Wie verabredet klingelte Lia am nächsten Tag um 14 Uhr an meiner Tür. Ich hatte meine Jacke und Schuhe bereits angezogen und öffnete ihr. Sie umarmte mich zur Begrüßung. In der ersten Sekunde war ich etwas verwundert über diese Geste, da wir uns ja erst seit gestern kannten. Doch dann erwiderte ich ihre Umarmung etwas unbeholfen, was Lia jedoch nicht zu bemerken schien.
Langsam schlenderten wir die Straßen entlang zum Alexanderplatz in dessen Nähe wir wohnten. Auf dem Weg redete Lia unablässig über alles, was ihr gerade einfiel. Ich fühlte mich jetzt schon richtig wohl in ihrer Nähe. Gestern hatten wir noch den ganzen Abend via WhatsApp miteinander geschrieben und uns näher kennengelernt. Lia wusste jetzt bescheid über mein erbärmliches Sozialleben und ich wusste, dass sie in ihrer Freizeit im Volleyballverein spielte, sich bei Karaokespielen gern zum Affen machte und Chicken Wings über alles liebte. Letzteres traf auf mich ebenfalls zu was Lia mit einem "OMG. Wie geil ist das denn. Zeit für eine ChickenWingsParty! Whoop Whoop!!!" kommentierte.
"Natascha, schau mal! Du musst unbedingt diese Bluse anprobieren. Mit ner schwarzen Hose dazu würde das mega an dir aussehen."
Ich drehte mich zu Lia um, die mir mit einem fetten Grinsen im Gesicht eine schicke weiße Bluse unter die Nase hielt. Zweifelnd schaute ich das Teil in ihrer Hand an.
"Ich glaub nicht, dass ich das tragen kann. Das passt gar nicht zu mir."
"Ach komm schon. Du kannst ruhig mal was anderes als Hoodie und Jeans probieren. Ich such dir jetzt noch ne schicke schwarze skinny Jeans und dann wird das anprobiert. Keine Widerrede!"
Ich beugte mich ihrer Aufforderung und verschwand kurz darauf mit den Klamotten in einer der Umkleidekabinen.
Fünf Minuten später öffnete ich den Vorhang und grinste Lia verlegen an. Ich fand das Outfit unerwartet toll an mir, aber ich war mir nicht sicher wie Lia es finden würde.
"Du siehst unglaublich aus. Die Sachen sind auf jeden Fall gekauft." Mit diesen Worten nahm mir meine neue Freundin die Sachen ab und hängte sie über ihren eigenen Arm.
Wir schlenderten noch ein wenig weiter durch den Laden bis wir sicher waren, dass wir alles gesehen hatten. In den nächsten zwei Stunden verhalf mir Lia noch zu schicken Ohrringen zu dem vorher gekauften Outfit, sowie passenden Schuhen. Sechs Läden später ließen wir uns erschöpft an einem Tisch in einem Fast-Food Restaurant nieder, nachdem wir uns beide ChickenWings gekauft hatten.
"Die anderen werden Augen machen, wenn du nächste Woche mit den neuen Sachen in die Schule kommst."
"Meinst du echt? Ich glaub nich, dass die das interessiert."
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Der nächste Morgen war seit langem der erste, an dem ich mit jemandem zusammen das Schulgebäude betreten würde. Und es war auch das erste Mal seit Jahren, dass meine Begleitung eine Freundin und Schülerin und kein Lehrer war. Unsicher sah ich zu Lia hinüber. Sie grinste mich strahlend an, woraufhin ich versuchte meine Zweifel endlich aus dem Weg zu räumen. Ich seh toll aus. Das Outfit steht mir. Die anderen werden es auch toll finden.
Wir waren jetzt an der Eingangstür angekommen, die Lia mir sofort aufhielt und eine übertriebene Geste in Richtung des Gebäudeinneren machte.
"Bitte treten sie ein, Mylady."
"Vielen Dank, James." erwiederte ich lachend.
"Hey, ich dachte ich bin dein Date und nicht dein Butler." Schmollend sah Lia mich an, doch sie musste sich ihr Lachen verkneifen.
"Ich date erst nach zehn für mich geöffneten Türen."
"War das ein Anflug von Humor, graues Mäuschen?"
Sofort zog ich mich wieder ein Stück zurück in mein Schneckenhaus, was sich in einem zu Boden gerichteten Blick und rot werdenden Wangen äußerte.
"Hey, kein Grund wieder schüchtern zu sein. Das war ein Witz. Ich mag dich und find es toll, wie du dich mir gegenüber öffnest. Offenbar haben wir nämlich den gleichen Humor und ich bin mir sicher dass wir richtig viel Spaß miteinander haben werden. Und gleichzeitig können wir uns alles anvertrauen."
Ich grinste sie kurz an, wurde aber schnell wieder ernst. Erstens, weil ich ihr noch nicht alles anvertraut hatte, was sie über mich wissen müsste und zweitens, weil mich etwas wunderte. "Findest du das nicht seltsam, dass wir uns nach nich mal zwei Tagen schon so nah sind?"
"Überhaupt nicht. Wenn es passt, dann passt es. Und jetzt geh und hau sie um. Viel Glück."
Damit verabschiedeten wir uns ersteinmal und gingen in verschiedene Richtungen davon. Lia zu ihrer Klasse, weil sie erst im 10. Schuljahr war und ich begab mich zu meinem Biologiekurs der 11. Klasse.
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Telekinese
Teen FictionNatascha, 17, ist eine typische Streberin. Gut in der Schule und bei allen Klassenkameraden unbeliebt. Doch was passiert, wenn sie merkt, dass sie etwas kann, was viele für unmöglich halten? Kann sie es schaffen, vom Außenseiter zum It-Girl zu werde...