Milzruptur

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8 Wochen später...

Charlottes Sicht:
Heute hatte ich Spätschicht und Frederik Frühschicht. Das bedeutet, dass ich gleich Malia zur Krippe bringe und sie auch dafür fertig mache. Sie wird dann später von Frederik abgeholt. Das hat sich alles ganz gut eingependelt und ich hoffe, dass das mit Baby Nummer 2 auch so gut klappt.
Ich genieße es immer sehr, wenn ich den Morgen mit Malia zusammen verbringen kann und nutze die Bringzeit immer komplett aus. Danach fuhr ich nochmal nach Hause und machte noch etwas im Haushalt. Gegen 13 Uhr fuhr ich dann auch schon los zur Klinik und freute mich auf einen ruhigen Arbeitstag. Meine Schicht verbrachte ich jedoch in der Notaufnahme, wodurch man ruhig auch wieder ausschließen konnte.
Es dauerte nicht lange als ein Patient nach VU von Notärztin Dr. Debbie Fischer eingeliefert wurde. Der Patient hat von ihr etwas zur Beruhigung bekommen, weshalb er noch friedlich schlief. Nach der Übergabe waren Linda, Amelie und ich alleine mit dem Patienten. Wir legten ihm einen Zugang und hängten eine Infusion mit Volumen an, damit er auch genug Flüssigkeit bekommt. Anschließend ordnete ich für den Patienten eine Traumaspirale an um schlimmere Verletzungen auszuschließen. Zum Unfallhergang wussten wir nämlich nichts, da es keine Zeugen gab und der Melder den Unfall selbst nicht mitbekommen hatte. Als der Patient dann wieder in den Schockraum geschoben wurde kam er langsam wieder zu sich.
„Hallo, Charlotte Seehauser mein Name, ich bin hier die diensthabende Ärztin. Können Sie mir ihren Namen sagen?"
„Ich sage gar nichts!", sagte er sehr eindrücklich.
„Können Sie sich an den Unfall erinnern.?", fragte ich.
„Ich sage gar nichts!", wiederholte er.
„Sie müssen schon ein wenig mit uns kooperieren, sonst können wir Ihnen nicht helfen."
„Ich sage gar nichts!", fing er nun mehrmals an zu schreien.
„Beruhigen Sie sich bitte. Das ist eine Notaufnahme, Sie können hier nicht so schreien.", sagte ich. Er sprang auf und riss sich den Zugang raus. Wir wollten ihn wieder auf die Liege setzen, doch dabei begann er um sich zu schlagen und traf mich im Bauch. Das riss mich komplett aus der Bahn und ich nahm gar nicht mehr wahr was um mich herum passierte. Ich hatte in diesem Moment einfach nur Angst um mein Baby. Die Mädels riefen die Polizei und danach Frederik, der eigentlich gerade auf dem Weg zur Krippe war. Er holte Malia schnell ab und kam sofort in die Klinik. Sie stützten mich auf die Liege und wollten Birgit dazuholen. Ich konnte doch nicht sagen, dass ich schwanger bin. Darum bestand ich darauf, dass ich von Johanna behandelt werden möchte. Birgit akzeptierte das und nahm es mir zum Glück auch nicht übel. Die anderen gingen raus. Es dauerte nicht lange, da waren Frederik und Malia da.
„Schatz, ich habe Angst.", sagte ich. Ich würde es einfach nicht verkraften wenn dem Baby etwas passiert.
„Charlotte, ich mache jetzt als erstes ein Ultraschall und dabei gucken wir dann was mit eurem Baby ist.", sagte Johanna.
„Es wird alles gut.", sagte Frederik. Ich sah aber, dass ihm die Angst ins Gesicht geschrieben war. Das kann er mir nicht verheimlichen, aber es ist lieb, dass er versucht mich zu beruhigen.
„Charlotte, du hast anscheinend eine Milzruptur, du musst sofort in den OP", sagte Johanna und wischte das Gel von meinem Bauch.
„Aber das Baby...", sagte ich und fing an zu weinen.
„Du bist jetzt erstmal wichtiger.", sagte sie.
Ja... den Satz sage ich selber so oft. Jedoch hätte ich niemals gedacht, dass sich das so schlimm anfühlen würde. Was ist, wenn mein Baby nicht überlebt. Das verkrafte ich nicht. Sie schoben mich sofort in den OP. Die Aufklärungsgespräche sparten wir uns, als Anästhesistin weiß ich wie beides abläuft. Narkosen habe ich schon hunderte gemacht und da waren viele Milzrupturen dabei. Die Narkosebei mir machte Dr. Oliver Dreier.
„Oliver, tuh mir einen Gefallen und passt gut auf mein Baby auf.", sagte ich und hatte noch immer Tränen in den Augen.
„Wir passen auf euch beide auf."
Dann lag ich schon in Narkose.

Olivers Sicht:
Charlotte, die arme. Sie war so nervös wegen dem Baby. Aber warum hat sie niemandem etwas von ihrer Schwangerschaft erzählt. Naja... das ist erstmal Nebensache. Gemeinsam mit Dr. Silvia Sommerfeld und Dr. Johanna Krämer operierten wir dann unsere Kollegin. Das ist immer eine sehr blöde Situation, wenn man die Person auf dem OP- Tisch kennt. Wir überwachten wie bei jeder OP alle Werte und auch die Werte des Kindes. Letztere wurden auf einmal schlechter.
„Beeil dich... das Baby", sagte Johanna.
„Ich bin gleich fertig", sagte Silvia.
Die Werte wurde immer kritischer. Panik kam in uns allen auf. Wir haben Charlotte versprochen auf das Baby aufzupassen. Leider wurden die Werte so schlecht, dass wir das Baby mit einem Alter von gerade einmal 10 Wochen nicht retten konnten. Aber wir mussten erst die Milzruptur versorgen, sonst hätten wir beide verloren und die Mutter geht halt leider vor. Das ist schlimm, nicht nur für sie, sondern auch für uns. Wir entnahmen das Baby aus ihrem Bauch und beendeten die OP. Charlotte kommt jetzt auf die Intensivstation.

Johannas Sicht:
Es tut mir in der Seele weh Charlotte und Frederik gleich sagen zu müssen, dass ihr Baby es leider nicht geschafft hat. Das ist leider die undankbarste Aufgabe im Gesundheitswesen und fällt mir jedes Mal schwer. Diesmal doch besonders, weil es sich hier nicht um irgendeine Frau handelt, sondern um meine Kollegin und Freundin Charlotte.
Nach der OP wartete da schon Frederik mit der kleinen Maus.
„Wie ist die OP verlaufen?", fragte er.
„Frederik setz dich bitte."
„Was ist los?"
„Charlotte kommt jetzt auf die ITS, mit ihr ist soweit alles okay."
„Aber....?"
„Die Werte des Babys wurden immer kritischer, irgendwann so schlecht, dass wir es nicht halten konnten. Es tut mir sehr leid, aber du weißt wie das ist... die Mutter geht immer vor."
Ich sah, wie Frederik einige Tränen in die Augen schossen.
„Du kannst zu ihr. Ich kann solange auf Malia aufpassen."
Ohne etwas zu sagen ging er zu Charlotte.

Freddys Sicht:
Das Baby hat es nicht geschafft. Ich hoffte, dass es ein Alpraum war und ich gleich aufwachen würde, doch ich tat es nicht. Charlotte liegt nun auf er Intensivstaion, ist aber soweit stabil. Wenigstens etwas. Wie würde sie es aufnehmen? Ich bin gerade so überfortdert mit der Situation. Lange saß ich an ihrem Bett. Irgendwann wurde sie langsam wach. Sie war sehr geschwächt.
„Frederik Schatz, wo ist Malia?", fragte sie mich leise.
„Sie ist bei Johanna.". Ich stand noch so unter Schock, dass ich nicht die passenden Worte fand um es ihr zu sagen.
„Hast du Schmerzen?", fragte ich. Sie nickte.
„Du, Charlotte... Johanna hat eben mit mir gesprochen... Es ist so...", sagte ich und konnte nicht weiter reden.
„Was?", fragte sie und sah sehr geschockt aus.
„Unser Baby... es hat die OP nicht überlebt."
In diesem Moment fing sie an zu weinen. Ihre Atmung wurde schneller und ihr Blutdruck schoss in die Höhe. Sie wurde tachykard. Ich rief sofort nach Hilfe. Ich sollte daraufhin das Zimmer verlassen und nach Hause fahren. Das war wohl eindeutig zu viel.

Die Geschichte von Team EngelhauserWo Geschichten leben. Entdecke jetzt