Notaufnahme

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„Guten Abend. Herzlich willkommen im St. Martins Catholic Hospital, was können wir für sie tun?“

Ich ringe mir ein mühsames Lächeln ab.

„Guten Abend. Ich bin ausgerutscht und ungeschickt gefallen, jetzt tut mir das Handgelenk weh… Meinen sie es wäre möglich, dass da mal jemand einen Blick drauf wirft?“

„Natürlich. Sind sie versichert? Wenn ja, bräuchte ich einmal ihre Krankenkassenkarte, andernfalls bräuchte ich ihre Rechnungsdaten.“

Ich ziehe mein Portemonnaie aus der Hosentasche meiner Jeans und reiche ihr die Krankenkassenkarte. Wie schon so viele vor ihr erstarrt sie kurz, als sie meinen Namen liest, dann wirft sie mir einen raschen Blick zu, den ich mit einem Lächeln beantworte, bevor sie fortfährt meine Daten ins Behandlungsprotokoll zu übertragen. Anschließend gibt sie mir die Karte wieder, so wie ein Klemmbrett und einen Kugelschreiber.

„Sie können sich schon mal in Behandlungszimmer drei begeben und dann bitte diesen Fragebogen ausfüllen. Ein Arzt wird gleich bei ihnen sein.“

Ich nicke ihr zu und stecke meine Karte wieder ein. Felicity nimmt das Klemmbrett und wir gehen beziehungsweise humpeln gemeinsam den Gang hinunter, bis zum Behandlungszimmer. Dort angekommen lasse ich mich vorsichtig auf einen Stuhl sinken. Felicity reicht mir das Klemmbrett und ich beginne routiniert meine Daten einzutragen. Bei frühere OPs halte ich kurz inne.

„Zählt sich eine Kugel mit einem Messer aus dem Bauch pulen und das ganze anschließend zusammennähen als Operation?“

Dig lacht ob dieses völlig absurden Kommentars kurz auf. Schließlich entscheide ich mich eine kleine Auswahl anzugeben. Darunter die große OP, die mir nach meinem Zusammenstoß mit Malcom Merlin letzten Winter vermutlich das Leben gerettet hat. Anschließend fülle ich auch den Rest des Zettels aus und lache mich dabei innerlich halb tot. Auch Felicity fällt offensichtlich auf, dass ich leicht grinse.

„Was ist so lustig?“

„Naja, ich dachte gerade darüber nach, wie unterschiedlich die medizinische Versorgung hier und auf der Insel doch ist… Auf Lian-Yu waren wir immer happy, wenn das Messer, mit dem dir jemand die Kugel aus dem Körper gepult hat halbwegs scharf war, nicht daran zu denken, dass da irgendwas steril war oder erst mal jemand wissen wollte, ob du irgendwelche Medikamente nimmst oder wann deine letzte OP war.“

Jetzt grinsen wir tatsächlich alle drei und das ist auch immer noch so, als ein junger Mann im weißen Kittel den Raum betritt. Er reicht uns allen nacheinander die Hand.

„Guten Abend. Ich bin Dr. Grant. Wie kann ich ihnen helfen? Und wer ist hier überhaupt mein Patient?“

Grinsend ob seiner letzten Frage melde ich mich zu Wort. Während ich rede schiebe ich ihm das Klemmbrett mit dem Fragebogen zu.

„Ich bin ihr Patient. Guten Abend. Und sie können mir helfen, indem sie mir erklären, ob mein Handgelenk sich nur ein bisschen anstellt oder ob es tatsächlich kaputt ist.“

Er wirft noch einen kurzen Blick auf den Zettel, dann bittet er mich ihm das verletzte Gelenk zu zeigen. Ich könnte mich Ohrfeigen, als mir in diesem Moment auffällt, dass wir den Stützverband ja auch schon mal hätten entfernen können. Etwas zerknirscht entschuldige ich mich für mein Versäumnis, aber er meint das wäre überhaupt kein Problem und beginnt mit geübten Handgriffen den Verband zu entfernen. Das was darunter zum Vorschein kommt überrascht selbst mich. Das Gelenk ist bereits bläulich verfärbt und dick geschwollen.

„Das könnte jetzt etwas wehtun, aber ich würde gerne erst mal mit einer normalen Tastuntersuchung beginnen, bevor wir das Gelenk röntgen lassen.“

Ich hasse RegenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt