Kapitel einundzwanzig | Wyatt ist ein Arschloch

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Sonntag war sowieso ein scheiß Tag, aber heute war alles noch viel beschissener. Ich zog die Decke über den Kopf und lauschte dem Regen, der gegen die Fensterscheiben prasselte. Selbst das Wetter war Scheiße. Alles war Scheiße.

Eigentlich müsste es mir gut gehen. Schließlich war ich das Arschgesicht, dass Wyatt abserviert hatte und nicht andersherum. Aber ich fühlte mich wie der letzte Dreck.

Alles vergeht irgendwann. Man hatte nichts für immer. Wie viele Freundschaften waren schon kaputt gegangen? Wie viele Beziehungen waren zerbrochen? Wahrscheinlich mehr als die, an die ich mich erinnern möchte. Und ich hatte es immer noch nicht verstanden. Hatte immer noch nicht kapiert, dass alles, was mir für immer bleiben würde, ich selbst war.

Selbst meine Familie blieb mir nicht für immer, den der Tod würde uns nicht alle gleichzeitig treffen. Das wäre zu großes Karma. Nicht mal mein Handy könnte solange überleben. Ich würde vermutlich vor dem Teil den Geist aufgeben.

Rein gar nichts kann für immer sein.

Aber was musste noch alles passieren, damit ich das verdammt nochmal kapierte?

Jetzt war alles nur noch beschissen. Hätte ich das alles früher gecheckt, dann hätte ich das zwischen mir und Wyatt verhindern können, aber nein. Ich dummer Horst war zu verknallt gewesen, um irgendwas zu schnallen.

Ich hätte wissen müssen, dass das zwischen Wyatt und mir nicht funktioniert hätte. Nicht als Freunde und auch nicht als irgendwas anderes, was auch immer ich da gewollt hatte. Er kam aus einer anderen Welt, die nicht zu meiner passte. Ich war nur zu naiv gewesen, um das zu sehen. Ich war zu naiv gewesen, um zu realisieren, dass ich keine Hauptfigur in einem scheiß schnulzigen Roman war - das hier war die verfickte Realität.

Und in der Realität bekamen Leute wie ich kein Happy End.

Wir waren schon so tief in der Scheiße, dass wir nur noch mehr Scheiße bekamen. Immer und immer wieder.

Ich hatte alles verbockt, ja. Ich hatte alles kaputt gemacht. Unsere Freundschaft und was auch immer sich da angebahnt hätte. Wyatt hatte mich zwar geküsst und nicht andersherum, aber trotzdem war ich schuld. Ich war schuld, dass wir uns überhaupt näher gekommen waren (naja, eher dieser beschissene Aufsatz). Ich war schuld, dass wir jetzt überhaupt nichts mehr waren.

Ja, ich war Scheiße... und doch war Wyatt hier das Arschloch.

Er war so cool gewesen, dass ich mich in ihn verliebt hatte. Er hatte gesagt, dass er mir beim Aufsatz hilft. Er hatte mich gefragt, ob ich ihn in dieser Nacht nach Hause begleiten konnte. Er hatte mich geküsst. Nicht andersherum.

Wäre er nicht gewesen, dann hätte die ganze Scheiße gar nicht erst angefangen.

Jemand klopfte zaghaft an meiner Zimmertür. „Warholden?"

Warum wunderte es mich nicht, dass Sofia jetzt da war? Typisch. Drama lockte sie an.

Ich antwortete nicht. Wenn sie dachte, dass ich schlief, dann würden sie wieder abhauen.

Die Tür öffnete sich einen Spaltbreit und meine beste Freundin steckte ihren Kopf rein. „Hi."

„Hau ab", murrte ich nur und zog meine Decke so hoch, dass sie mein halbes Gesicht bedeckte. Ich wollte jetzt wirklich niemanden sehen. Ich wollte in Selbstmitleid ertrinken.

Sofia seufzte und natürlich schob sie die Tür weiter auf und schlüpfte in mein Zimmer. Klar, willst du vielleicht noch einen Kaffee und ein Stück Kuchen haben, Miss Gracia? Oh, und wenn wir schon dabei sind: soll ich mich vielleicht auf dem Boden legen, damit du dich fein auf mein Bett legen kannst? Mach's dir ruhig bequem, mir geht es prima.

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