Kapitel fünfundzwanzig | Der Morgen danach

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Die Sonnenstrahlen, die durch mein Zimmer schienen weckten mich. Normalerweise, wenn ich Freitags länger in der Bar blieb, dann dachte ich immer daran die Jalousien runter zumachen, damit ich länger schlafen konnte. Auch wenn direkt gegenüber ein anderes Haus stand konnte im Sommer die Sonne ziemlich hell in mein Zimmer scheinen.

Der erste Unterschied.

Ich blinzelte.

Wyatt, der neben mir auf meinem viel zu kleinem Bett lag, kniff schnell die Augen zusammen und vergrub sein Gesicht in dem Kissen.

Der zweite Unterschied.

Ich schmunzelte. Gestern Abend (wahrscheinlich schon eher Nacht) war ich mit Wyatt zu mir nach Hause gegangen. Schließlich hatte ich das Natalie versprochen – und nachdem ich es Wyatt erklärt hatte, hatte er unbedingt mitkommen wollen. Und da ich ein verliebtes Arschloch bin, konnte ich natürlich nicht Nein sagen.

Kaum waren wir losgelaufen hatte Wyatt meine Hand genommen und unsere Finger miteinander verschränkt, was die Schmetterlinge in meinem Bauch so aufgeregt hat, dass ich gedacht hatte, ich müsste kotzen (war zum Glück nicht der Fall). Verliebt sein war schon ein schönes Gefühl.

Zu Hause sind wir dann geradewegs in mein Zimmer. Ich hatte schließlich nicht gewollt, dass Wyatt meine Eltern traf.

Und dann sind wir irgendwie hier gelandet. Aneinander gepresst in meinem Bett, was definitiv nicht für zwei Personen gedacht ist. Ich weiß nicht mehr genau wie, aber es nun mal so passiert .

„Hast du mich beobachtet während ich geschlafen habe?" Meine Stimme klang immer noch ein bisschen schläfrig, aber auch belustigt.

Wyatt schlug die Augen wieder auf und lächelte leicht entschuldigend. „Vielleicht?"

Ich grinste breit. Das war süß. Richtig süß. Kurz zögerte ich, aber dann hob ich meine Hand und strich ihm vorsichtig eine Strähne aus der Stirn. Seine Haare lagen also doch nicht immer perfekt.

Wyatts Lächeln wurde breiter. „Sind wir jetzt eigentlich zusammen?"

Wow, er ging gleich zur Sache. Kaum wacht man auf und schon kommt er mit sowas um die Ecke gesprungen.

Waren wir ein Paar? Lässt sich schlecht sagen, denn gestern haben wir uns erst das zweite mal geküsst und „Ich mag dich" zum ersten Mal gesagt. Da waren noch ein oder zwei Phasen, die wir noch nicht durchlaufen haben. Zum Beispiel die Alle-unsere-Freunde-wissen-das-der-jeweils-andere-auch-auf-einen-steht-aber-man-selbst-nicht-Phase oder die Ich-mag-dich-aber-was-genau-sind-wir-jetzt-Phase.

Wollte ich mit ihm zusammen sein?

War das überhaupt eine Frage? Scheiße ja, ich wollte verdammt nochmal mit ihm zusammen sein.

„Wenn du willst", sagte ich also langsam, weil ich nicht mega anhänglich klingen wollte. Was wenn er gar nicht mit mir zusammen sein wollte? Nein, stopp. Er hat mir gestern gesagt, dass er mich mag also warum mach ich mir Sorgen?

Ich sollte aufhören so zu denken.

Wenn das überhaupt noch ging, wurde Wyatts Lächeln nochmal ein Stückchen weiter. „Okay, dann bist du jetzt offiziell mein Freund."

Dann herrschte Stille, in der ich nur unser beider Atem hören konnte. Es war keine peinliche Stille oder so was, sondern einfach nur ein ruhiger Moment indem meine braune Augen in seine braune Augen sahen und wir uns dümmlich anlächelten.

Bis gestern hätte ich mir nicht vorstellen können, dass ich jetzt hier mit dem Wyatt Badgley in einem Bett liegen würde. Und schon gar nicht, dass er jetzt ganz offiziell mein Freund war. Aber es war irgendwie passiert und scheiße, es fühlte sich gut an.

Wyatt beugte sich vor und drückte mir einen Kuss auf die Lippen. Es war ein federleichter Kuss. So schnell vorbei, dass ich glaubte ihn mir nur eingebildet zu haben. „Ich habe meine Zähne nicht geputzt, aber ich wollte dich jetzt küssen", erklärte mir Wyatt schnell, „weil wir ja jetzt ein Paar sind." Er sah mich unschuldig an.

Ich lachte. Süß. Wieviel süßer wollte er eigentlich noch werden? „Okay." Dann beugte ich mich vor und küsste ihn vorsichtig auf die Nase. „Aber das geht doch, oder?"

Wyatt kicherte wieder und nickte. „Ja, das ist in Ordnung."

Mein Lächeln wurde – wie auch immer das noch möglich war – noch breiter. Die Schmetterlinge tanzten schon die ganze Zeit so verrückt, dass ich fast glaubte ich hätte mich dran gewöhnt. Verliebt zu sein war schon irgendwie anstrengend. Auf eine schöne Art.

„Wollen wir vielleicht langsam aufstehen?" Wyatt sah mich fragend an. „Das Bett ist vielleicht doch ein bisschen eng für uns beide."

Ja, da hatte er Recht. Wie aufs Stichwort merkte ich wie verdammt warm mir doch eigentlich war.

Ich widerstand den Instinkt meine Decke direkt wegzuschlagen und aufzuspringen. Stattdessen lauschte ich angestrengt. Natalie war in der Küche, das konnte ich an dem lauten Geräuschen der Dunstabzugshaube hören. Ich wollte nicht, dass Wyatt meinen Eltern über den Weg lief, aber gerade schienen wir freie Bahn zu haben.

Meine Drogenabhängige Eltern sind jetzt nicht unbedingt das Beste was man seinen neuen Freund zeigen möchte.

„Komm", war mein einziger Kommentar als ich aus dem Bett stieg. Auffordernd hielt ich Wyatt meine Hand hin.

Er ergriff sie lächelnd und wackelte mit den Augenbrauen. „Zeigst du mir jetzt deine Villa?"

Grinsend nickte ich. „Ja, klar."

Ich zog ihn auf die Beine und machte eine ausschweifende Handbewegung. „Das ist la casa de Maverick", erklärte ich dramatisch, zog ihn zur Tür und raus in den kleinen Flur. „Jetzt betreten wir den Kanal der stinkenden Wäsche", fuhr ich fort und deutete auf ein rosanes Kleidchen von Harlow, was auf dem Boden lag und eine paar weiße Socken (wahrscheinlich von Natalie) nicht weit davon entfernt.

Wyatt lachte und verknotete unsere Finger miteinander. Die Schmetterlinge in meinem Bauch flatterten wieder wild. Würde das jemals aufhören?

„Und das ist die unglaublich riesige Küche!" Ich zeigte in den kleinen Raum.

In der Küche saßen Harlow und Natalie an dem kleinen überfüllten Tisch.

„Guten Morgen", begrüßte ich beide und konnte mir das fette Lächeln nicht aus dem Gesicht wischen. Verdammt.

Natalie sah nur kurz zwischen uns hin und her und hob eine Augenbraue. ‚Ist das der, der ich denke der es ist?' wollte sie damit fragen und als ich kurz nickte strahlte sie über beide Ohren.

Natürlich hatte ich ihr von Wyatt erzählt. Nicht viel und definitiv nicht alles. Aber sie war schließlich meine Schwester. Sie verdiente es an meinem Leben teil zu haben - zumindest ein kleines bisschen.

„Hallo, ich bin Natalie", stellte sie sich fröhlich vor und lief ein paar Schritte auf uns zu, die Hand schon ausgestreckt, damit Wyatt sie ergreifen konnte. „Und wer bist du?"

Haha... als ob sie es nicht schon längst wüsste.

„Wyatt", lächelte mein Freund (wenn ich öfter sagte, hörte es sich vielleicht nicht mehr so wie komisch und surreal an).

„Aha, du hast unserm kleinen Rick also den Kopf verdreht?" Wie bitte? Meine Schwester schmunzelte über sich selbst (natürlich) und betrachtete Wyatt von oben bis unten.

Eingeschnappt schnaubte ich. „Klein?"

Wyatt lachte und sah mich unschuldig an, bevor er sich wieder zu Natalie drehte. „Ich glaube er hat mir zuerst den Kopf verdreht."

Wie falsch er doch damit lag... Ich war ja nicht schon lange bevor er von mir wusste in ihn verknallt gewesen. Aber die Story hebe ich mir lieber für später auf. Dann wäre es vielleicht auch nicht ganz so peinlich.

Bevor also meine Schwester noch irgendwie mehr sagen konnte, was sie total lustig fand, quetschte ich mich an ihr vorbei. Ich strich Harlow kurz über den Kopf und sie lächelte mich breit an. Sie wusste wahrscheinlich nicht, was hier los war, aber sie war glücklich weil ich und Natalie glücklich waren. Das reichte uns allen meistens.

„Will jemand Cornflakes? Denn außer Cornflakes haben wir nur Cornflakes."

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