Kapitel 24

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Mein Blick fällt auf die Zeichnung und ich erkenne Schemen eines Mädchens. Die Zeichnung ist farblos gestaltet, sie wurde in einem Schwarz/Weiß-Ton gehalten. Das gezeichnete Mädchen besitzt lange, dunkle Haare, eine kleine Stupsnase und einen vor Stolz trotzenden Gesichtsausdruck. Ihre Augen sind glasig und ziemlich hell. Das Mädchen, welches hier gezeichnet wurde, soll zweifelsfrei mich darstellen. Außer die Blässe des Gesichtes und der blutverschmierten Bluse, welche ich jetzt immer noch trage, befindet sich nur ein dunkler Hintergrund auf dem Bild. Trocken schlucke ich und setze zeitgleich meinen Weg fort.

Unmittelbar nach dem Gemälde zweigt der Weg nach rechts, weshalb ich abbiege. Als ich den Inhalt des hell beleuchteten Ganges sehe, stocken meine Bewegungen samt meinem Atem und geschockt komme ich zum Stehen. Geschätzte hundert weitere Gemälde hängen teilweise an den Wänden oder liegen zerstört am Boden. Mein Herz klopft lauthals gegen meine Brust und aus Angst halte ich meinen Atem an. Langsam gehe ich weiter, bedacht darauf, nicht all zu viele Geräusche zu erzeugen, da sich am Ende dieses Ganges eine Tür mit einer Aufschrift befindet. Mit angehaltenem Atem wage ich einige Schritte in die Richtung des Ende des Ganges.

Mittlerweile atme ich und mein Herzrhythmus beruhigt sich auch wieder. Diesmal entsteht kein Echo meiner Schritte, da der Gang vollgefüllt mit Gemälden, ob verstaubt oder zerstört, ist und sogar eine funktionierende Beleuchtung besitzt. Die Wände sind immer noch in einem violetten Farbton gestrichen, der Boden grau und abgetreten. Auf keine Erzeugung eines Geräusches bedacht, schreite ich in einem gleichmäßigen Gehtempo weiter, während ich die umliegenden Gemälde betrachte. Jungs, Mädchen, alle in etwa meinem Alter. Der Gang scheint mir endlos lang zu sein, unendlich viele Gemälde in sich zu tragen und hunderte von Jugendlichen zu herbergen.

Klar und deutlich bemerke ich meinen Atem, gehe weiterhin gerade aus und fasziniere mich von der Maße von Jugendlichen, die alle anscheinend gegen dem Master versucht hatten zu kämpfen und dabei verloren haben. Nach wenigen Schritten bemerkt mein Fuß Widerstand, allerdings ist mein Schwung so ausgeprägt, dass ich mein Gleichgewicht verliere und nach vorne falle. Instinktiv versuche ich meinen Fall mit meinen Händen abzufangen, sodass sie an dem Rand eines Bilderrahmens aufgeschürft werden. Das leider weiterhin vorhandene Loch in meinem Handgelenk stößt sich dabei so in die Ecke des Rahmens, dass die Wunde erneut auseinderklafft und mein Blut daraus quellt. Vom erzeugtem Schmerz schließe ich krampfhaft meine Augen und versuche die Ecke des Rahmens aus meinem Handgelenk zu ziehen, was leider kläglich scheitert.

Meine im Bilderrahmen steckende Hand zittert heftigst, die Spitze des Eckes schabt an meiner Elle und Speiche und erzeugt ein schleifendes Geräusch, wie wenn man mit Schleifpapier die Rinde eines Baumes schleift. Ziehender Schmerz durchfährt mein Handgelenk, weshalb ich schleunigst will, dass das Eck des Rahmens aus meiner Hand entfernt werden soll. Kräftig beiße ich auf meine Zähne, versuche den immer schlimmer werdenden Schmerz zu ignorieren und ziehe anschließend meine Hand zu mir, damit das Stechen und Knochenzersplittern endlich aufhört. Nun liegt meine Hand frei, die kühle Luft sorgt für einen angenehmen Lufthauch auf der Verletzung und ich spüre das Blut meine Hand runterfließen, aber schließe trotzdem meine Augen, um das aufkommende Magengeschwür und den gerade entstehenden Würgereiz zu unterdrücken.

Durchatmend öffne ich meine Augen und sehe zögerlich mein Handgelenk an. Als ich das Unerwarteteste erblicke, füllen sich meine Augen mit Tränen, meine Sicht verschwimmt und meine Augenlider fühlen sich schwer an, weshalb sie sich schließen und mich in gnadenloser Schwärze tauchen.

Ich, die AuserwählteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt