„Halten wir fest: Unsere Väter sind ehemalige Schwerverbrecher, die sich gegenseitig mächtig in die Haare gekriegt haben, nachdem meiner aus dieser ... Gang ausgetreten ist." Um den Schock irgendwie verarbeiten zu können, hat sich Mikołaj ein recht starkes alkoholisches Getränk geholt. Es ist farblos und riecht steril. Wie Desinfektionsmittel. „Er ist über ein Jahrzehnt lang drogenabhängig gewesen, von diesem Engelscheiß, die eine oder andere schwere Straftat begangen." Ein großzügiger Schluck. Besorgnis glitzert in meinen Augen. Man merkt allmählich, dass die Wirkung einsetzt. Er spricht lauter, die Zunge scheint wohl schwerer zu werden. „Und weil die deutschen und andere Behörden ihn immer noch suchen, hat er sich im Ausland abgesetzt." Er hebt ein wenig die Augenbrauen. „Ich bin also das Kind eines Schwerverbrechers, der eine lange Zeit mit einem sehr einflussreichen Drogenhändler zu tun gehabt hat." Und die Flasche ist bis zur Hälfte leer. Mikołaj stellt sie unsanft auf den Tisch. Ich zucke sehr leicht zusammen. Es ist keine kleine; eine null-Komma-sieben-Flasche. „Und du, Jess. Dein Vater ist ein immer noch aktiver Drogenhändler, der wieder anfängt, den Einflussbereich auszubauen, weil meiner mit seiner Aktion den gesamten Bereich ruiniert hat." Er lehnt sich nach vorn. Starrt irgendeinen Punkt an. „Weißt du, ich komm' irgendwie nicht drauf klar, dass die sich gegenseitig gekennzeichnet haben – die Narben auf der Wange und das Auge. Die werden sich nicht vergessen."
Es ist abends. Eigentlich schon nachts, weil es draußen dunkel ist. Ich habe einen kurzen Blick auf das Handy geworfen – zweiundzwanzig Uhr fünfzig. Es lässt mich gänzlich kalt, obwohl es das nicht tun soll. Immerhin weiß mein Vater nicht, wo ich bin.
„Ich komm' mit dem ganzen Scheiß nicht klar. Damit will ich nichts zu tun haben." Mir ist es nicht sonderlich geheuer, dass Mikołaj plötzlich sehr dicht zu mir gerutscht ist. „Dass mein Vater kein reiner Mensch ist, habe ich schon gewusst. Aber dass er solche ... Scheußlichkeiten begangen hat ... Jetzt weiß ich nicht, was ich noch von ihm halten soll." Es ist auch dem Fakt geschuldet, dass er es mir über all die Jahre verschwiegen hat. Auch dann, als ab und zu mehrere fremde Männer und selten Frauen bei uns in dem Viertel aufgetaucht sind. Jetzt weiß ich, dass es Käufer oder Kuriere gewesen sind. Ich schlucke den Kloß in der Kehle herunter. Gerade frage ich mich, ob meine Mutter es weiß. Dass mein Vater ein gerissener und vor allem skrupelloser Verbrecher ist, der ausgebrochen ist und sich nun versteckt hält.
„Was soll ich denn sagen?" Der Griff zur Flasche. Ich sollte ihn zügeln. Ihm diese Flasche abnehmen. Jedoch tue ich es nicht. Es ist ein Fehler. „Soll ich vor Freude im Kreis springen, weil ich herausgefunden hab', dass mein Vater zu viele Menschen umgebracht hat? Dass er jahrelang von einer echt fiesen Droge abhängig gewesen ist?" Eins, zwei. Die Flasche bleibt umklammert. Ein blaues Etikett, ein weißer Schriftzug. „Ich find's irre, dass er mir nie etwas davon erzählt hat. Is' ja nicht so, dass ich ja alt genug bin und jetzt mehr Verständnis aufbringen kann. Tja." Schulterzucken. Sie ist bis zur Hälfte geleert worden. Er lallt sehr leicht. „Selbst schuld." Ein sanfter Ruck geht durch ihn. Lacht er etwa? „Wenn ich ganz ehrlich bin, hab' ich das Gefühl, dass er immer noch abhängig ist." Ich sehe ihn fragend an. „Der rastet manchmal aus. Einfach so. Ohne Grund. Ich weiß noch, dass ich das geseh'n hab', als ich draußen war. Bei der Garage. Er hat die Reifen wechseln woll'n." Der Ton wird bitter. „Es ist nicht nur beim Anschreien geblieben." Mikołaj betrachtet mich mit seinen trüben Augen. „So is' das eben. Kann man sich nich' aussuchen."
„Sie wollen uns nur Probleme ersparen und haben sicherlich Angst, dass wir sie nicht akzeptieren." Ich spanne mich automatisch an, als er über meinen linken Arm streicht. „Weiß deine Mutter davon?" Oliver ist zwischenzeitlich erschienen. Wir haben uns begrüßt. Ein bisschen geplaudert. Dann hat er gesagt, er würde mit einigen Kollegen weggehen. Mikołaj, zu dem Zeitpunkt klar bei Bewusstsein, hat einen anzüglichen Kommentar angewandt, bei welchem ich die Augen verdreht habe. Wenigstens Oliver hat lachen können.
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Teach me love, good girl
Ficción General„Willst du mit mir Drogen nehmen?" „Bei uns werden aber keine roten Rosen vom Himmel fallen." Jess Evert hält nicht viel von Mikołaj Nowak, als sie ihn zum ersten Mal sieht. Er ist das völlige Gegenteil eines normalen Austauschschülers: Statt Rückha...