38 | I'm afraid to lose you while you're not even mine.

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Was diesen Abend angeht, ich habe ihn wirklich genossen." Ich schüttelte mich unauffällig und rückte unruhig auf meinem Stuhl hin und her, als er mich aus meinen Gedanken befreite. Ich mochte mir gar nicht vorstellen, in welche Richtung sie gewandert wären, wenn er sie nicht aufgehalten hätte.

„Das habe ich auch. Das Essen, die Aussicht, die Zeit im Wasser und der..." Ich stoppte und biss mir auf die Zunge. Sollte ich den Kuss so ohne Weiteres erwähnen? Konnte ich ihn ansprechen, ohne dass die Situation zwischen uns wieder merkwürdig wurde?

Wir beide hatten an dem Abend Wein intus gehabt und die Situation war keine alltägliche gewesen. Nur wir allein, unter hunderten von Sternen und auf so engem Raum. Es war etwas besonderes gewesen, und trotzdem konnte ich nicht einschätzen, wie ich damit umzugehen hatte. Schließlich blieb mir kein Augenblick in der Vergangenheit, mit dem ich diesen abgleichen konnte.

„Wenn du den Kuss meinst, dann stimme ich dir zu. Er war wunderschön." Seine Worte waren nur ein Hauchen in meine Richtung und dennoch trafen sie mich mit voller Wucht. Anders, als ich es gewohnt war, brachten sie mich nicht aus der Fassung, bewirkten nicht, dass ich wütend oder traurig wurde. Nein. Sie sorgten für ein Flattern in meinem Magen, für mehrere Sprünge meines Herzens und ein Lächeln, das vollkommen idiotisch wirken musste.

„Ich bin wirklich froh, dass du mir eine Chance gegeben hast und ich hoffe, dass du es nicht bereut hast, vor allem nicht nach diesem Abend."

Seine Hand wanderte über den Tisch und hielt erst inne, als sie meine fand. Ich biss mir auf die Unterlippe, beobachtete, wie sich unsere Finger miteinander verschränkten. Normalerweise machte es mir nichts aus, was andere Menschen von mir dachten, aber in diesem Moment konnte ich dem Drang, aufzusehen, nicht widerstehen.

Mein Blick glitt zu meinen Mitschülern, die wider meiner Erwartungen nichts von der plötzlichen Nähe zwischen Lennox und mir, oder gar unserem Gespräch mitbekamen.

„Ich will dich auch näher kennenlernen", stimmte ich ihm mutig zu. Ich riss meinen Blick von den Menschen los, deren Meinung mir nicht wichtig sein sollte, und wandte meine Augen stattdessen wieder zu Lennox.

„Und deine Familie", fügte ich gedankenverloren hinzu. Die Worte traten über meine Lippen ohne dass ich abwägend konnte, ob sie es wert waren, ausgesprochen zu werden. Dass er mich kennenlernen wollte und ich diesen Wunsch in mir spürte, erinnerte mich an die Dinge, ich mein Vater mir erzählt hatte. Dies war meine Chance zu erfahren, ob er recht hatte. Ob seine Familie wirklich so war, wie sie dargestellt wurde und ob es nicht doch besser war, mich von ihnen fernzuhalten.

Meine Worte hatten ihn überrumpelt, was mir nicht nur das Funkeln in seinen Augen, sondern auch die tiefen Furchen in seiner Stirn verrieten.

„Du.. meine Familie?" Er zog seine Hand von meiner zurück und sofort fing ich an, die Wärme, die von ihm ausgegangen war, zu vermissen. Außerdem kam die Reue in mir auf. Ich hatte diesen schönen und besonderen Moment ruiniert, indem ich ihn auf ein Thema angesprochen hatte, dass ihm nicht einfach zu fallen schien.

„Ja", entgegnete ich leise. Unbeholfen zog ich meine Hand vom Tisch, die sich dort mit einem Mal unglaublich Fehl am Platz gefühlt hatte. Ich musste mir etwas einfallen lassen. Mich erklären und ihm sagen, warum ich seine Familie kennenlernen wollte – ohne ihm dabei den wahren Grund zu nennen.

Meine Kehle wurde trocken und ich fühlte mich, als hätte man schwere Gewichte auf meine Schultern geladen.

„Ich weiß, es ist ein großer Schritt, aber es ist mir wichtig, deine Familie kennenzulernen. Zu wissen, wo du herkommst", versuchte ich zu erklären. Womöglich überschritten wir bereits eine Grenze, ohne uns darüber bewusst zu sein. Vor allem, wenn man sich noch nicht lange kannte und kaum eine Grundlage hatte, auf der die Beziehung existierte. Doch nach den Gesprächen der letzten Tage bezweifelte ich, dass ich diese Grundlage ausbauen konnte, wenn ich weiter mit der Ungewissheit leben musste. Ich musste diese Fragen für mich klären.

Paralyzed | ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt