Jungkook p.o.v.:Im Gang ist es dunkel, weswegen ich mein Handy rauskrame und die Taschenlampe aktiviere. Zwar kenne ich mich hier natürlich bestens aus, aber ich habe echt kein Bock, auf irgendwelchen Müll oder Ratten oder so zu treten. Weil mein Handy nur noch 30% hat und ich keine Möglichkeit habe, es aufzuladen, stelle ich das Licht auf die dunkelste Einstellung.
„Hier lang", sage ich und gehe nach rechts. Um in Kwons Unterkunft zu gelangen, müssen wir nur geradeaus gehen. Ein leichtes.
„Leute, warum geht ihr normal und nicht leise?", fragt Tae verunsichert und ich spüre eine Hand auf meiner Schulter.
Überrascht von dieser unvorhersehbaren Berührung zucke ich zusammen und verkneife mein Gesicht, was Tae aber Gott sei dank nicht sehen kann. Naja, das Zusammenzucken schon. Er nimmt daraufhin seine Hand wieder weg. Mir fehlt die Nähe. Ich meine, ja, ich habe Angst, ihm weh zu tun und deswegen ist es das beste, Abstand zu wahren, aber das sagt mein blödes Hirn. Mein Herz und mein Bauch schreien danach, mich umzudrehen, jede Vorsicht außer Acht zu lassen, zu ihm zu stürmen und ihn zu küssen. Mich an ihn zu schmiegen und seinen Atem auf meiner Haut zu spüren. Bei dieser Vorstellung mit dem Wissen, dass ich das nicht machen kann, spüre ich Stiche im Herz und im Magen. Ich krümme mich leicht und lege die freie Hand erstmal auf meine Brust und massiere dort kurz, und drücke dann auf meinen Bauch. Meine Gedanken, meine Gefühle, meine Kraft, mein Verstand, alles fusioniert zusammen zu der schlimmsten Folter, die ich je durchlebt habe. Schlimmer als jegliche Höllensauger. Wenn ich in Blutegeln baden müsste und immer mindestens einen auf meiner Haut haben müsste, aber ich mich dafür unter Kontrolle hätte und Tae ohne Angst nahe sein könnte, dann würde ich es mit Freuden machen. Immer und immer wieder.
Leicht beschämt antworte ich ihm: „Ich kenne hier alle und sie kennen mich. Sie können mir nichts anhaben. Jimin kennen sie auch. Und du bist einfach unser Anhängsel. Also alles gut. Nur hör auf, über sowas zu reden." Shit, der letzte Satz ist echt gemein. Warum kann ich nichts richtig machen? Ich gehe weiter.
Ich weiß nicht, wie Tae darauf reagiert. Ich will es auch nicht wissen. Ich halte meinen Kopf nur nach vorne gerichtet.
Wir gehen still den Tunnel entlang. Zweimal springen wir auch über einen kleinen Abwasserkanal, der sich immer neben uns befindet. Ich fokussiere mich darauf, jegliche Codes aus meinem Gedächtnis zu rufen, die möglicherweise die Kombination für den Save sein könnten. Glücklicherweise kommt uns niemand entgegen, aber vor der Tür zu Kwons Büro steht niemand anderes Wache als der Lebensretter von Taehyung höhst persönlich, Lucas.
„Cool bleiben", murre ich. Ob es als Anleitung für mich selbst oder die anderen, beziehungsweise Tae, dient, weiß ich nicht. Ich schalte die Taschenlampe aus und stecke mein Handy wieder ein.
„Oh, hallo, JK", sagt Lucas, als er uns bemerkt. Ich lasse mich zu keiner Antwort nieder. „Jimin." Ein Nicken hinter mir. „Und... warte. Du kommst mir irgendwie bekannt vor."
„Ähm...", setzt Tae an, aber wird glücklicherweise von Jimin unterbrochen. „Er geht mit mir auf eine Schule. Vielleicht hast du ihn mal gesehen, als er mit mir unterwegs war."
„Das glaube ich eher nicht..." Lucas hört sich nicht misstrauisch an, aber verwirrt.
„Ist doch auch egal", presche ich dazwischen, bevor er noch weiter nachdenken kann. „Wir wollen durch." Mein Tonfall ist gebieterisch und lässt keine Widerrede dulden. Ich verfalle wieder in mein Verhalten, bevor ich Tae kennen gelernt habe. Genau das Verhalten, in das ich eigentlich nie wieder verfallen wollte. Das, was ich ändern will.
„Okay." Er tritt einen Schritt zur Seite und öffnet uns die Tür. Nachdem wir in das Büro gegangen sind, folgt uns Lucas und schließt die Tür.
„Geh raus", sage ich mit dem Rücken zu ihm gewandt.
„Nein, das geht nicht. Kwons Befehl."
„Aber mein Befehl lautet: verlass diesen Raum und nimm deinen Posten wieder ein", raune ich zurück. Ich lege Wut in meine Sätze. Jetzt drehe ich meinen Kopf zur Seite, sodass er mein Seitenprofil sehen kann, aber nicht mehr. „Oder willst du, dass der lieben Mutter was passiert? Du weißt wozu ich im Stande bin. Verpiss dich jetzt und sag kein Sterbenswörtchen zu Kwon oder sonst jemandem, verstanden?" Meine Stimme ist so scharf wie ein Messer.
„Verstanden", bestätigt er niedergeschlagen und geht wieder raus. aus dem Augenwinkel kann ich sehen, dass er seinen Kopf gesenkt hält, aber noch flüchtig einen letzten Blick auf Tae wirft.
Die ganze Zeit standen Tae und Jimin wie festgefroren. Ersterem ist Angst ins Gesicht geschrieben, sein Halbbruder und bester Freund ist undurchdringlich.
„Los jetzt." Ich verdrehe die Augen, während ich meine Haare auf ihren Platz schiebe und klinge etwas barsch. Ich will das ganz schnell hinter mich bringen. Dieser Ort, diese Leute, sie schnüren mir die Luft ab, ich fühle mich gefangen und bedrückt. Ich gehe zum großen Gemälde, was ich schon so oft gesehen habe. Ja nicht den Blick zu weit nach oben wenden, die Höllensauger einfach ignorieren. Noch ein Grund, hier schnell abzuhauen. Ich greife unter den Bilderrahmen und schiebe ihn mit Leichtigkeit einhändig hoch und ein großer Tresor wird sichtbar. Er ist der massivste Save, den ich je gesehen habe. Und verdammt gut gesichert.
„Code, Stimmenerkennung, Augennetzerkennung und Fingerabdruckscanner. Da hat jemand aber nicht gespart", murmelt der Älteste verblüfft.
„Und was jetzt? Wir können nicht unbemerkt an den Pass!" Tae wird nervös.
„Chill mal", kommentiere ich. „Wir kommen ran." Ich hole aus und beginne, gegen die Sicherungen zu schlagen.
Jimin stockt der Atem und Tae schreit leicht auf. „Jungkook, das kannst du doch nicht machen! Du wirst dir weh tun! Und das kriegst du doch nie hin! Und sie werden wissen, dass du es warst."
„Ich... weiß...", presse ich zwischen jedem Schlag mit zusammen gebissenen Zähnen hervor. Ich konzentriere mich darauf, meine gesamte Kraft zu bündeln. „Hatte... eh... nicht...vor....zurück-...zu-....kehren."
„Bitte was?! Du hattest vor zu sterben?!" Taes sonst tiefe Stimme wird schriller und schriller, bleibt aber trotzdem auf eine gewisse Weise tief. Eigentlich mag ich ja seine Stimme, aber gerade ist sie echt nervig.
„Nein!" Ich haue weiter und weiter. Irgendwann springt der Tresor auf. Nur ist er jetzt komplett verbeult. Aber das juckt mich nicht. Die Schmerzen in meiner Hand ignoriere ich gekonnt. In Ruhe kann ich ihm nun antworten. Ich drehe mich zum Älteren. „Ich will mich von hier verpissen und nie wieder kommen, nachdem die Welt gerettet ist oder was immer passieren wird, wenn wir verkacken."
„Du denkst, dass wir es nicht schaffen?"
„Yah, Tae! Wir werden es schon schaffen, JK labert nur Mist", mischt sich Jimin genervt ein.
So wie wir vorbereitet sind, glaube ich es eher nicht, aber es ist mir größtenteils auch egal. Alles ist weitaus besser, als hier zu bleiben. Selbst die Hölle, falls es eine gibt. Ich drehe mich zurück und suche nun im ordentlichen Schrank nach meinem Reisepass, der sich schnell finden lässt. Er ist da, zusammen mit meinen anderen Unterlagen wie Geburtsurkunde und so, die er aus dem Waisenhaus hat stehlen lassen. Die stecke ich gleich mit ein. Genauso wie ich alles aus Lucas' Akte nehme. „Gut, hab alles." Ich schließe, soweit es geht, den Save und schiebe das Bild wieder vor. Dann mache ich mich auf den Weg zum Ausgang. Dabei schaue ich doch kurz nach oben und erschaudere.
Dass ich beim Öffnen der Tür diese direkt in Lucas rein ramme, ist mir egal. Naja, eigentlich nicht, aber ich tue so als ob. Insgeheim bin ich ihm wirklich für alles dankbar.
Ihm ist das auch gleichgültig. Sein Blick richtet sich zu Tae. Oh nein. „Ich kenne dich. Ich hab dein Leben gerettet. vor zwei Jahren."
„Wovon redest du?", frage ich scharf, während Taehyung bedrückt seine ausgelaufenen Schuhe mustert.
„Oh, von nichts. Das muss ich wahrscheinlich geträumt haben." Lucas hat seinen Fehler bemerkt, gut.
„Gut." Ich gehe weg. Die beiden anderen folgen mir. „Zwei Leben für ein Leben, merk dir das", sage ich, als wir noch in Hörweite sind.
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Enigma: the tale of bangtan
Fanfiction✅ completed Eine alte Legende, die kaum wer kennt, prophezeit den Weltuntergang und sechs Auserwählte, die ihn verhindern können, vor. Und das sollen ausgerechnet sieben Jugendliche sein. Aber warte - sieben?! Ihr Pfad des Schicksals ist sehr steini...