"Genieße einfach den Moment"

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Ich war überrumpelt. War dies seine persönliche Art einem Streit aus dem Weg zu gehen? Doch ich musse ehrlich zugeben, dass nichts von allem dem mich jetzt störte. Es war mir egal. Meine Hände, die gerade noch schlaff an meinem Körper hingen, wanderten, ohne dass ich jegliche Kontrolle darüber hatte, in seine dunklen Haare. Ich zog leicht an ihnen, strich durch sie und war überrascht, wie weich sie doch waren. Lukes linke Hand wanderte zu meiner Hüfte und drückte mich fester an seinen Körper. Deutlich konnte ich seine harte Brust spüren, sodass ich einfach überwältigt war. Überwältigt von diesem Kuss, überwältigt von meinen Gefühlen, überwältigt von dieser Hingabe und überwältigt von... von Luke. Der Typ, mit dem ich mir so ein Szenario am wenigsten vorstellen konnte. Aber das war einmal. In diesem Moment gab es keine Zweifel daran, was ich tat.

Er packte mich und presste mich so an ihn, dass kein Blatt Papier mehr zwischen uns passen würde. Ja nicht mal die Luft. In diesem Moment waren wir Eins. Die Tatsache, dass ich immer noch klitschnass war, schien ihm nicht das Geringste zu auszumachen. All meine Wut war sofort vergessen. Ich bekam genau das von ihm, was ich bereits lange Zeit wollte, auch wenn ich es mir vorher nicht eingestanden hatte.

Sein Kuss wurde fordernder. Ich spürte, wie seine Zunge gegen meine Lippen presste, was ein sicheres Zeichen für mich war, meinen Mund zu öffnen. Also ließ ich ihm Einlass und wurde von der Kunst seines Kusses eingenommen. Nie hatte ich etwas Schöneres gespürt, als meinen Bauch, der zu explodieren drohte und Lukes Gegenwart, so nah bei mir, wie es nie jemand vor ihm war. Seine geschickte Zunge berührte die meine, warauf mir ein Stöhnen entglitt. Dies war Genugtuung für ihn, sodass er in den Kuss hinein lächelte.

Er löste sich daraufhin von mir, hielt mich allerdings weiterhin fest. Ich zog scharf die Luft ein und musste keuchen, da ich außer Puste war. Erschöpft von dieser Explosion, aber überglücklich ließ ich meinen Kopf auf seiner Brust ruhen. Da er ein gutes Stück größer war als ich, legte er sein Kinn auf meinen Haaransatz und blieb so stehen. Diese Nähe war so vertraut und wunderschön. Wir brauchten keine Worte. Wir standen einfach nur so da, eng aneinander und schweigend. Es war kein unangenehmes Schweigen, doch trotzdem brach ich diese Stille.

"Luke, was war das?", fragte ich ihn immer noch außer Atem, ohne mich auch nur ein Stück zu bewegen.

"Ich konnte das nicht länger ertragen", antwortete er leise.

"Was?", hakte ich nach und schaute nun doch nach Oben in sein Gesicht.

"Dich so zu sehen und mich zurück zu halten", meinte er keuchend.

"Luke, ich.." setzte ich an, doch er legte seinen Finger auf meine Lippen, was mich sofort innehalten ließ.

"Genieße einfach den Moment", sagte er, während er seine Arme um meinen schlanker Körper schlang.

Und ich hörte auf ihn. Ich genoss seine Nähe und seine Wärme. Mit meinem Ohr an seiner Brust, lauschte ich seinem Herzschlag, der deutlich schneller ging. Lag das etwa an mir? Ich war einfach überglücklich.

"Wollen wir wieder nach Unten gehen?", fragte Luke nach einer Weile, in der wir einfach nur in der Mitte meines Zimmers standen.

"Nein", erwiderte ich nur knapp, ließ von ihm ab und ging schnell zu meinem Kleiderschrank, um mir etwas Trockenes rauszusuchen. Danach griff ich nach seiner Hand und zog ihn in die Ecke meines Zimmers, in der mein großes Bett stand. Ich steuerte direkt darauf zu, bis Luke plötzlich stehen blieb.

"Kylie, was hast du vor?", seine wunderschönen Augen suchten die meinen.

"Nicht das, was du jetzt vielleicht denkst. Ich möchte nur den Moment genießen", ich lächelte ihn an, wohl bedacht, seiner Anweisung von vorhin zu folgen und zog erneut an seiner Hand. Diesmal ließ er sich mitziehen.

Ich trat an meine Bettkante, schaute Luke an und ließ mich auf die weiche Matratze fallen. Provozierend drehte ich mich auf die Seite, weg von ihm und wartete, dass er sich zu mir legte. Ich faltete die Hande unter meiner Wange und winkelte die Beine an. Er schien zu zögern, doch das Nachgeben der Matratze unter seinem Gewicht verriet mir, dass er sich an die Kante gesetzt hatte. Plötzlich spürte ich seine Finger an meiner Stirn, mit denen er einige Haarsträhnen weg wischte. Ich öffnete meine Augen und drehte meinen Kopf etwas zur Seite, um zu bemerken, dass er sich über mich gebeugt hatte und mein Gesicht ausgiebig studierte.Ein leichtes Lächeln erschien auf seinen Lippen, doch ich lächelte nicht zurück. Ich war gefesselt von seinem Aussehen, konnte ihn noch nie zuvor so eingehend betrachten.

"Wir haben nicht miteinander geschlafen", sagte Luke ganz plötzlich.

Was?! Wir hatten nicht miteinander geschlafen? Warum bin ich dann damals in seinem Bett aufgewacht und er hatte es behauptet? Meine Augen weiteten sich und mein Kopf wurde wieder so klar, dass mein Verstand an die Oberfläche kroch.

"Was?", fragte ich ihn entgeistert.

"Wir haben damals nicht miteinander geschlafen", wiederholte er seine Aussage mit fester Stimme, ohne den Augenkontakt zu mir abzubrechen.

Ich konnte nicht mehr so liegen bleiben. Meine Arme stützten sich mechanisch vom Bett ab und ich richtete meinen Körper auf, weshalb Luke zurückwich.

"Ich wollte, dass du das weißt", fügte er dann noch hinzu.

Der Schock jetzt zu hören, dass wir in dieser Nacht nicht miteinander geschlafen hatten, war größer, als in Lukes Bett aufzuwachen und mir anzuhören, wie er von dieser Nacht erzählte, ohne dass ich mich auch nur im Geringsten daran erinnern konnte. Doch schlimmer als überhaupt diese Aussage war die Lüge. Diese miese dreckige Lüge, die mich schlaflose Nächte und viel Aufsehen in der Schule gekostet hatte. Ich dachte, ich hätte meine Unschuld betrunken auf einer Party verloren.

"Willst du mich jetzt vollkommen verarschen?!?", fuhr ich hoch und schrie ihn an, "Du willst mir nicht wirklich erzählen, dass du mir das alles nur vorgegaukelt hast?"

"Es tut mir Leid", er wich zurück und stand nun kerzengerade im Zimmer.

"Ich will, dass du jetzt sofort dieses Zimmer verlässt und es ja nicht wagst, es jemals wieder zu betreten!" brüllte ich Luke so laut an, dass das Haus zu beben drohte.

Er gab sich wohl geschlagen und wollte mir Zeit lassen, denn nach meiner Ansage drehte er sich um und verließ, wie befohlen, mein Zimmer.

Ich konnte es nicht fassen. Ich hatte gerade meinen ersten wirklichen Kuss mit einem Typen, der mir wirklich am Herzen lag und dann erzählte er mir, dass er mich so belogen hatte. Ich ließ mich zurück auf mein Bett fallen und weinte. Ich weinte Stunden, denn das alles wollte ich Luke einfach nicht verzeihen. Niemals.

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