Kapitel 9 - Des Teufel's Angebot

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Das war absolut nicht gut. Egal was Celosia nun bevorstand, ihr Gefühl sagte ihr, dass sie darüber nicht erfreut sein würde.
Es konnte doch nur überaus Schlechtes bedeuten, wenn der Teufel sie nach über 500 Jahren zu sich bat.
Gut, bitten ist definitiv das falsche Wort, dachte sich Celosia, während sie neben Andras die steinernen Hallen der Unterwelt durchschritt. Mit einem mulmigen Gefühl im Bauch schielte sie nach rechts, wo der andere Dämon lief. Wenn sie ihn ansah, fühlte sie noch immer etwas merkwürdiges.
Enttäuschung.
Enttäuschung darüber, dass sie früher praktisch Geschwister waren, er sie jetzt aber scheinbar nicht mehr so sah. Doch Celosia zwang sich, diese Gedanken zu verdrängen. Für so einen Unsinn war jetzt keine Zeit.

Ihre Schritte hallten auf dem marmorartigen Boden wieder, während die beiden Feuerdämonen langsam auf das Ende des Gangs zugingen. Dort befand sich eine sehr große, schwarze Flügeltür mit roten Ornamenten. An beiden Teilen der Tür waren eiserne schwarze Ringe angebracht, die gleichzeitig als Türklopfer und Griff fungierten. Andras trat nun vor das schwarze Tor, ergriff einen der Ringe und schlug dreimal kräftig.
Einen kurzen Moment lang herrschte eine unangenehme Stille, doch dann war eine tiefe und raue Stimme zu vernehmen, die aus dem Raum hinter der Tür ertönte.
„Herein."
Einer der Türflügel wurde von innen geöffnet und sie traten ein. Celosia fand sich in einem wirklich großen Raum mit gewölbter Decke wieder, welcher gleichzeitig eine düstere und eine eindrucksvolle Atmosphäre ausstrahlte. Der Boden bestand aus rotem Marmor, die Wände waren weitestgehend dunkel und teilweise wie die Tür mit Ornamenten versehen. Von der Decke hing ein riesiger Kandelaber, in welchem blutrote Kerzen leuchteten. Insgesamt war der Raum, besser gesagt der Saal, von einer eigenartigen Form, fast wie eine Art Raute.
Links der beiden Dämonen war eine Sitzecke mit dunkel gehaltenen Sofas zu erkennen, an der Wand einige Bücherregale, die aussahen, als wären sie aus Stein gehauen. Rechts befand sich eine Art Theke, wo auch ein Kühlschrank stand. Ein anderer Dämon stand an die Theke gelehnt dort, Celosia kannte ihn nicht, aber er hatte stechend gelbe Augen, die nun sie und Andras fixierten.
Er musste ihnen auch die Tür aufgemacht haben.
Direkt gegenüber der Tür, am anderen Ende des Raums, an der Spitze der Raute, war eine Erhöhung zu erkennen, wie eine Art großes Podest, welches rund und gestuft war. Auf jenem war ein großer, schwarzer Schreibtisch platziert, der recht ordentlich gehalten war, dahinter befanden sich hohe, altmodische Schränke.

Auf dem Schreibtischsessel thronte ein Mann. Er war großgewachsen, hatte dunkle Haut, kurzes, schwarzes Haar und trug einen einfachen, schwarzen Anzug. Die Hände über dem Tisch gefaltet schien er eine entspannte, jedoch nachdenkliche Pose eingenommen zu haben. Das Beunruhigendste an seiner Erscheinung waren jedoch seine Augen, die in einem feurigen Gelb leuchteten, ähnlich denen des Dämons an der Theke. Doch die des Teufels schienen noch bedrohlicher, noch stechender zu sein, wenngleich ihm als Person eine unheimliche Gelassenheit innewohnte.

Celosia fühlte sich in diesem Saal absolut nicht wohl. Nicht nur aufgrund der Tatsache, dass sie dem Teufel gegenübertrat, sondern auch wegen der seltsamen, herrischen Atmosphäre der Räumlichkeit.
Die beiden Feuerdämonen näherten sich nun langsam dem Podest, ihre Schritte waren auf dem rot-schwarzen, langen Teppich kaum zu hören. Je näher sie der Rautenspitze kamen, desto zögerlicher bewegten sie sich, einerseits aus Ehrfurcht vor dem Teufel, andererseits weil sich Celosia nicht unbedingt auf das Bevorstehende freute.
Kurz vor der Erhöhung kamen sie schließlich zum Stehen. Eine kurze Zeit lang passierte nichts, der respekteinflößende Mann hinter dem Schreibtisch blätterte seelenruhig in einem Buch mit rotem Einband. Doch die Dämonen wagten es nicht, als erste zu sprechen, auch wenn Celosia große Lust dazu hatte. Als sie gerade beschloss, es doch zu tun, hob der Teufel nun endlich den Kopf und sein dämonischer gelber Blick traf ihren. Sofort klappte sie den Mund wieder zu.
Der Teufel lächelte leicht.

„Wie schön, dass du meiner Bitte gefolgt bist, Celosia", ergriff er das Wort, seine gespielte Freundlichkeit verbitterte sie. Er hatte sich während der vergangenen 500 Jahre zwar äußerlich verändert, war mit der Zeit gegangen und ließ sich stets neue Dinge einfallen, doch im Inneren war er noch immer das, was er in Celosia's ersten Jahren bereits gewesen war.
Er war, verdammt nochmal, der Teufel. Ein durch und durch böses und listiges Wesen, welches es liebte, andere Wesen herumzukommandieren.
Sie hasste sich selbst dafür, in diesem Moment dort zu sein, wo sie eben gerade war, doch trotzdem richtete sie ihren Blick nach oben, die nächsten Worte abwartend.

Der Teufel lehnte sich etwas in seinem prunkvollen Sessel zurück. „Du fragst dich sicher", begann er dann, „weshalb du wieder hier bist. Nach Jahrhunderten."
Musste er es so in die Länge ziehen? Konnte er nicht einfach sagen, was Sache war, damit Celosia so schnell wie möglich wieder verschwinden konnte?
Natürlich nicht, das war schließlich seine Art. Ja, sie hatte eine gute Entscheidung getroffen, damals, 1468, als sie abgehauen war.

„Nun, ich habe dir etwas zu sagen, was dir vielleicht gefallen könnte", sprach er.

Celosia wurde hellhörig. Er, der Teufel, hatte gute Nachrichten?! Das war doch schier unmöglich...
Nun ziemlich aufmerksam richtete sie ihren roten Blick auf den Herrscher der Unterwelt. Dieser lächelte ein wenig, bevor er sich gelassen erhob, von der Erhöhung heruntertrat und etwas umherschlenderte, so als müsste er seine nächsten Worte im Saal suchen.
Celosia packte schon wieder die Ungeduld, doch da kam der Teufel ihr etwas näher und blieb unweit von ihr stehen. Den gelben Blick auf sie gerichtet, sprach er: „Es handelt sich um ein simples Angebot."

Oh je...er wird sicher irgendwas von mir wollen, dachte Celosia genervt, während sie fragend eine Augenbraue hob.
Der Teufel fuhr überlegen lächelnd fort:

„Ich biete dir an, dich mir wieder anzuschließen."

Das konnte doch nicht sein Ernst sein! Celosia öffnete den Mund, um laut loszulachen, doch der gelbäugige Mann kam ihr wieder zuvor.

„Willst du nicht eine höhere Position innehaben? Eine, die deiner würdig ist?"

Was sollte das jetzt?! Die Feuerdämonin schloss verwirrt den Mund. Was wollte er damit bezwecken, sie wieder in der Hölle zu haben? Vorausgesetzt, sie würde zustimmen - was sie absolut nicht vorhatte - was hatte er davon? Inwiefern konnte sie ihm von Nutzen sein?

„Celosia", sprach er, seine spitzen Zähne blitzten, „sehnst du dich denn nicht nach der Hitze, dem Feuer, dem rauen Gestein der Hölle? Vermisst du denn nicht das Gefühl, unter deinesgleichen zu weilen?"

Glaubte er wirklich, sie so für sich gewinnen zu können? Sie schielte einen Moment zu Andras herüber, der den Blick nun vom Teufel wegnahm und direkt auf sie richtete. In seinen Augen lag etwas...undefinierbares. Etwas...wissendes.

Und das jagte Celosia ein unbehagliches Kribbeln durch den Körper.

Out of Hell - Die Geschichte eines uralten DämonsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt