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Als ich Jackys Bellen höre und sie wie ein geölter Blitz an mir vorbei schießt, geht es mir augenblicklich besser. Sie tollt um mich herum, springt an mir hoch und quieckt dabei in hohen Tönen. Noch bevor ich in die Hocke gehe, liegt sie auf dem Rücken, damit ich ihren Bauch kraule. Lächelnd beobachte ich wie sie sich an meiner freien Hand zu schaffen macht und sie fleißig ableckt.
"Wie du siehst hat man dich hier vermisst." Mister Chao kommt lächelnd aus seinem Büro. "Ja, tut mir leid, dass ich so lange nicht hier war", entschuldige ich mich kleinlaut. Er winkt ab. "Schön, dass du wieder da bist. Die Zwinger sind schon sauber, schnapp dir das kleine schwarze Ungeheuer und seinen Zwilling, vielleicht noch die beiden großen Jungs und dann mach eine schöne Tour mit ihnen." Ich nicke dankbar und gehe am Bürö vorbei zum Lager, wo auch die Leinen hängen.
"Wurde denn keiner von ihnen adoptiert?" Beim kurzen Rundgang bemerke ich, dass es fast genauso viele Tiere sind, wie bei meinem letzten Besuch. Mister Chao seufzt. "Das Übliche. Trude war nur zwei Wochen bei der Familie. Stefan und Damon wurden innerhalb von wenigen Tagen zurückgebracht und zwei andere gestern." Er schüttelt enttäuscht den Kopf. "Vier Katzen, drei Kaninchen und zwei Hunde sind noch bei ihren Familien." Seine Tonlage verrät, dass er sich davon nicht allzu viel verspricht.
Ich nicke traurig. Letztes Jahr war es genauso. Über Weihnachten werden immer viele Tiere aus dem Tierheim geholt, aber innerhalb von wenigen Wochen werden über die Hälfte wieder zurück gebracht. Manche wissen einfach nicht, dass ein Tier kein geeignetes Geschenk ist und sind gar nicht darauf vorbereitet, wie viel Zeit und Fürsorge sie benötigen.
Ich schnappe mir die Salvatore Zwillinge, werfe Sammy noch schnell ein besonders saftiges Salatblatt in das Terrarium und mache mich mit den vier Hunden auf den Weg. Ich nehme dieselbe Route wie das Mal, wo ich Cole getroffen habe. Ich konzentriere mich auf die Hunde, um meine Gedanken nicht zu sehr treiben zu lassen.
Die beiden Jungs sind ganz anders drauf als sonst, sie ziehen heute überhaupt nicht. Sie wirken eher traurig und erschöpft. Nachdem wir von dem Fußgängerweg neben der Hauptstraße abbiegen und uns auf dem Feldweg weit genug von der Hauptstraße entfernt haben, mache ich Jacky und Trude los. Wie zwei verrrückte Fellknäule rasen sie über die Felder und wirbeln die Erde auf.
Mit zügigen Schritten gehe ich weiter und meide den Blick zu der Stelle, wo Cole und ich uns das erste Mal geküsst haben. Es war der Tag nach meiner aus der Kontrolle geratenen Joggingrunde. Er hat mich zugedeckt, mir Tee gemacht und ich habe mich an ihn gekuschelt. Da waren meine Mauern schon so bröckelig, dass er sie, als er mich am nächsten Tag hier überrascht hat, komplett zum Einstürzen bringen konnte.
In der letzten Nacht konnte ich wieder nicht schlafen und habe Scandal Love von L.J. Shen gelesen. Erst um fünf Uhr morgens sind mir für zwei Stunden die Augen zugefallen. Die letzte Nacht, die ich gut schlafen konnte ist schon Wochen her. Es war eine von denen, wo ich vor dem Fernseher eingeschlafen und in Coles Zimmer aufgewacht bin. Merkwürdig, dass ich dabei nie etwas wie Angst oder Unbehagen gespürt habe. Entweder war das so, weil wir da schon fast eineinhalb Jahre unter einem Dach gewohnt haben oder ich habe ihm einen Vertrauensbonus gewährt, ohne etwas davon zu wissen.
Bei dem Gedanken an Annie und wie er mit ihr zusammen ins Soda gekommen ist, muss ich eine eisige Lawine davon abhalten, mein Herz zu überrollen. Meine Schritte werden energischer und ich straffe wütend meine Schultern. Ich hasse sie! Sie ist so ein Miststück. Und hässlich und bestimmt auch dumm! Ich versuche meine Gedanken nicht allzu ernst zu sehen und zwinge mich zu einem Kopfschütteln. Aber es ist so. Ich hasse sie aus meinem tiefsten Inneren. Und das grundlos. Jedenfalls wenn man vom Offensichtlichen absieht.
Ich prüfe den Inhalt meiner Taschen und kontrolliere die Anzahl der Leckerchen. Die beiden Mädels sind etwas weiter vorne auf Mäusejagd und die beiden Jungs trotten ruhig neben mir her. Ich atme hörbar aus. "So, Jungs. Dann heitern wir uns mal auf, ja? Ihr müsst euch benehmen! Versprecht mir das!" Sie spitzen ihre Ohren und mustern mich interessiert. Beide bekommen ein Leckerli als sie auf meinem Befehl hin Sitz machen.
Sie sind noch nie ohne Leine gelaufen, aber vom Gefühl her brauchen sie das gerade ganz dringend. So wie ich es brauche. Den Hauch von Freiheit. Ich löse die Leinen und beide Hunde bleiben sitzen und beobachten mich fragend. "Macht euch bereit", flüstere ich und beuge leicht die Beine. "Auf die Plätze." Ich positioniere mich neben den Beiden. "Fertig." Ich schaue nach vorne. "LOS!" Und ich renne. Die Schäferhunde starten in genau demselben Augenblick wie ich. Ich sprinte so schnell wie ich kann und die beiden laufen in meinem Tempo neben mir her.
Als ich nicht mehr kann, bleibe ich stehen und stütze die Hände auf die Oberschenkel. Stefan und Damon warten neben mir. "Ach, Jungs", seufze ich und scanne die Umgebung. Trude und Jacky kommen angesprintet und wuseln aufgeregt um uns drei herum. Sie scheinen zu fragen was-spielt-ihr hier? Sieht lustig aus, ich will mitmachen! Ich schnappe mir einen Stock und tue so als würde ich mit ihn aufessen. Ich drehe den Hunden den Rücken zu und verlagere das Gewicht von einem Fuß auf den Anderen, um ihre Aufmerksamkeit zu gewinnen.
Als ich mich umdrehe, lassen die Hunde den Stock keine Sekunde aus den Augen. "Habe ich jetzt euer Interesse geweckt? Das freut mich!" Und dann renne ich wieder los. Als die Hunde mich eingeholt haben, versuche ich sie auszutricksen, täusche ein und werfe schließlich den Stock in hohem Bogen davon. Wie von der Tarantel gestochen, jagen sie los. Die beiden Schäferhunde voran und die Kleinen hinterher. Lächelnd lasse ich mich auf den Boden plumpsen. Puh, das war anstrengend!
Nach zwei Stunden und einer ganzen Menge Versteck Spielen erreichen wir wieder das Tierheim. Ich helfe bei der Fütterung und besuche dann Sammy. Nach einer weiteren Stunde Kuscheln und Streicheln verlasse ich schweren Herzens das Heim und mache mich auf den Weg zur Bushaltestelle.
Der nächste, was ich in mein Notizbuch schreibe ist:
Ein Hund,
kann dein Gefährte sein,
dein Freund,
deine Hoffnung,
dein Ein und Alles,
dein Herz
und deine Rettung.
Meine Rettung. Ich wusste, dass ich sie brauche, ich wusste nur nicht, wie es gehen soll. Gerettet zu werden. Aber es war so einfach.
Klarer, blauer Himmel,
ein kühler Dezembertag,
Vier Hunde, vier Freunde,
eine Menge Liebe und endlose Freiheit.
Schon gelang es einem weiteren Riss in meinem Inneren zu heilen.
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Wer von euch schreibt denn eigentlich auch? Ich habe Lust neue Geschichten zu entdecken. 🔥 Wenn du mehrere Geschichten online hast, welche würdest du am ehesten empfehlen und warum? 📚❤️
Welche von meinen anderen Geschichten kennst du?❤️
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Never Falling Deeper | Abgeschlossen
RomanceTate Mitchels weiß genau, was sie will und was nicht. Zum ersten Mal in ihrem Leben geht es ihr gut, wirklich gut. Sie hat Freundinnen, arbeitet, kann sich ihren Lebensunterhalt verdienen und studiert Journalismus. Das ist, was sie will. Ein normale...