Zusammenbruch

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8 Wochen später

Charlottes Sicht:
Ich bin mittlerweile in der 30. SSW und arbeite seit ein paar Tagen wieder. Momentan ist unser Alltag sehr stressig und ich bin Abends froh, wenn ich zu Hause bin. Dort sind allerdings auch nur  noch die nötigsten Sachen, denn am Wochenende möchten wir endgültig umziehen. Das Haus hat Frederik in Rekordzeit renoviert und auch die Kartons hat hauptsächlich er gepackt. Er ist eine sehr große Stütze für mich. Die Kinder freuen sich auf ihr Geschwisterchen und auf das neue Haus. Dieses Mal machen wir es mit dem Geschlecht ganz anders. Bei Malia haben wir es bei einer Ultraschall- Untersuchung erfahren, bei Levi durch eine Gender- Reveal- Party und jetzt lassen wir uns überraschen. Das hat irgendwie etwas und so haben wir für jedes Kind eine andere Geschichte.
Ich arbeite gerade auf der internistischen Station und habe kurz Zeit für eine kleine Pause, was selten vorkommt. Ich setzte mich in den Aufenthaltsraum und trinke dort eine Tasse Tee. Kaffee darf ich nicht trinken, doch ich würde so gerne. Ich bin so müde. Auf einmal bekomme ich einen Anruf, dass ich sofort in die Notaufnahme kommen soll. Mich verunsichert das, gerade weil ich während der Schwangerschaft ungern in der Notaufnahme bin. Ich gehe runter und da sehe ich, wie Dr. Debbie Fischer auf mich zukommt.
"Charlotte, bitte reg dich jetzt nicht auf.", sagt sie und drückt meine Schultern leicht runter, sodass ich mich auf einen Stuhl setzte.
"Was ist los?"
"Frederik ist eben zusammengebrochen."
"Wie, er ist zusammengebrochen? Wie kann das sein?"
"Er scheint überlastet zu sein. Es hatte so etwas von einem Schwächeanfall. Was ist denn los bei euch? Hat er viel Stress? Ist alles in Ordnung bei euch?"
Langsam merke ich, wie viel Frederik in der letzten Zeit geleistet hat. Er hat das Haus renoviert, den Haushalt gemacht und die Kinder in die Kitas gebracht und auch wieder abgeholt, das alles neben der Arbeit, weil er mich wegen des Babys, der Hirnblutung und des gebrochenen Arms entlasten wollte. Ich habe ein schlechtes Gewissen.
"Nein, also doch ja... Für ihn war es in der letzten Zeit stressiger als sonst. Wir ziehen um und er hat dich um alles gekümmert. Scheiße"
Ich komme mir so mies vor. Ich bin eine schlechte Ehefrau. Mein Mann kümmert sich um alles und ich sehe nicht wie es ihm zu viel wird. Das darf doch nicht wahr sein. Es kullern die ersten Tränen über meine Wange.
"Charlotte, du kannst nichts dafür. Er meinte es wohl ein bisschen zu gut und du musst dich schonen."
"Ich hätte ihn entlasten müssen."
"Du bist schwanger."
"Aber nicht krank."
"Du hattest eine Hirnblutung und riesen Glück, dass du nicht operiert werden musstest. Glaub mir, er nimmt es dir nicht übel."
Debbie nimmt mich in den Arm und bringt mich zu Frederik.
"Er bleibt die Nacht noch zur Beobachtung. Wir haben ihm etwas zum Schlafen gegeben.", sagt sie. Ich nicke. Debbie lässt uns alleine. Frederik liegt da und schläft. Es tut so weh zu wissen, dass er das für uns gemacht hat und deswegen so da liegt. Ich setzte mich an sein Bett und nehme seine Hand. Eine halbe Stunde lang starre ich ihn einfach nur an und habe ein paar Tränen in den Augen. Doch dann sehe ich, wie er seine Augen öffnet.
"Lotte." Er ist relatv schwach.
"Schatz, was machst du für Sachen?"
"Ich bin irgendwie in mich zusammengesackt. Ich weiß auch nicht was los war."
"Du bist überlastet. Warum sagst du denn nicht, dass das zu viel ist. Ich nehme dir doch gerne was ab. Ich bin doch deine Frau, wir können über alles reden."
"Ich wollte, dass du dich schonst und dass alles perfekt für dich und die Kinder ist. Das Haus, der Haushalt in der Wohnung..."
"Weißt du was perfekt für uns ist? Wenn es dir gut geht. Ich brauche dich gesund und die Kinder lieben dich auch so. Ganz egal ob wir zwei drei Monate früher oder später ins neue Haus einziehen. Und das Baby im Bauch möchte auch einen gesunden Papa."
"Ich dachte ich könnte das alles."
"Anscheinend ja nicht. Bitte, sprich beim nächsten Mal mit mir."
"Aber du bist....", sagt er und ich unterbreche ihn.
"Schwanger und nicht krank." er schaut mich an. Dann schaue ich auf die Uhr und sehe, dass ich die Kinder holen muss.
"Schatz, es ist schon spät. Ich muss die Kinder holen. Wir rufen dich gleich Mal an.", sage ich und er lächelt ein wenig.

Freddys Sicht:
Wieso musste das passieren. Ich sehe, wie Charlotte sich schuldig fühlt. Ich habe Angst, dass sie sich jetzt übernimmt. Hoffentlich passiert nichts. Noch bin ich etwas schwach und muss deswegen noch eine Nacht hier bleiben. Das gefällt mir zwar nicht, aber sonst macht sich Charlotte nur noch mehr Sorgen. Vielleicht hat die ja Recht und ich muss wirklich kürzer treten. Ich wollte einfach vor der Geburt mit allem fertig sein.

Charlottes Sicht:
Ich hole die Kinder ab und erzähle ihnen im Auto, dass ihr Papa heute Nacht im Krankenhaus schlafen muss. Die Kinder sind es gewohnt, dass Frederik nachts schon Mal da ist und deswegen erzähle ich ihnen auch nicht, dass er zusammengebrochen ist.
Wie versprochen rufen wir Frederik noch vor dem Abendbrot an.
"Hallo ihr drei." ,sagt er.
"Papa.", sagt Levi und grinst mich an. Er ist so süß und je älter er wird, desto mehr sieht man die Ähnlichkeit zwischen ihm und seinem Papa.
"Hallo Papa.", sagt Malia. Die Kinder erzählen noch etwas und dann müssen wir auch schon auflegen, weil Frederik noch untersucht wird. Nach dem Abendbrot gucke ich mit den Kindern noch 'das Sandmännchen' und bringe sie ins Bett. Danach räume ich in der Küche noch alles auf und lege mich schlafen. Ich mag es nicht, wenn Frederik nicht neben mir liegt und schon gar nicht, wenn er Patient in der Klinik ist. Der Umzug wird auf jeden Fall verschoben. Das ist auch nicht schlimm, denn bis das Baby kommt haben wir noch etwa 10 Wochen. Bis dahin sind wir im neuen Haus und der Mietvertrag läuft noch den ganzen Monat.
Ich vermisse Frederik. Morgen wird er hoffentlich wieder entlassen.

Freddys Sicht:
Es hat heute so gut getan mit den Kindern zu reden. Ich vermisse meine Familie. Ich habe zwar öfter Mal Nachtschicht, aber als Patient hier zu sein ist was anderes. Das fühlt sich ganz anders an und man vermisst seine Familie noch Mal ganz anders. Ich hoffe, dass Charlotte vernünftig bleibt und jetzt nicht anfängt Bäume aufzureißen. Sie hat ein schlechtes Gewissen und das möchte ich nicht. Sie hat mich ja nicht gezwungen so viel zu machen. Ich rufe sie nochmal an.
"Hallo.", sagt sie müde.
"Na, schlafen sie Kinder schon?"
"Ja, und du noch nicht?"
"Nein, ich kann nicht."
"Ich auch nicht.", antwortet sie mir.
"Du fehlst mir."
"Du fehlst mir auch, sehr sogar. Ich hätte dich jetzt gerne neben mir liegen. "
"Morgen wieder."
Wir reden noch eine Weile und auf einmal höre ich wie Charlotte anfängt zu schnarchen. Ich genieße es und es ist ein bisschen so, als wäre sie bei mir. Dabei kann ich gut einschlafen.

Die Geschichte von Team EngelhauserWo Geschichten leben. Entdecke jetzt