Es war Ende März und in ein Paar Wochen würden die Ferien anfangen. Es war ein schöner aber auch zugleich für März sehr warmer Freitag. Um die 25 Grad musste es garantiert sein. Ich war auf dem Weg nach Hause und war vor ein Paar Minute noch in der Schule gewesen. Die Kirschblüten hatten schon angefangen zu blühen. Die pinkfarbenen Blütenblätter fielen, wie Schnee auf dem Boden und wurden bei jedem Schritt aufgewirbelt. Ich ging in die Hocke, hebte eine auf und hielt sie in die Sonne. Die kleinen Äderchen waren deutlich zu sehen und, wie jedes Mal ließ ich mich davon faszinieren. Ich hätte dieses Blatt noch Stunden betrachten können, doch ich ließ meine Hand sinken, blickte in die Sonne und lief weiter. Bald würden die Ferien anfangen, doch besonders freute ich mich darauf nicht. Ferien waren bei uns immer langweilig gewesen. Ich hatte keine Geschwister, meine Eltern arbeiteten den ganzen Tag lang und ich war den ganzen Tag lang alleine. Zum Glück hatten wir einen Garten. Ohne den Garten wäre ich schon vor langer Zeit von Langeweile gestorben. Der Garten war mein Lieblingsplatz. Da meine Eltern keine Zeit für die Gartenarbeit hatten, wuchs an diesem kleinen Ort fast alles durcheinander und viele Insekten hatten bei uns einen guten Platz zum Leben gefunden. Als ich dann zu Hause ankam legte ich meine Schuhe beiseite, zog meine Gartenschuhe an, wechselte meine Straßenhose für meine verdreckte Arbeitshose ein und ließ die Jacke, die ich sonst bei kälteren Tagen immer anzog, liegen. Lächelnd ging ich nach draußen, setzte mich für einen kleinen Moment hin und entspannte mich ein wenig nach dem anstrengenden Schultag. Ich schloss die Augen und spürte die Nachmittagssonne heiß auf meinem Gesicht brennen. Ich stellte mir vor, wie ich ich später meine eigenen Blumenladen halten würde. Allein der Gedanke ließ mich lächeln. Oder würde ich doch etwas komplett anderes machen? Ich wusste es nicht (natürlich nicht, wie auch). Ich nahm mir vor auf jeden Fall später glücklich zu sein mit dem, was ich machen würde. Ein Paar Tagträume später stand ich wieder auf und kniete mich auf dem Boden hin. Ich begann alle möglichen Steine aufzuheben und umzudrehen und die kleinen Tierchen zu beobachten, die sich darunter verbargen. Nach eine Weile ging zu meiner Lieblingsecke im Garten. In der hintersten Ecke des Gartens hatte ich ein kleines Beet angelegt an dem ich alles möglich anwachsen ließ. Es war absolut wunderschön. Die verschiedenen Farben der ganzen Blumen, die alle miteinander verschmolzen waren für mich das schönste auf der Welt. Also machte ich mich an der Arbeit. Ich schnitt die verwelkten Blüten ab, verteilte ein wenig Dünger und goss jede einzelne Blume. Nach einer Stunde empfand ich meine Arbeit als einigermaßen abgeschlossen, ging wieder ins Haus, stellte mich unter die Dusche und wusch die Erde von meiner Haut weg.
Es war fast neun Uhr Abends und keiner von meinen Eltern war wieder zu Hause. Ich redete mir ein, dass mir das nichts ausmachte und, dass bei mir alles ok sei. Tief in meinem Inneren wusste ich ganz genau, dass dies nicht stimmte. Ich sehnte mich nach Wärme und Nähe und als ich alleine im dunklen in meinem Bett lag konnte ich die Tränen nicht mehr zurückhalten. Also ließ ich sie fließen und schlief weinend ein. Was mich am meisten traurig machte, war die Erkenntnis, dass ich Pflanzen nur so gerne mochte weil ich eben so einsam war. Ich war nur nach draußen gegangen weil ich nichts besseres zu tun hatte. Dass die schönste Seite meines Leben so eng mit der schlimmsten verbunden war, machte mich wahnsinnig.
Tief in der Nacht spürte einen leichten Druck auf meiner Stirn und hörte, wie jemand leise "Gute Nacht, Liam" sagte.
Doch das hatte ich am nächsten Morgen wieder vergessen und ging wie immer, mit dem Gefühl einsam zu sein, nach draußen und fing mit der Gartenarbeit an.
Sakura Kirschblüten sahen immer so leicht und frei aus. Sie konnten überall hinfliegen wenn sie wollten.
Ich wünschte ich wäre eine Sakura Kirschblüte.
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Kurzgeschichte Nr.3 Sakura
Short StoryLiam ist ein Junge, der sehr einsam ist und deshalb viel Zeit in seinem Garten verbringt. Er wünscht sich, dass seine Eltern mehr Zeit für ihn hätten. So einsam, wie er denkt zu sein ist er aber nicht, da ein Elternteil ihm jede Nacht einen Besuch a...