Kapitel 7 - Tag der Abrechnung

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An diesem einen Tag wagte es Celosia erstmals wieder, auf den Hügel zu gehen. Doch diesmal war sie nicht von Wehmut erfüllt, sondern verschaffte sich einen Überblick über das Dorf. Es lohnte sich, einen ungefähren Plan zu machen, vor allem, wenn es darum ging, ein Dorf systematisch auszuschalten.
Aber Celosia wusste, worum es dem Teufel ging. Sie war sich ziemlich sicher, dass diesem Dorf bald weitere folgen würden. Und wenn sie erst einmal Theodor vernichtet hatte, würde sie nichts mehr von ihrer Aufgabe abhalten.
Ja, manchmal hasste Celosia ihren Herrscher. Aber es war ihr von Geburt an aufgezwungen wurden, ihm zu dienen. Und es lag in ihrer Natur nicht anders.

Vermutlich würde sie mit diesem Baum hier anfangen. Sie stand auf und fuhr mit ihren Fingern über den alten Stamm. Dort waren sie - die Initialen zweier Liebenden, die nicht mehr existierten. War sie damals glücklich gewesen?
Mit einer schnellen Bewegung ihrer Hand kratzte sie senkrecht über die eingeritzten Buchstaben.
Glück war subjektiv.
Liebe stand einem im Weg.
Liebe machte blind.
Oh ja, sie würde ihre Aufgabe erfüllen. Am heutigen Tage würde dieses Dorf mit all seinen Einwohnern vom Erdboden verschwinden. Es war ihr egal, ob sie nun zukünftig systematisch Dorf für Dorf würde auslöschen müssen. Es war ihr auch egal, ob damit ein bitterer Krieg zwischen Ober- und Unterwelt ausgelöst werden würde.
Im Moment scherte sie sich einen Dreck um irgendetwas. Ihre einzige Bestimmung war es, ihrem Herrscher und der Hölle zu dienen und zu überleben. Das war es immer gewesen.

Celosia verengte die Augen zu schmalen Schlitzen. Heute war ein warmer Tag und es hatte längere Zeit nicht mehr geregnet. Das umliegende Gras war noch immer vertrocknet, doch das kam ihr heute ziemlich gelegen.
Ja, mit diesem Baum würde sie anfangen. Ein wenig tat ihr die Natur leid, die an diesem Tage zugrunde gehen würde, aber sie musste es tun. Und dieser Baum war für sie verflucht.

Noch eine kurze Zeit verweilte die Dämonin auf dem Hügel. Als die Sonne im Zenit stand, hob sie eine Hand und legte diese an den Baum. Mit einem warmen Kribbeln floss die Macht durch ihre Finger und innerhalb kürzester Zeit ging der große Baum der Ewigkeit, wie sie ihn früher einst genannt hatte, in Flammen auf. Langsam nahm sie die Hand weg und schlenderte entspannt den Hügelpfad hinab. Celosia brachte ein verzerrtes, zynisches Lächeln zustande. Nur wenige Häuser im Dorf waren aus Stein, sie waren den Reichen vorbehalten. Die Behausungen der einfachen Bürger waren meistens aus Holz und hatten Reisigdächer.
Sie wusste, was sie tun musste.
Sie musste die Menschen im Dorf einsperren, damit sie sie alle auf einmal grillen konnte. Dafür kam ihr auch schon direkt die passende Idee. Der Baum brannte munter weiter. Sie musste schnell sein, bevor er komplett zerfiel. Also sprang sie in die Luft und verpasste dem Baum einen heftigen Kick, sodass dieser umfiel. Damit steckte er die staubtrockene Wiese sofort in Brand, aber das war jetzt nicht tragisch. Celosia sammelte all ihre Dämonenkraft zusammen und packte den Baum. Das Feuer machte ihr logischerweise nichts aus. Und so bewegte sie sich, den Baum über dem Kopf tragend, in Richtung der Dorfmauer, welche ein großes Holztor besaß. Schwer atmend kam sie dort an. Warum musste sie bloß eine Jungdämonin sein? Sie hievte den Baumstamm vor das riesige Tor. Wenn sie auch dieses in Brand steckte, würde es vielleicht so zusammenfallen, dass es den Ein-und Ausgang verbarrikadierte. Celosia grinste makaber. Soweit sie es wusste, war dies der einzige Weg aus der Stadt. Die größte Arbeit, das Versperren des Fluchtweges, war geschafft. Wie dumm die Menschen doch waren. Warum baute man ein Dorf und schloss sich selbst darin ein? Da war es ja ganz gut, sie alle auszuräuchern, eine Bereicherung für die Welt waren sie ja nun nicht.
Eine Hand auf das Tor legend entzündete sie auch dieses. Helle dämonische Flammen züngelten daran empor. Schon nach kurzer Zeit waren die ersten panischen Rufe aus der Stadt zu hören.
Sehr gut, dachte Celosia. An einem anderen Baum nahe der Mauer kletterte sie diese empor und blieb verborgen hinter einem Haus des Dorfes, das direkt dort stand. Das große Stadttor begann nun, gefährlich zu knarzen. Die Rufe der Menschen hatten sich bald in Schreie verwandelt, da sie das brennende Tor und damit ihre ausweglose Lage erkannten. Siegessicher betrachtete Celosia das lodernde Holz, das nun begann, in sich zusammenzufallen, wie sie es hatte haben wollen. Jetzt musste sie schnell handeln, bevor das ganze zu Asche wurde. Sie begann mit dem hölzernen Haus, hinter dem sie stand, lief dann auf der Mauer weiter und entzündete weitere nahestehende Häuser. Celosia ließ letztendlich eine kleine Feuerwand auf einige der übrigen Holzhäuser niederregnen in der Hoffnung, dass alle anderen Behausungen früher oder später von allein Feuer fangen würden. Auf dem Marktplatz hatte sich jetzt eine recht große Menschentraube gebildet, die in einer allgemeinen Massenpanik hin- und herrannte. Da wurde ihre Aufmerksamkeit auf eine eigenartige Person gelenkt. Ein großgewachsener Mann mit ergrautem Haar und teurem Gewand war vor die Menschenmasse getreten. Die Hände erhebend versuchte er sein Bestes, die Leute zu beruhigen, aber die Schweißperlen auf seiner Stirn verrieten der jungen Dämonin, dass auch er um sein Leben bangte. Sie fühlte sich unglaublich gut. Es lief alles nach Plan.

Out of Hell - Die Geschichte eines uralten DämonsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt