Ich war so froh, endlich wieder in Hogwarts zu sein. Hermine fiel mir in die Arme, als ich am späten Nachmittag in den Gemeinschaftsraum platzte. Sie hatte gerade mit zwei dicken Büchern auf ihrem Schoß vor dem Kamin gesessen und für die anschließenden Prüfungen am nächsten Tag gelernt. Es musste sie wirklich freuen, mich zu sehen, denn sie begleitete mich nach oben in den Mädchenschlafsaal und ging nicht einmal, als ich meine kleine Tasche auspackte.
„Hermine, musst du nicht weiterlernen?"
„Mache ich gleich. Erst einmal freue ich mich, dass du wieder hier bist. Wenn mir jemand gesagt hättest, dass du heute wiederkommst, hätte ich noch nicht gegessen." Hermine sah ehrlich bekümmert aus. Ich rechnete es ihr sehr hoch an, da ich wusste, dass sie in der letzten Woche vor den Prüfungen nie viel aß. Heute hatte sie bestimmt gerade davor zum ersten Mal den Kopf von ihren Bücher gehoben.„Danke Hermine," ich sah sie direkt an, „auch dafür, dass du mir alle Bücher organisiert hast."
„Kein Problem." Lächelnd strich sie sich eine widerspenstige Strähne hinter das Ohr. „Hast du überhaupt genug Zeit gehabt, zu lernen?"
Ich zuckte mit den Achseln und drehte mich wieder zu meinem Bett, auf dem meine Tasche lag. Die Wahrheit war, ich war noch nie so wenig vorbereitet gewesen, wie dieses Jahr. Auch wenn ich es mir vorstellen konnte, ein „Mies" oder sogar „Schrecklich" in Fächern wie Geschichte der Zauberei zu bekommen, so war ich fest entschlossen, die Prüfungen zeitgemäß zu absolvieren.Als wir wieder unten im Gemeinschaftsraum waren, grummelte mein Magen bereits. Etwas sehr Ungewöhnliches für mich, da ich seit meiner Krankheit nie wirklich an Hunger litt. Ich nahm es als positives Zeichen, schnappte mir das Schulbuch über die Geschichte der Zauberei und machte mich auf den Weg in die große Halle. Hermine entschuldigte sich mehrmals, blieb aber bei ihren Schulbüchern im Gemeinschaftsraum. Ich war recht froh, Zeit für mich zu haben.
Kurz vor unserer altbekannten geheimen Nische, traf ich auf Draco und die anderen Slytherins. Er registrierte mich, schenkte mir jedoch keine Aufmerksamkeit. In der Zeit im Mungos hatte ich schon fast vergessen, dass wir zerstritten waren. Das letzte, was er zu mir gesagt hatte, war, dass ich eine dreckige Blutsverräterin sei. Ich atmete einmal tief durch und schritt mit hoch erhobenem Haupt in die große Halle.
Köpfe hoben sich, als ich erkannt wurde und Augen folgten mir bis zu meinem Platz. Das eigenartige Mädchen, das blutspuckend vor ein paar Wochen ins Mungos gebracht wurde, war wieder da. Die Aufregung darüber war schneller verflogen, als sie gekommen war. Ich war doch nur ein unbedeutender Spieler im Spiel. Zumindest gingen die meisten davon aus.
Als ich mich neben zwei leere Plätze gesetzt hatte – es war schon recht spät für das Essen – umarmte mich plötzlich jemand von hinten. Es war Philo, der mich breit grinsend fest drückte und sich anschließend neben mich setzte. Ich freute mich sehr, ihn wieder zu sehen.
„Emm hat mich gar nicht begrüßt." Er zog beleidigt seine Unterlippe vor. Ich versteckte mein Grinsen hinter einem Brotstück. „Ich werde ihr gleich einmal einen Brief schreiben, dass das so nicht geht. Ausgerechnet ihren Lieblingssohn so zu ignorieren ... pah."
Philo hatte sich mittlerweile neben mich gesetzt und Kürbiscremesuppe in den Teller geschöpft. Im Gegensatz zum letzten Mal war es nicht einmal mein Essen gewesen, über das er sich hermachte. Während zwei Bissen hielt mein Stiefbruder schließlich inne und sah mich ernst an: „Bist du dir überhaupt sicher, dass du die Prüfungen schaffst? Du hast den ganzen letzte Monat verpasst."
Ich verdrehte die Augen. Plötzlich hatte ich gar keinen Hunger mehr. Warum mussten mich denn alle immer so nerven? Alle die gleichen sinnlosen Fragen stellen? Ich spürte wie sich die Kette an meinen Puls anpasste. Wie sie dadurch immer heißer wurde und mein Herz schneller schlagen ließ. Was hatte diese verdammte Kette bloß?
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Die Tochter des dunklen Lords (Harry Potter Fanfiction)
FanfictionGrausam. Kalt. Herzlos. So würden die meisten Hexen und Zauberer den Mann beschreiben, der diskriminiert, tyrannisiert, foltert und mordet. So aber nicht seine Tochter. Der dunkle Lord hatte nämlich vier Jahre lang Zeit, seiner Tochter seine Ansicht...