullover.
„Das ist nicht Sunas.... der... ähm... gehört einem anderen Jungen." erklärte ich und bevor ich tatsächlich erklären konnte, was es damit auf sich hatte, fing meine Großmutter an, lauthals zu lachen. Äußerst verwirrt sah ich die alte Dame an und wusste nicht, was denn jetzt los sei.
Als sie sich wieder beruhigte, klärte sie mich auf. „Du hast also zwei neue Freunde gefunden, so schnell, aber hast keinen festen Freund, trägst aber das Oberteil eines Jungen und bist jetzt jeden Tag als Managerin beim Training der Jungs dabei." erläuterte sie kurz und erzählte dann weiter.
„Nun, ich wünsche mir wirklich, dass du jemand findest, den du liebst. Das würde ich noch zu gerne miterleben. Ich wünsche mir, dass du einen jungen Mann findest, der dich glücklich macht, dass würde ich noch gerne sehen, bevor ich euch verlasse."
„Was meinst du mir 'uns verlassen'"?
Verwirrt sah ich sie an.
„Ich bin doch nun wirklich nicht mehr die jüngste und mittlerweile kann ich euch ja nicht einmal mehr im Haushalt helfen. All zu lange werde ich wohl kaum noch auf der Erde weilen." erklärte sie seufzend und strich mir sanft über die Schulter.
Dieser Gedanke machte mich traurig und ich fühlte mich auch keineswegs bereit, meine Oma gehen zu lassen.
„Aber du und Shinsuke seid doch alles was ich habe. Du kannst nicht sterben, das darfst du nicht!" protestierte ich etwas zu laut und schloss meine Oma in meinen Armen ein.
„Kindchen, ich bin alt, doch so lange ich da bin, stehe ich dir zur Seite. Wichtig ist aber nur, dass du und dein Bruder einander habt und gerade weil eure Familie in eurem zarten Alter nur noch so klein ist, wünsche ich mir, dass ihr Menschen findet, die diese Familie wieder wachsen lassen."

[...]

Als ich einige Stunden später in meinem Bett lag und an die Decke starrte, dachte ich immer noch über die Worte meiner Großmutter nach.
War etwas passiert?
War sie krank?
Ich konnte nicht verstehen, wieso sie so plötzlich über solche Themen sprach.

In dieser Nacht schlief ich äußerst unruhig und wachte auch einige Male wieder auf. Ich hatte das Gefühl, dass irgendwas mit meiner Großmutter sei, weshalb ich mir Sorgen machen müsste.

Lückenlos - Haikyuu FanfictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt