Neun♥

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Eine halbe Stunde später stand Mom, naja Pflege-Mom in der Tür und sah mich betreten an. Ich hatte mir den Brief noch ungefähr dreizehn mal durchgelesen, jedes Wort studiert aber kein Hinweis daraud gefunden, was das Geheimniss sein könnte, es war ein ganz nornaler Brief, bis auf die Stelle 'das Wolfleben hat uns gerufen'. Vielleicht war das ja das geheimniss? Ich glaubte nich an Magischenkram, das Horoskop war für mich schon zu viel. Das doofe war nur Pflege-Mom war Wahrsagerin, also hatte ich tagtäglich damit zu tun.

"Wollen wir Mira abholen, mein Mäuschen?", fragte sie. "Darf ich dich

trotzdem noch Mom nennen?" Sie nickte, ich grinste und umarmte sie einmal fest. "Warum haben meine Eltern mich damals im Stich gelassen?", fragte ich in ihren Wollpulover. "Wie gesagt, wir kannten deine Eltern nicht persönlich. Können wir los?" Ich nickte und wir gingen die Treppe runter. Oma und ihre Freundin standen tuschelnd in der Küche und warteten darauf, dass ein Blech gold, brauner Kekse fertig wurde. Als sie mich sahen verstummten sie augenblicklich. Tratschtanten. Wahrscheinlich hatte 'Oma' bereits alle Verwandten angerufen und ihnen erzählt, was hier los war.

Dad stand schon angezogen an der Tür und wartete auf uns.

Wir stiegen ins Auto und fuhren los, richtung Krankenhaus. Eigentlich waren 'Mom, Dad' und Mira gar nichts für mich. Mira und ich hatten nicht mal einen gleichen Elternteil, also konnte ich sie auch nicht als Halbschwester bezeichnen, eigentlich waren sie alle fremde für mich, die nur durch das Schicksaal in meine Leben eingetreten waren.

"Mom, wieso habt ihr mich adoptiert?"

"Ach Schätzchen, das ist alles viel zu kompliziert, ich weiß es auch nicht. Frag deine Eltern." "Aber ihr seid meine Eltern", stellte ich fest. "Nein, nicht deine richtigen." "Aber ihr müsst doch wissen, warum ihr mich adoptiert habt", hakte ich nach. Moms Miene spannte sich an. "Verdammt noch mal Evelyn, stell nicht so viele Fragen!"

" 'tschuldigung."

Mom seuftzte und sah mich an. "Ich kann dir die Fragen auch nicht beantworten." Sie streichelte mir über die Wange. "Ich will, dass ihr meine Eltern bleibt. Ich will keine Eltern, denen es wichtiger ist ihrem 'Wolfsleben' zu folgen, welches es gar nicht gibt, als sich um ihr Kind zu kümmern", schluchzte ich in ihre Handfläche. "Du wirst immer unser kleines Mäuschen bleiben, außerdem weißt du doch gar nicht, wie deine Eltern sind." "Doch, verrückt." "Nur weil sie 'Wolfsleben' in deinen Brief geschrieben haben?" Ich nickte, natürlich deswegen es gab kein 'Wolfsleben', wie soll das den bitte als Mensch gehen? Ich sag ja, meine richtigen Eltern sind irre.

"Es ist manchmal alles anders, als wie wir es wahrnehmen." Klar, sie war Wahrsagerin. "Glaubst du etwa an Werwölfe?", fragte ich, mit spötischem Unterton. Sie zuckte mit den Schultern. "Wer weiß."

"Wir sind da", knurrte Dad um das Thema zu wechseln. Er war nie gut gelaunt, wenn es um übernatürliche Dinge ging. Ich öffnete die Autotür und stieg aus. Wie es Mira wohl ging? Sie konnte nicht sprechen, also konnte ich keine Antwort von ihr erwarten.

In ihrem Zimmer sah alles so aus, wie vor fünf Tagen, nur das jetzt ein zweites Bett dazu gekommen war. Ich ging auf das Bett zu, um auf das Namensschlid zu gucken. 'Hanna', war ihr Name. Sie hatte rote, dünne Haare, leichte Sommersprossen übersäten ihre Nase und sie hatte leuchtend blaue Augen, ihr Körper war dürr und gebrechlich. "Was ist mit Hanna?", fragte ich den Arzt.

"Ich hatte auch einen Schlaganfall, so wie Mira", sagte sie frech aber auch traurig. Alles an ihr strahlte zerbrechlichkeit aus. "Ohh, das tut mir leid. Aber du kannst ja noch sprechen." "Ja, klar warum auch nicht? Achso, weil Mira nicht mehr reden kann. Tja, dafür hatte ich etwas anderes geben müssen", sagte sie. "Mmmh, wie alt bist du?" "Sind wir hier auf einem Polizeirevier und werden ausgefragt, oder was?" Sie war ziemlich frech aber lassen wir das mal. "Dann nicht." Mira folgte unserem Gespräch gespannt. Anscheinend konnte sie alles verstehen aber selbst nichts dazu sagen. Ich setzte mich auf ihre Bettkante. "Na gut, ich bin fünf. Bei meinem Schlaganfall wurden meine Beine gelähmt, ich kann nicht mehr laufen." Für eine fünfjährige sprach sie ziemlich gut. "Ohh." Interessant, sie konnte nicht laufen. Es gab also verschiedene Arten von Schlaganfällen...oder verschiedene Auswirkungen. Wieso dachte ich überhaupt darüber nach? Es war doch eigentlich ziemlich uninteressant, ob es verschiedene Arten gab oder nicht! Ich ertappte mich, wie ich versuchte mich von meinen richtigen Eltern abzulenken. Ob Mira wusste, dass ich nur adoptiert war. Aber wieso? Mom und Dad konnten doch Kinder benkommen, wieso haben sie mich dann adoptiert? Vielleicht wussten sie von dem Familiengeheimniss und wollten es für sich allein? Nein, so waren sie nicht.

Mira war mittlerweile aufgestanden und hatte angefangen ihre Sachen zu packen und sich anzuziehen. Dann meldete sie sich ab aber musste versprechen, dass sie gut auf sich aufpasste. Am liebsten hätte ich mich mit ihr unterhalten aber das ging ja schlecht, da sie nicht antworten konnte, also verlief die ganze Fahrt schweigend.

Mira tat mir leid, sie war so süß und konnte nicht sprechen.

Zuhause war es nicht besser jeder schwieg und Mira schien es ziemlich unangenhem zu sein. "Weiß sie es schon?", flüsterte ich Mom ins Ohr. "Nein." "Wann darf ich zum Wald?", fragte ich weiter. "Morgen, mach was mit Mira, sie braucht ein bisschen Ablenkung." Ich nickte. "Okay", sagte ich und lief hoch zu Mira. Sie lag oben auf ihrem Bett und starrte an die Decke. "Hey, wollen wir was machen?", fragte ich.

Sie sah auf und nickte. "Was denn?", fragte ich. Mir fiel ein das sie nicht antworten konnte und ich fing an herum zu drucksen. "Ähhm...also,.wie...währs mit...ähhm, Barbie?", fragte ich. Sie sah mich traurig an und nickte aber. Sie holte Barbies aus einer großen Truhe und breitete sie vor uns aus. Sie zuckte mit den Schultern und zeigte auf alle sieben Barbies. Was meinte sie? Ich würde sie niemals verstehen und fing an zu weinen, sie sah mich fragend an und schließlich weinten wir beide zusammen. Es war hoffnungslos, wir würden uns niemals wieder so verstehen, wie früher.

Wie findet ihr es? Wahrscheinlich nicht so spannend :/ aber es kommt noch :)

Hel, euer Gummibärchen♡♥♡

Und alles ist andersWo Geschichten leben. Entdecke jetzt