Es war früh am Morgen, als YN mit kitzelnden Küssen geweckt wurde. Die Sonne war noch nicht aufgegangen, doch die Vögel zwitscherten bereits aus vollem Halse und in der Nähe hörte sie, wie ein Bus hupte.
Sie lag auf dem Bauch, den Kopf zur Seite gedreht, die Arme unter dem Kissen vergraben und die Lider zu schwer, um sie zu heben.Hisoka massierte mit geübten Händen ihren nackten Rücken und hielt an ihrer Schulter inne; er hauchte einen warmen Kuss auf ihre Wirbelsäule. "Wir müssen aufstehen und uns auf den Weg machen."
Sie nuschelte einige undeutliche Worte und vergrub das Gesicht tiefer in ihr Kissen. Hisoka lächelte bei dieser Antwort und umarmte YN fest."Ich will noch nicht aufstehen", wiederholte sie jammernd.
"Ich auch nicht, mein Schatz, aber es muss sein. Es sei denn du möchtest von den Handwerkern begrüßt werden", präzisierte er seine Aussage.
Wie auf Kommando sprang YN auf und saß plötzlich hellwach und kerzengerade im Bett. Ohne eine weitere Frage zu stellen, wollte sie sich schon anziehen und aus der Wohnung stürmen.
"Eine knappe Stunde haben wir noch, bevor jemand kommt", beruhigte er sie und lachte. Er hätte nicht gedacht, dass seine Worte sie dermaßen aufschrecken lassen würden und um sie noch ein wenig zu ärgern, zog er sie zurück ins Bett und küsste sie von Neuem.
"Hisoka, ich bin mir sicher, dass du nichts dagegen hättest, die Tür nackt aufzumachen, ich aber schon." Erfolglos versuchte sie sich, aus seiner Umarmung zu befreien, er war jedoch deutlich stärker und riss sie immer wieder herunter. Als er sie letztendlich frei ließ, wollte sie geradewegs ins Bad stürmen, bis sie feststellte, dass sie gar nicht wusste, wo sich das Badezimmer befand.
Gestern Nacht waren sie wie zwei wilde Tiere in das Appartement und direkt ins Schlafzimmer gestürmt. YN hatte weder die Gelegenheit noch die Zeit gehabt, sich ihre gemeinsame Wohnung anzusehen, da sie anderweitig beschäftigt gewesen waren.
Unsere gemeinsame Wohnung... Das ist wirklich die schönste Überraschung, die er mir hätte machen können.
YN musste sich eingestehen, dass sie mit so etwas in der Art gerechnet hatte. Sie war sich von vornherein sicher, dass es keine Überraschung war, bei der es etwa um die Einladung auf ein Eis ging oder die Tatsache, dass er die Spülmaschine nach Monaten repariert hatte. Es musste etwas Größeres sein.
Und weil sie es geahnt hatte, wollte sie es doch nicht wahr haben, denn sie konnte es vor sich selbst nicht zugeben, dass sie genau das gewollt hatte. Wäre es dann nicht so gekommen, wäre sie schließlich grundlos enttäuscht gewesen. Niemand war dafür verantwortlich oder trug sogar die Schuld, wenn sie sich im Vorfeld bereits die verrücktesten Möglichkeiten erträumte. Schließlich machte man schlimmstenfalls die Mühe des Anderen zunichte und sich selbst die Überraschung zunichte.Sie zwang sich, die Gedanken beiseite zu schieben und wurde daraufhin von Hisoka aus dem Schlafzimmer in ein großes, anliegendes Tageslichtbad geführt. Voller Stolz und mit einem mehrdeutigen Gesichtsausdruck zeigte er ihr die frei stehende Badewanne, die zusätzlich zur Dusche vorhanden war. Zufrieden, dass alles nach Plan verlaufen war, präsentierte er ihr den Rest der Wohnung.
Der nächste interessante Raum war das geräumige Wohnzimmer, worin ein großzügiger Essbereich integriert war. In der Mitte des Zimmers befand sich ein Ofen, der wie eine Art Raumtrenner zwischen den beiden Bereichen fungierte. Unwillkürlich schossen YN Bilder von ihnen auf dem Sofa sitzend in der Kopf. Wenn es dann irgendwann einmal kälter werden würde, freute sie sich schon darauf, mit Hisoka vor dem Ofen zu kuscheln. Bei dem Gedanken schossen ihre Mundwinkel unkontrolliert in die Höhe und in ihrer Magengegend begann es zu kribbeln.Überrascht stellte sie fest, dass man vom Wohnzimmer aus auf eine große Dachterrasse gelangte, die einen - wenn auch nicht vergleichbar mit der Himmelsarena - atemberaubenden Blick über Yorknew City bot.
"Eine wirklich hübsche Wohnung", bemerkte sie zufrieden, was Hisoka ein seltenes, glückliches Lächeln entlockte. Er schloss YN in eine lange Umarmung und sie verweilten für einen ewig andauernden Augenblick.
"Das ist mein erstes richtiges Zuhause." Seine Worte verströmten eine plötzliche Wärme in ihr und an ihrem Schlüsselbein spürte sie seinen Herzschlag, der ihr verriet, wie er wirklich empfand. "Mit dir wird das hier zu einem Zuhause." Er löste sich von ihr und drückte ihr einen Kuss auf die Stirn.
Als nächstes zeigte Hisoka ihr, dass er sogar daran gedacht hatte, Zahnbürsten sowie Wechselwäsche mitzunehmen und YN staunte nicht schlecht.
Die Frage ist nur, hat er wirklich daran gedacht oder hat die gute Agatha ihm dabei geholfen? Aber eine interessante Auswahl, die er da getroffen hat.
Für YN und sich hatte er jeweils ein graues T-Shirt ausgewählt, eine knappe Jeansshorts für sie, eine lange Hose für ihn.
Zügig machten sie sich fertig, um einer Begegnung mit den Handwerkern aus dem Wege zu gehen und verließen die Wohnung, um zu frühstücken.Direkt vor der Haustür gab es viele kleine Läden und einige Restaurants und da es am Vormittag noch nicht erdrückend heiß war, setzten sie sich nach draußen auf eine Bank, nachdem sie sich Croissants und Kaffee geholt hatten.
"Sag mal, wie hoch ist eigentlich die Miete?" YNs Frage hatte einen ganz bestimmten Hintergrund: Ihre große Freude über das Zusammenziehen wurde nur von dem Thema 'Geld' gedämpft. Bei der Lage und dem modernen Zustand der Wohnung konnte sie sich nicht vorstellen, dass die Kosten sich im Rahmen halten würden.
"Welche Miete? Ich habe sie gekauft", sagte Hisoka unverblümt und biss in das Croissant.
"Gekauft? Spinnst du?!" Sie konnte ihre Ungläubigkeit nicht unterdrücken und verschluckte sich fast an ihrem Kaffee. Zur Antwort bekam sie nur einen fragenden Blick zugeworfen; seelenruhig zuckte ihr Liebster mit den Schultern.
Wie konnte er sich die Wohnung leisten? Verdient er als Hunter etwa so viel? Warum musste er sie direkt kaufen?
"Ich habe sie gekauft, weil ich es so wollte und nein", er unterbrach sie, bevor sie protestieren konnte, "ich will nicht darüber diskutieren." Er stellte seinen Kaffeebecher ab und nahm ihre Hand. Behutsam kreiste sein Daumen zwischen ihren Fingern. "Die Sache ist ganz einfach, wenn ich etwas will, dann nehme ich es mir." Sein Blick wanderte zu YN, die seinen Blick erwiderte und leicht errötete.
Ein schlechtes Gewissen überkam sie trotzdem; dass er die Wohnung gekauft hatte, bedeutete, dass sie dort auf seine Kosten leben würde, doch damit wollte sie sich nicht abfinden. Aber das Gespräch musste sie auf einen anderen Zeitpunkt vertagen.Eine Frage brannte ihr jedoch noch auf der Seele: "Hisoka, wie bist du als alleinstehender Mann an so eine große Wohnung gekommen?" Sie wusste, dass der Wohnraum in Großstädten rar war, besonders in Yorknew City war der Wohnungsmarkt heiß umkämpft und man konnte von Glück reden, wenn man ein bezahlbares Appartement finden konnte. Die größeren Wohnungen wurden überwiegend an Familien mit Kindern verkauft, das war gang und gäbe.
Ob er von seiner Stellung Gebrauch gemacht hat? Vielleicht kennt er auch die richtigen Leute. Aber er wird doch niemanden bestochen oder bedroht haben?
Hisoka wartete, bis sie mit ihrem Gedankenwirrwarr fertig war; ungeniert grinste er ihr frech zu. "Wieso denn alleinstehend? Ich habe einfach gesagt, dass ich mit meiner Frau hier einziehen möchte. Guck mal auf deine Karte."
Ihr Herzschlag kam bei seinen Worten aus dem Rhythmus. Sie glaubte für einen Moment, dass sie sich verhört hatte und war froh, dass sie genau zu dem Zeitpunkt nicht an ihrem Kaffee genippt hatte; andernfalls hätte sie sich gnadenlos verschluckt.
Sie zwang sich - so gelassen wie möglich - die schwarze Karte aus der Hosentasche zu ziehen. Bei Tageslicht erkannte sie, dass etwas auf ihr eingraviert war. Um es besser entziffern zu können, kippte sie die Karte ein wenig und hielt sie schräg gegen das Sonnenlicht, als ihr bewusst wurde, dass Hisoka die Wahrheit gesagt hatte.
In geschwungenen, feinen Lettern las sie:
"Mr. & Mrs. Morrow"
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Gelegenheit macht Liebe
FanfictionFanfiction in Arbeit. Hisoka × Reader Du führst ein völlig normales Leben - fast schon ein langweiliges. Bis plötzlich Hisoka in dein Leben tritt und einiges durcheinander bringt. Es beginnt ganz harmlos, aber früher oder später könnt ihr nicht me...