Kapitel 11 - Geschwisterliebe

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Gestern war ein langer und anstrengender Tag, aber ich war überglücklich, als Osamu schrieb, dass Atsumu wieder da ist.
Nachdem ich Zuhause ankam, durfte ich mir allerdings dennoch erstmal eine Standpauke von Shinsuke anhören.
Wenn es nach Shinsuke gehen würde, würde ich jetzt wohl auch nicht mit zum Training kommen, sondern in meinem Zimmer hocken.

In der Sporthalle ist eine deutliche, unangenehme Stimmung wahrzunehmen, was wohl an dem Streit der Zwillingen liegt. Noch dazu, ist keiner der Zwillinge anwesend.
Ich frage mich, was nur vorgefallen ist, dass sie so reagieren.

Kurz bevor das Training zu Ende war, rief der Trainer alle zusammen, um etwas zu besprechen.
„Hört bitte nochmal kurz zu, bevor ihr aufräumt. Bald beginnen wieder die Turniere, weshalb ein Trainingslager geplant ist. Es ist vier Tage lang, aber die genaueren Einzelheiten habe ich euch aufgeschrieben und eure Eltern müssen auch eine Einverständniserklärung unterschreiben. Nun gut, das war's für Heute."
Die Spieler fingen nun an abzubauen.
Trainer Nurimune rief mich allerdings nochmal zu sich.
„Was gibt es?" fragte ich, unwissend, was er von mir wollen sollte.
„Das Trainingslager findet schon bald statt und es wäre gut, wenn die Zwillinge sich bis dahin wieder eingekriegt haben. Dein Bruder kümmert sich für gewöhnlich um die Zwillinge, allerdings scheint er mir in letzter Zeit leicht gestresst und ich würde ihm das daher ungern zumuten. Ist es möglich, dass du mal nach den Problemkindern siehst und ihnen wenn möglich auch die Einverständniserklärungen vorbeibringst?" Er sah während er sprach oft zu Shinsuke. Es scheint, als würde er sich um meinen Bruder sorgen. Ich sollte Shinsuke wirklich mehr entlasten - nicht nur Zuhause, auch hier.
„Sicher, ich kümmere mich um die Zwillinge! Ich bin ja schließlich die Managerin."
Freudig nahm ich ihm die Einverständniserklärungen ab und machte mich gleich auf den Weg zur Bushaltestelle.

Mein Orientierungssinn ist echt mies und ich war auch noch nie bei den Zwillingen Zuhause, die Adresse kenne ich auch nur vom Coach.
Als ich aus dem Bus wieder ausstieg, benötigte ich also definitiv mehr Zeit, als nötig gewesen wäre, um das richtige Haus zu finden.
Ich war echt erleichtert, als ich das Haus vor mir stehen sah.
Mir war nicht wirklich klar, was ich tun sollte, um die Jungs zu besänftigen, ich wusste nicht einmal, was genau vorgefallen war, aber das ist nun auch egal.
Es gibt kein Zurück mehr.
Ich fühlte mich echt erbärmlich, weil ich nachdem ich geklingelt hatte, nervös wurde.

Es dauerte nicht lange und mir wurde die Tür geöffnet.
„Sakiko, was machst du denn hier?" Ich wurde kritisch von Atsumu gemustert.
„Ich habe was für euch... also für deinen Bruder und dich. Außerdem wollte ich nach euch sehen." erklärte ich.
„Verstehe." Er tritt ein Stück zur Seite.
Ich war erleichtert, dass er mich rein ließ.

Ich ließ mich mit den Zwillingen zusammen im Wohnzimmer nieder.
„Also?" fing nun Osamu an, welcher mir gegenüber saß.
„Ja, also ähm... hier." Ich hielt ihnen jeweils ein Formular hin und erklärte dann: „Es wird demnächst ein kleines Trainingslager stattfinden und diese Einverständniserklärung müssen eure Eltern dafür unterzeichnen."
„tzz" machte Atsumu spöttisch, stand auf und nahm seinem Bruder den Zettel ab, um diesen dann zu zerreißen.
„Tsumu, lass den Scheiß und krieg dich wieder ein!" keifte Osamu daraufhin nur.
Ich schaute dabei nur perplex zu und verstand gar nicht, was los war.
„Das sagt der Richtige." murmelte Atsumu und setzte sich wieder hin.
„Ich... Ich weiß, dass mich das wahrscheinlich nichts angeht, aber was ist denn passiert?" hackte ich nach, da ich diese drückende Stimmung kaum aushielt.
„Ich habe Atsumu nur erzählt, dass ich nach der Schule nicht weiter Volleyball spielen werde und seit dem ist er so drauf." erklärte der grauhaarige ruhig.
Atsumu brummte nur und verschränkte die Arme vor seiner Brust.
„Atsumu, wieso stört dich das so sehr?" fragte ich vorsichtig, bedacht, ihn nicht noch mehr zu verärgern. Atsumu lässt sich oft und schnell provozieren, doch dann reagiert er anders.
Gerade ist er eher wie ein bockiges Kleinkind und auch wenn man das manchmal denken könnte, ist das ganz und gar nicht seine Art.
„Er kann doch nicht einfach aufhören." antworte er leise und blickte zu Boden.
Er schien wirklich verletzt, aber ich hatte nicht das Gefühl, dass es nur am Volleyball lag.
„Tsumu, das alles nervt einfach nur noch. Wegen dem Stress, ist jetzt sogar Sakiko hier, also red doch endlich mal." meckerte Osamu seinen Bruder an, welcher daraufhin wütend knurrte, aber nichts weiter sagte.
„Idiot." war Osamus Reaktion auf das Schweigen seines Bruders.
„Jungs, so geht das nicht. Ihr bleibt hier, bis ihr das geklärt habt." beschloss ich also, weil es so wirklich nicht weitergehen konnte.
Wir saßen noch einige Minuten stumm im Wohnzimmer, bevor Atsumu das Wort ergriff.
„Wir streiten oft, aber Volleyball war immer unser Ding, doch jetzt sagst du, dass du aufhören willst." erklärte Atsumu eher murmelnd, was in ihm vor sich ging.
Endlich konnte ich nachvollziehen, was mit ihm los war und auch Osamu schien ein Licht aufgegangen zu sein.
„Tsumu, Volleyball ist doch nicht alles, was zählt."

[...]

Die Jungs sprachen noch eine Weile über ihre Gedanken, während ich nur schweigend bei ihnen saß.
Zu sehen, wie sie sich aussprechen, machte mich unglaublich glücklich und gleichzeitig traurig, weil ich mich mit meiner Familie nicht ausspreche.

„Danke, dass du hergekommen bist." entgegnete mir Osamu.
„Ja, danke." pflichte Atsumu seinem Zwilling bei und sie schienen wieder wie sonst auch.
Ich lächelte nur und stand dann auf.
„Es ist schon spät, ich sollte gehen." erklärte ich und lief in den Flur, um meine Schuhe anzuziehen.
„Es wird bald dunkel. Bist du dir sicher, dass du alleine nach Hause gehen solltest?" erkundigte sich Atsumu leicht besorgt, aber ich winkte nur ab und beteuerte, dass das schon in Ordnung sei.
Wir verabschiedeten uns also und ich machte mich dann auf den Weg nach Hause.

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