Prolog

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Chrrrrr chr chr chrt chrrr chrr

Kratzend ritzte die Glasfeder auf dem Baumwollpapier. Es war nicht nur eine schöne Glasfeder, sondern die schönste die sie je gesehen hatte. Eine geschwungene und gezwirbelte Spitze, welche zum Tunken ins Tintenfass gedacht war, sie hatte aber auch einen Griffel welcher an langgezogene Schneckenhäuser erinnerte.

Chrrt chr chr chrrrt

Vor drei Stunden lag die Feder noch auf einem Tablett mit rotem Samt versehen, in einem Wochenmarkt. 90 Taler hatte sie gekostet, doch dieser hohe Preis war dem Mädchen Wert. Obwohl sie nur 30 Taler in der Woche verdiente und ihre Mutter einen wichtigen Apell an sie richtete, den sie mit dem Kauf des geschwungenen Schreibmittels, ignorierte. "Spare, mein Kind, spare." Doch weil sie dem Prinzen bereits versprochen war und somit auch bald dessen Reichtum besitzen würde, verschleuderte sie ihr hart erarbeitetes Einkommen wie ein Bauer den Mist auf die Felder streute.

Chhrt chr chr chr chr

Jetzt schrieb sie noch kurz ihre Initialen K. M. auf das Papier und die Zeichnung des Schlosses war fertig. Klara wollte diese dem grieskrämigen König schenken, der schon so lange nicht mehr vor die Tore der Stadt trat, dass er garnicht mehr wissen konnte, wie sein prunkvolles Schloss aussah. Warum er sich im Schloss versteckte, wusste niemand in der Stadt, aber einige Tratschweiber taten so als wüssten sie den Grund. So sagte Eine zur Anderen: "Die Freundinen meiner Cousine arbeiten im Schloss als Dienstboten und als sie mit dem Schmied sprachen, sagte dieser der König sähe nicht mehr repräsentabel aus und tränke zu viel Met".

Alkoholismus, das hätte dem heruntergekommenen Königreich noch gefehlt. Es wurde Zeit, dass der Prinz herrschen sollte mit seiner erwählten zukünftigen Gattin: Klara Mayer. Doch Klara kannte den Prinzen nichtmal und der Prinz kannte sie noch viel weniger, denn er hatte sie noch nie gesehen und hatte er sie doch gesehen, so nahm er sie nicht als seine zukünftige Gattin wahr. Niemand wusste, welche der Schadtbewohnerinnen die Zukünftige des Prinzen sein würde, so konnte diese vom Stadtleben lernen und ihrem Gemahl etwas Bodenständigkeit bieten.

Niemand, wusste davon. Niemand, außer der König, Klaras Mutter und natürlich Klara.

Die phantastischen Welten der Lissie MayerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt