Teil 34 - Überraschung

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Das Herz schlug ihr bis zum Hals, der Moment, auf den sie so lange gewartet hatte, war endlich gekommen. Nun würde Hisoka sein Geheimnis lüften. In der selben Sekunde, in der sie realisierte, dass es so weit war, wurde YN nervös. Womit könnte er sie überraschen wollen?

Eigentlich besteht nur die Möglichkeit, dass er...

Hisoka lächelte geduldig. "Ich sehe dir an, dass du dir deinen hübschen Kopf zerbrichst." Er griff nach ihrer Hand und drückte sie sanft. "Ich könnte dir den ganzen Tag dabei zusehen."
Er ließ sie los und tastete nach der Innentasche seines Sakkos. YN kamen diese Millisekunden unendlich lang vor; wenn sie angefixt war, dann war sie direkt Feuer und Flamme - ohne Kompromisse.
Zum Vorschein kam ein kleines schwarzes Kästchen, welches mit einem samtigen Stoff überzogen war. Er stellt es vor ihr hin und schwieg.

"Darf ich es öffnen?" Sie konnte die Aufregung in ihrer Stimme nicht verbergen, denn sie versagte ihr. Ihr Liebster biss sich nervös in die Unterlippe und kratzte sich den Hinterkopf, nickte dann aber zustimmend.

YN atmete tief durch, nahm das Kästchen in die Hand und hob vorsichtig den Deckel hoch. Darin lag auf hellem Stoff eingebettet eine schwarze Karte. Zumindest hielt YN es für eine Karte, denn sie hatte keine Ahnung, was es damit auf sich hatte. Zögernd nahm sie sie aus der Einfassung heraus und betrachtete den Gegenstand prüfend. "Hisoka, was ist das?", fragte sie unsicher. Sie wollte nicht undankbar erscheinen, weil sie sie Überraschung nicht zu würdigen wusste, aber wie denn auch, wenn sie nicht erkannte, worum es sich handelte.

Bevor er antwortete, zögerte er. YN bemerkte, dass er nur schwer mit der Sprache heraus rückte, doch es war zu spät: Sie hatte seine Überraschung erhalten und es gab keine Möglichkeit, sich noch irgendwie herauszuwinden.

"Mir ist in letzter Zeit etwas klar geworden", begann er, "damals - als Kind - war ich ganz alleine. Es hat mich nicht gestört, nur so bin ich zu dem geworden, der ich heute bin." Er schluckte und legte eine bedeutungsvolle Pause ein.
YN legte den Kopf zur Seite, sie war verwirrt, er sprach in Rätseln. Worauf wollte er hinaus?

"Lange Rede, kurzer Sinn - Ich hatte nie ein richtiges Zuhause." Hisoka lächelte, als wäre er erleichtert, dass er eine schwere Last abgelegt hätte, die ihm seit Langem auf dem Herzen lag. Er nahm die Hand seiner Liebsten und drückte sie sanft. "Als Hunter bin ich immer unterwegs gewesen, es gab nie etwas, was mich lange an einem Ort gehalten hat und die Himmelsarena ist, wie soll ich sagen, eine Übergangslösung." Er machte erneut eine Pause. In YNs Brust hämmerte das Herz gegen ihre Rippen, denn sie wusste nicht, was sie sagen sollte. Die Luft in ihrer Lunge wurde zu einem Vakuum, sie konnte kaum atmen.

"Diese Karte ist ein Schlüssel, ich habe..." Hisoka geriet zum ersten Mal in seinem Leben ins Stottern. Instinktiv hatte er das Bedürfnis seinen Blick abzuwenden, doch er wehrte sich dagegen. Es war ihm ernst. "Das ist der Schlüssel zu einer Wohnung - zu unserer Wohnung."
Erwartungsvoll lächelte er YN an, die sich seitdem kein Bisschen gerührt hatte.

Stille.

"Jetzt sag schon was, mein Plan sieht eine andere Reaktion vor. Habe ich mich etwa verkalkuliert?" Er versuchte, seine Unsicherheit zu überspielen, indem er über die Tischdecke strich und kicherte. Seine Hand suchte ihre.

Oh. Mein. Gott.

Um die unerträgliche Stille zu durchbrechen, fing er erneut an zu reden: "Du musst zugeben, dass es äußerst praktisch wäre, wenn wir zusammen wohnen würden. Es wäre deutlich günstiger und du müsstest nicht ständig Sachen aus deiner Wohnung holen. Wir hätten mehr Zeit für... " Sein Tonfall wurde nüchterner, denn er versuchte, sie mit logischen Argumenten zu ködern. Dass sie stoisch schwieg, störte ihn.

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