Teil 28 - Devil in disguise

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"Aber Hisoka, das kannst du nicht machen. Das ist absolut gemein!" Jammernd klammerte YN sich an seinen Arm und sah ihn schmollend an.

Er blieb unbeeindruckt, denn das was er geplant hatte, wollte er jetzt nicht leichtwillig zunichte machen. Normalerweise war Hisoka nicht der Typ, der etwas im Voraus plante, er reagierte spontan auf die jeweilige Situation. Doch mit YN an seiner Seite war es anders. Sie brachte Gefühle in ihm zum Vorschein, die er lange und erfolgreich unterdrückt hatte, die ihn letztendlich auch nicht interessierten. Vergangenheit war Vergangenheit und die hatte er hinter sich gelassen. Alles was zählte, war die Gegenwart und ein Stück weit die Zukunft.

"Verzieh nicht dein hübsches Gesicht." Er schob seine Gedanken beiseite und legte seine Lippen an ihr Ohr. "Du weißt doch, Spiele sind genau mein Ding." YN konnte förmlich hören, wie breit sein Grinsen geworden war.

Jetzt muss ich eine gefühlte Ewigkeit warten. Als ob ich die nächsten Tage an irgendetwas Anderes denken könnte, als was das für eine Überraschung sein könnte.

"Du hast doch sicher Hunger, oder?" Sein Ablenkungsversuch war kläglich, aber YN musste ihm zustimmen. Gute Laune zu haben und auch noch so offen zu zeigen, machte enorm hungrig. Widerwillig ließ sie zu, wie Hisoka sich von ihr entfernte und zur Küche ging. Leicht frustriert setzte sich sich an den Tresen und beobachtete ihren Liebsten.

Das wird nicht so einfach. Wenn ich will, dass er redet, muss ich mich sehr geschickt anstellen.
Spiele spielen kann ich auch! Mein Vorteil ist, dass er das noch nicht weiß.

Als würde er so etwas jedem Tag tun, holte er einige Zutaten aus dem Kühlschrank und fing an zu kochen. Zuerst wusch er Frühlingszwiebeln, Cherrytomaten und zwei kleine Zucchini. Danach suchte er nach einem Küchenmesser, was jedoch länger dauerte als angenommen. Jetzt ließ sein souveränes Verhalten nach. Ziellos öffnete er mehrere Schubladen hintereinander, nur um sie wieder zu schließen. YN zeigte auf einen Schrank, in dessen Inneren ein Messerblock stand; sie musste sich ihr Schmunzeln verkneifen, denn sie wollte nicht, dass er glaubte, sie mache sich über ihn lustig. Agatha hatte alle unbenutzen Utensilien weggeräumt, damit sie nicht zustaubten und ihr jedes Mal zusätzliche Arbeit bereiteten; sie selbst hatte es YN gegenüber einmal erwähnt und die Tatsache, dass er nicht wusste, wo sich was in seiner Küche befand, war schon ein wenig amüsant.
Hisoka zog ein Messer aus dem Block heraus und YN hatte den Eindruck, dass er sich das größte herausgesucht hatte, was er finden konnte. 

Wenn er glaubt, ich gebe mich so leicht geschlagen, hat er sich geirrt.

Ungeachtet dessen wirkte er total deplatziert auf YN, wie er in seinem Outfit mitten in der Küche stand und anscheinend versuchte, etwas Essbares zu kochen und doch hatte er ihre Hilfe vehement abgelehnt. Hisoka war niemand, der sich mit alltäglichen Tätigkeiten herumschlug, dafür hatte er keine Zeit gehabt. Sein bisheriges Leben bestand aus Missionen, Spaß und Adrenalin, was alles mit körperlichen Auseinandersetzungen zu tun hatte.

Bevor er mit YN zusammen gekommen war, war er äußerst selten in der Himmelsarena anzutreffen, er war es nur dann, wenn er einen Kampf austragen musste, um seinen Rang als Floormaster behalten zu können. Doch das erschien ihm immer unwichtiger. Seit einiger Zeit schwirrte ihm ein bestimmter Gedanke durch den Kopf...

"Hisoka?", fragte sie, indem sie die Vokale lang zog, "Kannst du mir noch einen Tipp geben?" Sie setzte einen unschuldigen Blick auf und wartete auf seine Reaktion. Doch er schnitt nur mit geschickten Bewegungen das Gemüse klein und schaute nicht zu ihr hoch. Es schien, dass er Bedenken hatte, ob er dicht halten könnte und deshalb riskierte er nichts, indem er sich abwandte und auf die Suche nach einer Bratpfanne machte.
Während er ohne ihre Hilfe fündig geworden war, hatte er nicht bemerkt, wie YN von ihrem Platz aufgestanden war und nun direkt vor ihm stand. Sie fuhr sich mit den Fingern durch ihre Haarsträhnen und schaute ihn an.

Mit den Waffen einer Frau!

"Was wird das, wenn es fertig ist?" Seine Frage war nicht ernst gemeint und er verriet sich durch seinen typischen Gesichtsausdruck, wenn er etwas sah, was ihm gefiel. Sein Blick wanderte an seinem Gegenüber herab und ihm fiel erneut auf, wie schön YN war.

"Sag mal, wer genau ist eigentlich bei eurem Semesteressen dabei?" Der plötzliche und erneute Themenwechsel erregte YNs Aufmerksamkeit. In seinem Blick konnte sie eindeutig Besorgnis erkennen. Machte er sich Gedanken, dass er sie alleine lassen musste?
YN wurde skeptisch, sie hatte ihm bereits davon erzählt und ebenfalls erwähnt, dass dieses Treffen unter den Kollegen stattfand. Warum also fragte er nochmal nach? "Ach, alle, die unter Herrn Hawasaki, dem Leiter der Universitätsbibliothek, arbeiten, wurden zum Essen eingeladen." Dass ihm die Antwort nicht ausreichte, konnte sie in Hisokas Gesicht lesen und so fuhr sie fort: "Nach dem offiziellen Teil, wenn der Abend eigentlich vorbei wäre, gehen einige noch in eine Bar und dann sitzen wir noch gemütlich zusammen."

Ohne eine Emotion starrte Hisoka sie an, diese Antwort genügte ihm immer noch nicht, er wollte auf etwas Bestimmtes - auf jemand Bestimmtes hinaus.
"Kommt Kaito auch?", seinen Namen zischte er zwischen den Zähnen hervor und sein Blick verfinsterte sich.

"Bist du eifersüchtig?", fragte sie vorsichtig, Kaito war ein sensibles Thema, nicht nur weil er YN aufs Unverschämteste gekränkt hatte, sondern auch weil noch nicht geklärt war, wer ihr vor einiger Zeit die roten Rosen in die Wohnung gestellt hatte. Nach Hisokas Vermutung konnte es nur Kaito gewesen sein, da er YN offensichtlich Avancen gemacht hatte.

Nach einem kurzen Augenblick des Schweigens antwortete er nur mit einem kryptischen "Vielleicht" und konzentrierte sich wieder auf das Kochen. Dass Hisoka mit seinem knappen Kommentar YN zutiefst geschmeichelt hatte, lag auf der Hand, denn sie legte nervös eine Strähne hinters Ohr, biss sich auf die Unterlippe und konnte ihr Lächeln nicht weiter unterdrücken.

Sie liebte es, wenn er ihr sagte, dass sie ihm wichtig war. Jedes seiner Worte sog sie in sich auf und bewahrte sie gut auf, denn sie waren selten. Männer redeten nicht oft über ihre Gefühle und sie war der Ansicht, dass Hisoka dieses noch übertraf. Zwar hatte er ihr gesagt, dass er sie liebte, aber wer hörte nicht gerne solche Worte aus dem Mund seines Herzblattes?

Ihr ursprüngliches Vorhaben kam ihr erneut in den Sinn, sie musste wissen, was er für sie geplant hatte. Beiläufig strich sie über ihr Schlüsselbein und seufzte laut. "Du brauchst nicht eifersüchtig zu sein, wenn du mir sagst, was das für eine Überraschung ist." Ihr schelmischer Unterton in ihrer Stimme war beabsichtigt und sie wusste, dass sie sich auf dünnem Eis bewegte, doch sie würde nach eigenen Regeln mitspielen.

Er fing an zu lachen. "Du glaubst wirklich, dass ich darauf hereinfalle? Ich bin ein Hunter, wir lassen uns nicht so leicht täuschen." Er drückte ihr einen flüchtigen Kuss auf die Wange, behielt dabei das brutzelnde Gemüse in der Pfanne im Blick.

Entmutigt wollte YN sich wieder an den Tresen setzten - Hisoka würde nichts verraten - da spürte sie, wie sie durch ein pinkes Band zurückgehalten wurde. Er hatte sie mit seinem Bungee Gum aufgehalten und zog sie grinsend zu sich. Mit Leichtigkeit fing er sie auf, ehe er die Nen-Fähigkeit löste. "Du kannst richtig bösartig sein, weißt du das?" Seine Nasenspitze näherte sich ihrem Gesicht. "Du befolgst deine eigenen Regeln. Das macht mich ganz scharf."

YN hatte ihr Ziel erreicht; herausfordernd fixierte er sie mit seinem Blick.

"Gut, so viel kann ich sagen. Hast du ein kleines Schwarzes?"

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