Teil 33 - Datenight

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Hisoka und YN erreichten ihr Ziel, den Mafiapalast.
Der Mafiapalast war das höchste Gebäude von Yorknew City und war kein Palast im eigentlichen Sinne. Es war ein Hochhaus, welches nach dem derzeit größten Geldgeber benannt wurde und das war in den letzten Jahren, wenn nicht Jahrzehnten, immer das Oberhaupt einer Mafiafamilie gewesen. Doch da sich die Mafiabosse jedes Mal selbst überboten und immer größere Geldmengen beisteuerten, wechselte der Name des Wolkenkratzers schneller als das Wetter und so kam es, dass man das Gebäude unter dem landläufigen Namen 'Mafiapalast' kannte.
Nichtsdestoweniger rührte der Vergleich mit einem Palast nicht von ungefähr.

Über einen Aufzug gelangten Hisoka und YN in die zweithöchste Etage, das letzte Stockwerk war nur über eine Treppe erreichbar. Den Grund dafür sollte sie umgehend erfahren. Beim Betreten der obersten Etage wurde YN von der beeindruckenden Bauweise fasziniert.
Die Außenwände bestanden komplett aus Fenstern, vom Boden bis zur runden Kuppel waren rundherum Panoramaglasscheiben in eine Metallkonstruktion eingefasst. Das bedeutete, dass man den Blick über die ganze Stadt genießen konnte und bei klarem Himmel konnte man sogar bis hinter das angrenzende Naturschutzgebiet vor Yorknew City blicken.
YN legte den Kopf in den Nacken und schaute in den Abendhimmel hinauf, bald würden der Sonnenuntergang seine schönsten Farben präsentieren und die ersten Sterne würden um die Wette strahlen.

"Fall nicht hin", stichelte Hisoka, umfasste ihre Hand fester und riss sie aus ihrer Bewunderung der Szenerie.
Wie auf ein Zeichen trat ein eleganter Kellner hervor und verbeugte sich tief. "Guten Abend, Mr. Morrow. Die Dame. Bitte folgen Sie mir."

Hm, 'Kellner' ist irgendwie unpassend, unter seiner Würde. Mit dem schwarzen Frack sieht er aus wie ein Oberkellner oder eher wie ein Butler.

Der Kellner führte sie zu einem Tisch, der mit einer Art Paravent von der offen gestalteten Hauptfläche und den anderen Gästen abgetrennt war und ihnen Privatsphäre bot.
Im Vorbeigehen erhaschte YN einen Blick auf die anderen Gäste, konnte jedoch nicht viel erkennen, da jeder Bereich abgeschottet war. Was sie erkennen konnte, war, dass alle Anwesenden ausnahmslos vornehm gekleidet waren.
Die leise Musik im Hintergrund betonte die exklusive Atmosphäre und sie fragte sich, wie Hisoka an eine Reservierung im Mafiapalast gekommen war.
YN nahm Platz, ihr Liebster setzte sich ihr gegenüber und bestellte eine Flasche Wein.

Erst jetzt hatte sie die Gelegenheit, Hisoka genauer zu mustern. Sein Anzug betonte seine sportliche Statur und das Schwarz ließ seine bernsteinfarbenen Augen verheißungsvoll strahlen.
YN hatte den Eindruck, ihre Augen konnten durch den Stoff seine Muskeln erkennen, die brettharten Bauch- und Oberarmmuskeln brannten sich in ihre Vorstellung ein. Die pinken Haare waren leicht zerzaust und fielen ihm ins Gesicht, unter den Strähnen blickte er sie vielsagend an, während er die Speisekarte studierte.
YN konnte sich überhaupt nicht darauf konzentrieren, was sie bestellen sollte. Sie registrierte abwesend, wie Hisoka seinen Stuhl zurecht rückte.

"Du siehst wunderschön aus, YN." Wieder einmal holte er sie in die Gegenwart zurück, dabei fuhr er mit seinem Bein behutsam ihre Wade entlang. Augenblicklich errötete sie und sah sich verstohlen um, ob jemand bemerkte, wie Hisoka offensiv füßelte.

"Na na, auf einmal so schüchtern?" Er stützte sein Kinn auf seiner Handfläche ab und grinste sie an. Lasziv leckte er sich über die Lippen. "Hast du schon gewählt?"
Erst jetzt fielen ihr seine Manschettenknöpfe auf. Sie nahm sein Handgelenk und begutachtete sie genauer. Es war eine Spielkarte, die ein Herzass darstellte.
Unbemerkt und lautlos hatte sich der Kellner ihnen genähert, denn er stand auf einmal neben YN, die vor Schreck zusammenzuckte. "Die Dame möge entschuldigen, dass ich sie erschreckt habe." Er verbeugt sich förmlich und schenkte ihnen einen Roséwein ein. "Darf ich Ihre Bestellung aufnehmen oder benötigen Sie noch einen Moment?"

"Lassen wir der Dame noch einen Augenblick", säuselte Hisoka verführerisch und tippte vorsichtig YNs Knie unterm Tisch an. Der Oberkellner verschwand geräuschlos, was YN noch mehr unter Druck setzte, endlich etwas auszuwählen. Hektisch überflog sie die Speisekarte, fand jedoch nichts, was ihr auf den ersten Blick zusagte, zumal sie mit einigen Namen der Gerichte nichts anzufangen wusste.

"Warum weiß gefühlt jeder in der Stadt, wie du heißt? Dass die Mitarbeiter der Himmelsarena dich kennen, kann ich noch nachvollziehen. Aber die Dame in dem Geschäft, der Kellner...?"

Er hob schmunzelnd eine Augenbrauen, ohne zu antworten.

Das liebe ich an ihm. Seine geheimnisvolle Art, die er ausstrahlt, macht mich ganz verrückt nach ihm.

Kapitulierend sah sie auf, legte die Karte weg und bemerkte, wie Hisoka sie schelmisch angrinste. "Wenn ich dir jetzt sage, dass ich bereits alles durchgeplant habe und Gérard", er zeigte auf den Kellner, "mitspielt, bekomme ich dann großen Ärger?" Seine Augen blitzten auf.

Entsetzt klappte YN der Mund auf. "Du Blödmann!", zischte sie und schlug ihm spielerisch auf den Oberarm. Gerade in diesem Moment merkte sie, wie nah Hisoka mit seinem Stuhl zu ihr gerückt war. Ohne Vorwarnung legte er eine Hand auf ihr Knie und glitt unter ihren Rock.

"Hisoka!", schrie sie erstickt und lief hochrot an. Das Blut floss pulsierend durch ihre Ohren, sodass sie das Rauschen deutlich hören konnte.

Was ist, wenn das jemand bemerkt? Oh Gott, der Kellner kommt auf uns zu. Hisoka!

Ihr Liebster nickte Gérard zu, welcher auf dem Absatz kehrt machte. Hisoka lehnte sich zu ihr herüber und küsste sie - mehr oder weniger. Seine Lippen berührten kaum ihre, es war mehr sein Atem, der ihren Mund kitzelte. Kurz vor der entscheidenden Berührung stoppte er seine Bewegung und lehnte sich lässig zurück. "Erinnerst du dich noch daran? Je länger man es hinauszögert, desto köstlicher und süßer ist das Dessert", zitierte er sich selbst.

In YN kam freudige Unruhe auf. Die Tatsache, dass er sie so dermaßen auf die Folter spannte, erregte sie und sie fragte sich, wohin der Abend noch führen würde.

Gérard kam mit zwei Tellern an und servierte ihnen einen Sommersalat mit in Kräuterbutter geschwenkten Garnelen, garniert mit frischen Granatapfelkernen.
Als Hauptspeise gab es Spaghetti mit einer leicht scharfen Sauce von frischen und getrockneten Tomaten, kross gebratenen Speckstückchen, mit Parmesan bestreut und einen Basilikumblättchen dekoriert.
Sowohl die Vorspeise als auch der Hauptgang schmeckten köstlich, es war das beste Essen, was YN gegessen hatte.

"Mr. Morrow, ist bisher alles zu Ihrer Zufriedenheit gewesen?"
Hisoka nickte und der Kellner entfernte sich, nachdem er die Teller geschickt auf seinem Unterarm drapiert hatte.

Zwischenzeitlich war die Sonne fast vollständig untergegangen und tauchte den Himmel in ein prächtiges Wasserfarbengemälde und die Glaskuppel gab einen uneingeschränkten Blick auf die ersten Sterne frei. Verträumt starrte YN in das tiefe Blau und lächelte.

Dieser Abend ist einfach nur schön. Die Zeit mit Hisoka, die Aussicht, das Essen...

Gérard eilte geschickt zwischen den Tischen herbei und servierte das Dessert: Zweierlei Mousse au chocolat. Eine dunkle, luftig leichte Mousse, verziert mit Himbeeren und Schokoraspeln und eine weiße, locker aufgeschlagene Mousse an Erdbeerpürre, mit einem Hauch Minze verfeinert.

Hisoka nahm sich einen Löffel, stach die dunkle Mousse an und führte sich den Löffel an die Lippen; dabei fixierte er YN mit seinen intensiv leuchtenden Augen. Sein herausfordernder Ausdruck entfachte eine kitzelnde Wärme, die sich in ihrem Körper ausbreitete.
"Ich habe heute Abend noch etwas mit dir vor, YN." Wiederholt platzierte er seine Hand auf ihrem Oberschenkel, seine Finger wanderten an ihm hoch. Am liebsten hätte sie ihre Emotionen herausgelassen, wusste jedoch, dass das im Restaurant ein denkbar ungünstiger Zeitpunkt war.

Gleichzeitig wollte sie es ihm heimzahlen, wie sehr er sie schmoren ließ. Um sich ein wenig zu rächen, überschlug sie ihre Beine und streckte die Fußspitze, die in der Luft hing, aus. Dabei drehte sie sich zu Hisoka und suchte seinen inneren Oberschenkel. Sobald sie auf Widerstand traf, fuhr sie daran entlang, bis sie gefährlich nahe zwischen seinen Beinen angelangt war.
Hisoka erschrak und zuckte kaum merklich zusammen, aber doch so sehr, dass er mit dem Knie an die Tischplatte stieß, was die Weingläser ins Wanken brachte.

YN kicherte. "Mr. Morrow, also bitte." Sie leckte anrüchig die Mousse von ihrem Löffel und zwinkerte ihm zu.

"Ich denke, ich muss die Sache hier beschleunigen", flüsterte er sinnlich, "aber nun kommen wir zu der eigentlichen Überraschung..."

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