»Da! Eine Maus!« Hagelsturm hielt inne, als sie Blitz' Miauen hörte.»Wo?« Die Kriegerin musterte kurz den schmalen Donnerweg, der von einem unnatürlichen Licht wie dem von Monsteraugen ausgeleuchtet wurde, das von seltsamen Zweibeinerdingern auf baumhohen Pfählen ausging. Dann blinzelte sie in die Dunkelheit jenseits davon, doch war die Beute nirgends zu entdecken. Dafür hörte sie jedoch ein leises Scharren unter einem Stapel von gerade zugeschnittenem Holz, der an der Wand eines Zweibeinernestes lehnte. Als sie genauer hinsah, entdeckte sie doch noch einen Flecken von braunem Pelz in den Schatten.
»Deine Beute«, zischte Hagelsturm Blitz zu.
»Sie wird mir doch sowieso wieder entkommen«, knurrte Blitz, kauerte sich aber dennoch auf den Boden und schlich auf den Holzstapel zu.
Ihr Jagdkauern sah noch immer etwas unbeholfen aus und Hagelsturm hatte den Eindruck, dass Blitz ihre Pfoten längst nicht vorsichtig genug auf dem Boden aufsetzte. Eine Fuchslänge trennte Jägerin und Beute, als die Maus auf einmal unter dem Holz hervor schoss und in einem Loch an der Zweibeinernestwand verschwand.
»Fuchsdung!« Den Fluch hatte sich Blitz inzwischen bei Hagelsturm abgeschaut.
Schon seit einigen Sonnenaufgängen waren sie gemeinsam unterwegs und nun nur noch etwa eine halbe Tagesreise vom NachtClan entfernt.
»Die Maus hat schon wieder meine Schritte durch die Vibration des Bodens gespürt, oder?« Nach all der Beute, die Blitz während ihrer Reise verscheucht hatte, wusste sie genau, wo ihre Fehler lagen. Doch obwohl sie sich immer Mühe gab, hatte Hagelsturm - die wegen ihrer ständigen Ungeduld auch nicht gerade die perfekte Jägerin war - stets die meiste Beute gemacht.
Hagelsturm antwortete mit einem Nicken. »Du musst vorsichtiger auftreten.«
Nachdenklich betrachtete Blitz den Holzstapel, unter dem eben noch die Maus gesessen hatte.
»Manchmal, wenn ich beim Schleichen plötzlich innehalten muss, damit mich die Beute nicht bemerkt, verliere ich ein wenig das Gleichgewicht…«, gab sie zögernd zu. »Vielleicht liegt es daran.«Blitz trat vor, angelte sich eines der Holzstücke von dem Haufen und legte es über eine Mulde in der Erde. So entstand über der Kuhle eine Brücke, die zwar dreimal so lang wie eine Katze, aber auch nur ein wenig breiter als eine Pfote war. Dann rupfte Blitz ein vertrocknetes Blatt von einem Strauch, spießte es mit ihren Krallen auf und legte es auf die Kante ihrer Holzbrücke, sodass es kurz davor war, in die Mitte der Kuhle herab zu segeln.
Verwirrt betrachtete Hagelsturm das Werk ihrer neuen Freundin. »Was wird das denn?«
»Ein Experiment… Eine Übung«, miaute Blitz konzentriert, während sie eine Pfote auf das Holzstück setzte. »Ich will versuchen, hinüber zu balancieren, ohne dass das Blatt runter fällt. Sobald ich das schaffe, trete ich nicht mehr zu fest auf…«
Das war eine erstaunlich gute Idee, fand Hagelsturm. Sie beschloss, sich diese Übung zu merken, für den Fall, dass sie selbst einmal einen Schüler bekam. Ein wenig ungeduldig war sie jedoch schon, als sie beobachtete, wie Blitz über das Holzstück tappte. So kurz vor ihrem Ziel wollte sie nicht noch mehr Zeit verlieren. Auf den ersten Tagen ihrer Rückreise waren sie schon viel zu langsam vorangekommen, weil Hagelsturms Pfote wieder zu schmerzen begonnen hatte, aber nun sollten die Clans endlich von der Prophezeiung erfahren!
Erschrocken wich Hagelsturm zurück, als Blitz sie mit ihrem Schweif bei dem Versuch, das Gleichgewicht wiederzufinden, beinahe ins Gesicht schlug. Unter ihren Pfoten war das Holzstück in Schwingung geraten und erbebte immer heftiger, umso hektischer Blitz versuchte, nicht herunter zu fallen. Das Blatt lag selbstredend schon längst am Boden.
Fluchend sprang Blitz von dem Holz und landete neben Hagelsturm. »Das muss doch irgendwie zu schaffen sein! Ich denke, das übe ich später noch einmal, wenn wir bei den Clans angekommen sind.«
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Verworrene Pfade ~ Finstere Sterne // Band 2
FanficVier Monde nach Rankensees, Hagelsturms und Klippenfalls Rückkehr zu den Clans spitzt sich die Lage langsam zu. Die Clankatzen sehen einer harten Blattleere entgegen und während die drei jungen Krieger von einigen als Retter aus der Not gefeiert wer...