7. Kapitel

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Einen Herzschlag lang stand Klippenfall wie erstarrt da, dachte angestrengt nach. Über ihm rauschten die Baumkronen des Waldes in einer kalten Briese, die die herannahende Blattleere anzukündigen schien. Doch hier im Halbdunkel zwischen den auf den Boden herabhängenden Ästen der Fichte am Rande der Lichtung herrschte Windstille. Ein perfekter Ort für einen Bau. Das mussten auch die inzwischen wieder verschwundenen Katzen erkannt haben, deren Geruch hier noch immer am Erdboden haftete. Ein Geruch, den Klippenfall sofort erkannt hatte…

Zuvor hatte er angenommen, Fremde hätten hier ein Lager errichtet, doch nun wusste er, von wem die Trampelpfade im Gras hinter ihm stammten. Es war der Stamm der finsteren Wolken! Deshalb sind Blue und Cloud auch sofort davon ausgegangen, dass Gefahr droht, als sie dieses Lager hier entdeckt haben. Aber was sucht der Stamm hier?
Nur zu gut erinnerte sich der junge Krieger an sein letztes Zusammentreffen mit den Stammeskatzen. Das war bei dem Kampf gewesen, in dem Flamme Rankesees Bruder Sam getötet hatte. Der Stamm hatte gegen die Streunerbande, den jetzigen BlattClan, um die Jagdgründe in den Bergen gekämpft und schließlich gesiegt. Was wohl geschehen sein mochte, dass er ihr Zuhause verlassen hatte? Und was hatte er nun vor?

Auf einmal fiel Klippenfall ein weiteres Detail auf. Wolfsfeuer und er waren während der letzten Sonnenaufgänge verfolgt worden. Möglicherweise hatte sie ja Stammeskatze beobachtet. Doch weshalb sollte sie es so aussehen lassen, als wäre sie mit uns unterwegs gewesen?

»Was ist denn los?« Blitz‘ Stimme riss Klippenfall aus seinen Gedanken. Die Kätzin war in den Bau getreten und betrachtete ihn ratlos.

»Sie haben Territorium gestohlen! Wegen ihnen konnten wir den Auftrag des SternenClans nicht erfüllen. Oder vielleicht auch doch, ich weiß es nicht. Sam ist ja gestorben, nachdem wir ihn endlich gefunden haben«, miaute Hagelsturm, während sie vor dem Bau hin und her tappte. »Und ihr Anführer hat Hummeln im Hirn, das kannst du mir glauben. Die seltsamste Katze die ich je getroffen habe.«

Klippenfall schüttelte den Kopf. Wie schafft Hagelsturm es nur, solch banale Situationen so verwirrend zu erzählen, dass selbst eine Prophezeiung des SternenClans leichter zu verstehen ist? 

Zu Klippenfalls Erstaunen schien Blitz‘ Verwirrung sich in Grenzen zu halten. »Ihr solltet also einen Sam finden und der ist dann durch die Pfoten des Stammes gestorben?«, schlussfolgerte sie.

Hagelsturm öffnete bereits ihr Maul, um etwas zu erwidern, doch Klippenfall kam ihr zuvor, erzählte von Storms Auftrag, Rankensees Bruder zu finden, davon, wie sie ihn schließlich bei den Streunern getroffen hatten, wie der Stamm die Streuner aus ihrer Heimat vertrieben hatte und wie Flamme dabei Sam getötet hatte. Währenddessen wurde Blitz‘ Blick zunehmend düsterer und als er bei dem Teil mit der Schlacht angelangt war, hatte sie ihren Pelz gesträubt.

»Diese Stammeskatzen mögen nicht alle schlecht sein«, miaute sie, als Klippenfall schließlich geendet hatte, »aber es sieht tatsächlich nicht gut aus für eure Clans, wenn sie dorthin unterwegs sind.«

***

»Wartet!«
Klippenfall seufzte, blieb stehen und sah über die Schulter zurück. Er hatte gedacht, die Sache mit Blue und Cloud hätte sich erledigt, doch dieser eine Ruf hatte ihn soeben eines Besseren belehrt.

Nachdem er eben Blitz die ganze Situation erklärt hatte, hatten sich die drei Katzen sofort auf den Rückweg gemacht. Zwar würde der Stamm es schwer haben, die Clans zu vertreiben, so wie er es bei der Streunerbande getan hatte, doch man konnte ja nie wissen. Bevor Klippenfall nicht herausgefunden hatte, was Weide und seine Anhänger hier zu suchen hatten, würde er lieber vorsichtig und wachsam bleiben. Ein Grund mehr, so schnell wie möglich nachhause zurückzukehren.

Verworrene Pfade ~ Finstere Sterne // Band 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt