Brechende Fluten

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Elli's Sicht:

Ich war wütend, ich war verletzt und ich wollte, diesen Mistkerl nur noch schlagen, vor allem nach dem seine Stimme diese drohende Klangfarbe angenommen hatte.

Von mir selbst habe ich immer behauptet, dass der Ton die Musik nicht allein ausmachen würde, doch jetzt sah ich nur noch ROT.

Das Gespräch wurde immer hitziger von meiner Seite aus und ich wusste, ihn ließ es auch nicht kalt. Plötzlich jedoch fing sein linkes Auge an zu glühen und die Tomoe darin drehten sich. Für eine winzige Sekunde sah ich Chiaki wieder vor mir und schlug mit all meiner Kraft zu.

Drehte mit auf dem Absatz um und schlug so laut die Tür zu, dass einige Bücher in der Nähe aus dem Regal fielen.

Ich kam mir so verraten vor. Doch noch mehr störte es mich, dass ich zu dumm war, um diese Intrige, dieses Schmierentheater zu durchschauen. Ich war enttäuscht von mir selbst, weil ich zugelassen hatte, dass mir ein Mann wieder so nahegekommen war.

Heiße Tränen liefen mir über die Wangen und ohne zu wissen, wohin mich meine Füße eigentlich trugen, verließ ich die Wohnung. Verließ ich MEINE Wohnung. Verließ ich meine Zuflucht.

Wie so oft Ende Herbst, war es kalt und nass und so verwunderte es mich nicht, als die ersten Tropfen zu einem reißenden Bach wurden und mich mit sich in die Dunkelheit zogen, die bereits recht früh anbrach.

Wie dumm konnte ein Mensch allein nur sein? Wie Naive konnte ich nur sein?

Innerlich tobte bereits ein Kampf in mir. Einerseits hatte ich das Gefühl ich müsste zurück, mein Herz und die kleine Elli in mir, die sich nach wärme, Zuneigung und liebe sehnte schrien und traten um sich, weil ER mein Neuanfang hätte sein können, während der Zorn, die Wut und mein kleines Teufels-Ich einfach nicht nachgeben wollten.

Ich war zu sehr verletzt, als dass ich mich umdrehen konnte um zurückzugehen.

Ob ich ihm verzeihen konnte oder wollte, wusste ich noch nicht, ich wusste nur, ich musste weiter gehen. Die Kälte schlich sich unter meine Kleider und der Regen der mich durchweichte, machte es nicht besser.

Bis aufs Mark schien mein Körper zufrieren, doch meine Haut war bereits so taub vor Kälte, dass ich es einfach ignorierte. Ohne es bewusst zu wollen, hatten mich meine Füße zur Brücke geführt, zu der Brücke an dem mein altes Ich mit IHM verschwunden war.

Der Tod holte irgendwann jeden ein, kam mir der Gedanke und etwas Tröstliches und beruhigendes füllte meine innere Leere. Komplett durch den Wind versuchte ich einen klaren Gedanken zufassen und kletterte über das rutschige Gelände, wo ich mich anschließen draufsetzte und die Beine über den Abgrund baumeln ließ.

Hinab in die schwarzen Fluten starrend, versuchte ich also meine Gedanken zu ordnen und eine Ruhe kehrte in mir ein, die ich schon lange nicht mehr verspürt hatte.

Ich würde niemals springen und doch war es hier auf der Brüstung so unglaublich friedlich. Ich konnte verstehen, warum Chiaki ausgerechnet diesen Weg gewählt hatte. Die Ruhe die das Wasser mit dem tosenden Brechen unter einem brachte, war Balsam für die Seele. Und den nicht vorhandenen Halt der Füße, gab einem das Gefühl im auf- und absteigenden Wind zu fliegen, wenn man die Augen schloss.

Nun konnte ich ihn ein klein wenig besser verstehen. Am Ende wollte er einfach nur noch Frieden. Für sich und andere. Er war nicht zum Töten geboren, sondern um zu fliegen, was er am Ende seines Lebens, auch wenn es nur für eine Sekunde war, getan hatte. Er war dieser traurigen Welt entstiegen und hatte mich einfach zurückgelassen

Erneut durchzog meine Brust eine Leere, die mich etwas vorlehnen ließ.

Ich würde nicht springen. So verlockend es auch war. Ich würde NICHT so abtreten. Ich hatte diesem Scare oder Kakashi, wie er eigentlich hieß, ein Versprechen gegeben, dass ich einen Weg finden würde, einen Weg nach Hause für ihn und das würde ich auch schaffen, jetzt wo ich wenigstens einen Anhaltspunkt hatte.

Masashi Kishimoto

Kakashi's Sicht:

Ein ziehen, in meiner Brust verspürte ich, als ich den Schmerz in Ihren Augen sah. Dann kam der Schlag und nun fühlte ich Wut, Unglaube und Erstaunen zugleich in meinem Torso. Mein Herz raste und irgendetwas in mir wollte ihr nachlaufen.

„Kiebig (Bezeichnung für gereizte angriffslustige Frauen)" stieß ich noch zwischen den Zähnen aus, als ich aus dem Fenster starrte und sie in westlicher Richtung vom Gebäude wegrennen sah.

Wie hatte es nur zu diesem Moment, zu dieser Situation kommen können?

Leider musste ich mir selbst eingestehen, dass die Schuld mehr bei mir lag. Als Ninja sollte man so etwas wie Gewissenbisse nicht haben. Warum fühlte ich mich dann so beschissen?

Ich musste hinter ihr her. Ich musste sie finden. Doch was dann? Doch meine Beine hatten mich bereits zum Balkon getragen und stießen sich von der Brüstung ab, damit ich wie eine Katze aufs nächste Dach sprang. Immer weiter in die Richtung in der sie verschwunden war.

Konnte ich hier unsere Beziehung noch retten? Und warum war mir der zwischenmenschliche Kontakt mit ihr so wichtig?

Regen setzte ein und meine Schritte beschleunigten sich. Sie war ohne eine Jacke hinausgelaufen.

Die Gedanken in meinem Kopf überschlugen sich. In der kurzen Zeit in der ich sie bisher kannte, hatte sich der Rotschopf um mich gekümmert. Sie hatte mir ihr Innerstes preisgegeben, auch wenn es nicht freiwillig war. Ihre Fürsorglichkeit und Wärme hatten mich Nächte lang schlafen lassen und auch die Anspannung, die meinen Körper beherrschte fiel in ihrer Nähe ab.

Warum hatte ich nicht einfach ehrlich sein können?

Sicht Erzähler:

Seine Glieder wurden steif und seine Beine gaben unter seinem Gewicht nach. Ein Stück weiter vor ihm, auf der Brücke, sah er sie, wie sie auf dem gelinder saß und hinab in die eisigen und dunklen Fluten starrte.

Sein Herz hörte auf zuschlagen und unbewusst hielt er die Luft an. Er konnte ihr Gesicht nicht sehen aber der Schmerz in ihren Augen zuvor und auch die Tränen, die sie vergossen hatte, ließ ihn das schlimmste befürchten.

Krampfhaft versuchte er, nach Luft zu ringen, als der Sauerstoffmangel sein Gehirn erreichte und seine Sicht verschwamm.

Er wusste wie sich Angst anfühlt, er wusste wie es war Schmerzen zuhaben, doch diese Panik, die in ihm heraufkroch, war schlimmer als, alles, was er bis dahin gefühlt hatte.

Sich selbst dazu zwingend aufzustehen, spürte er die Schwere, die ihn immer wieder zu Boden drücken wollte.

Ein Schritt nachdem anderen, schleppte er sich weiter, bis er genau hinter ihr stand, seine Arme schützend um ihre Taille legend und mit seiner ganzen Kraft, an sich drückend. Das Zittern seines Körpers, was er bisher nicht gespürt hatte, hörte augenblicklich auf, als sie mit ihren kalten klammen Händen seine Arme, die er um sie geschlungen hatte, berührte.

Seinen Kopf auf ihre Schulter bettend, schloss er die Augen.

Kakashi FF -Eine andere Welt- ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt