8. Dezember

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Christina hat die winterlichen Temperaturen etwas unterschätzt, Luca kümmert sich um sie. (Established Relationship, 2632 Wörter)

Christina

"Verflucht ist das kalt." Die Wärme meines Atems steigt in einer hellen weißen Wolke in die kalte Winterluft auf und ich ziehe bibbernd meinen flauschigen Wintermantel enger um meine Schultern. Der gefrorene Boden knirscht unter meinen Stiefeln, während ich so schnell wie möglich durch Kölns Seitenstraßen eile, in der Hoffnung möglichst bald aus dieser Kälte heraus und in meine warme Wohnung zu kommen. Heute morgen kam mir die Idee das Auto stehen zu lassen und zu Fuß in die Stadt zu gehen noch echt gut vor. Luca hat den Vormittag in dem kleinen Tonstudio verbracht, das wir für ihn in der Stadt aufgetrieben haben, also wollte ich die Zeit nutzen und bei meinem Management vorbeischauen, wo sich die Fanbriefe schon wieder bis unter die Decke stapeln. Jetzt, wo ich aber schon eine gute halbe Stunde draußen unterwegs bin, brennt mein Gesicht von der eisigen Kälte und meine Finger sind so kalt, dass ich langsam Angst kriege, sie würden mir abfrieren. Zugegeben, die winterliche Umgebung ist wirklich schön um diese Uhrzeit. Eine fast unheimliche Stille überzieht das Viertel, was vor allem den niedrigen Temperaturen zuzuschreiben ist, denn bis auf ein paar lebensmüde Radfahrern (und einer mindestens ebenso lebensmüden Tänzerin) hat keiner wirklich Lust den Minustemperaturen zu trotzen. Bibbernd reibe ich meine Hände aneinander, um wenigstens ein bisschen Wärme zu erzeugen, während ich mich umsehen und dann die Straße überquere. Zu allem Überfluss fängt es in dem Moment auch noch an zu regnen und so bin ich klatschnass, als nach weiteren zehn Minuten endlich der Eingang meines Wohnhauses vor mir auftaucht. Zitternd und frierend fummle ich mit meinen Schlüsseln herum, aber meine Finger sind taub und unkooperativ, weswegen ich weitere zehn Minuten brauche, bis ich überhaupt vor meiner Wohnungstür stehe. Und weil meine Finger auch in den nächsten Minuten so unkooperativ bleiben, wiederholt sich das Schauspiel dort auch gleich nochmal. Fluchend versuche ich zum dritten Mal, den Schlüssel ins Schloss zu stecken, wobei mir das Bündel allerdings aus der Hand rutscht und mit einem frustrierenden Klappern zu Boden fällt. Ich bücke mich gerade, um den widerspenstigen Schlüsselbund aufzusammeln, als die Tür mit einem leisen Quietschen aufschwingt und einen grinsenden Luca enthüllt. Amüsiert blickt er auf mich herunter, während ich mich ächzend wieder aufrichte, das Bündel Schlüssel endlich wieder in meiner Hand. "Was fabrizierst du denn da?", lacht er, als er meine klägliche Gestalt mustert, aber ich schüttle nur den Kopf. "Kalt", entgegne ich bibbernd - für mehr reicht meine Kraft heute nicht mehr - und schiebe mich an Luca vorbei in die Wohnung. Zielstrebig steuere ich den Heizkörper im Flur an und lasse mich kurzerhand einfach darauf fallen, ehe ich meine Hände neben mir auf die warmen Streben lege, die sofort unangenehm zu kribbeln anfangen, als mein Blut langsam wieder auftaut. Luca, der mittlerweile vor mir steht, runzelt die Stirn und betrachtet mich besorgt. "Himmel, du bist ja halb erfroren!", stößt er entsetzt hervor, als er seine Hand auf meinen Arm legt und zieht mich kurzerhand auf die Beine. "Nich...is so...warm hier", bibbere ich, aber Luca lässt gar keine Widerrede zu. "Nichts da, du kleine Frostbeule." Nachdrücklich fasst er mich bei den Oberarmen und schiebt mich sanft vor sich her in Richtung Badezimmer, wo er mich auf dem geschlossenen Toilettendeckel setzt. "Ich lass dir jetzt erstmal eine warme Badewanne ein und dann sehen wir zu, dass wir deine Körpertemperatur wieder auf mehr als zwei Grad bekommen." Bei dem Gedanken an ein heißes Bad entfährt mir ein wohliges Seufzen. Ja, das ist wirklich eine gute Idee. Immer noch zitternd versuche ich meine Schuhe auszuziehen, aber weil meine Finger immer noch komplett taub sind, stellt sich das als ein schwierigeres Unterfangen heraus als gedacht und so gebe ich es schließlich resigniert auf und sehe stattdessen Luca an, der gerade den Wasserhahn aufgedreht hat und jetzt dampfend heißes Wasser in die Wanne lässt. Er lacht leise, als er mich da so sitzen sieht. "Ernsthaft?" Zur Antwort blinzle ich nur unter nassen Wimpern zu ihm herauf, was Luca sanft lächelnd den Kopf schütteln lässt. "Du hast Glück, dass du süß bist", zieht er mich auf, geht aber trotzdem vor mir in die Hocke und macht sich daran, die Knoten in meinen Schnürsenkeln zu lösen. Vorsichtig streift er mir erst den einen, dann den anderen Schuh von den Füßen und stellt beide sauber neben dem Waschbecken ab, ehe er fast ein bisschen zurückhaltend den Saum meines Pullovers packt und mir signalisiert, dass ich die Arme heben soll, damit er ihn mir über den Kopf ziehen kann. Brav tue ich wie geheißen und versinke im nächsten Moment in Dunkelheit, als der Ausschnitt sich unter meinem Kinn verheddert und der nasse Stoff mit einem unangenehmen Platschen an meinem Gesicht kleben bleibt. Dumpf dringt Lucas Lachen zu mir durch, während er vorsichtig meinen Kopf befreit und mir den Pulli letztendlich ganz über den Kopf zieht. Das durchnässte Oberteil fällt mit einem leisen Geräusch zu Boden und ich seufze erleichtert auf, weil jetzt nur noch mein kaltes T-Shirt an meinem Körper hängt. "Danke", murmle ich und blicke mit einem müden Lächeln zu Luca auf. "Nichts zu danken." Er schiebt mir eine Strähne hinters Ohr, während er seinen Blick lächelnd über mein Gesicht gleiten lässt. "Ich kümmere ich mich gern um dich, du kleines Bambi", fügt er neckisch hinzu und drückt mir einen schnellen Kuss auf die Lippen, ehe er sich wieder meinen Klamotten widmet. Um ehrlich zu sein bin ich mittlerweile durchaus in der Lage meine Sachen selbst auszuziehen, aber es ist einfach was anderes, wenn Luca das macht. Die Art und Weise ist eine ganz andere, als die in der er mir gestern aus den Klamotten geholfen hat, während wir ins Schlafzimmer gestolpert sind, die Lippen keine Sekunde voneinander gelöst und die Hände am ganzen Körper. Nein, das hier ist viel liebevoller, intimer irgendwie. Es hat nichts erotisches an sich, als sich Lucas Finger unter den Saum meines T-Shirts schieben und es mir über den Kopf ziehen, ehe er mir sanft aus der Leggins hilft, die wie eine zweite Haut an meinen Beinen klebt. Zumindest solange nicht, bis Luca mir einen sanften Kuss auf die Schulter drückt und ich mich zufrieden seufzend nach hinten gegen seine Brust sinken lasse. "Tschuldigung", nuschelt er gegen meine Haut, während er seine Arme liebevoll von hinten um meinen Bauch schlingt. "Aber ich konnte nicht anders."
"Ich vergeb dir", murmle ich ebenso leise und klammere mich haltsuchend an seinen Armen fest, als er versucht sich zurückzuziehen. Sein Körper strahlte eine solche Wärme aus, dass ich augenblicklich aufhöre zu zittern und ich kuschle mich noch fester gegen seine Brust, um möglichst viel davon abzubekommen. Eine Weile lang stehen wir einfach so da, aber irgendwann ist die Badewanne kurz davor überzulaufen und ich muss widerstrebend zulassen, dass Luca sich von mir löst, um das Wasser abzustellen. Allerdings ist das Gefühl schnell wieder vergessen, als ich mir die restlichen Klamotten vom Körper streife und vorsichtig einen Zeh in die Wanne strecke. Zufrieden seufzend lasse ich mich in das warme Wasser sinken und sofort breitet sich in ein wohliges Gefühl in meinem Körper aus, das nur noch verstärkt wird, als ich sehe wie Luca meine Lieblingskerze anzündet und sogar noch eine bunte Badekugel auftreibt. Keine zwei Minuten später hat sich das Teil in eine Explosion aus kunterbuntem Glitzerschaum verwandelt, im ganzen Badezimmer duftet es wie in einer Zuckerwattefabrik und mir ist endlich wieder angenehm warm. Es dauert nicht lange, bis mir langsam die Augen zufallen. Dass Luca irgendwann das Badezimmer verlässt und sich in der Küche am Ofen zu schaffen macht, kriege ich schon gar nicht mehr mit. Der Duft erfüllt meine Sinne und weckt Erinnerungen an die Weihnachtsabende in meiner Kindheit, als Natalia und ich mit zwei Tassen Johannisbeer-Tee und eingekuschelt in flauschige Winterdecken vor dem Fernseher saßen und "Weihnachtsmann und Co. KG" geschaut haben. Mittlerweile bevorzuge ich Kaffee oder Kakao, aber der Gedanke daran lässt mich trotzdem lächeln. Irgendwann beginnt das Wasser abzukühlen und als selbst die Seifenblasen fast verschwunden sind, klettere ich widerwillig aus der Wanne, nur um zu sehen, dass Luca mir bereits ein Handtuch über die warme Heizung gelegt hat. Mit einem gerührten Lächeln wickle ich den Stoff um meinen Körper und schlurfe ins Schlafzimmer. Als ich mich gähnend auf die Bettkante setze, bin ich kurz verleitet mich zusammenzurollen und genau da in meinem Handtuch einzuschlafen. Die Aussicht, etwas zu Anziehen zu finden, ganz zu schweigen davon das Handtuch abzulegen und in die Klamotten zu schlüpfen, ist im Moment nämlich alles andere als angenehm. Deshalb hätte ich vor Freude am liebsten angefangen zu weinen, als ich meinen kuscheligen Lieblingspyjama und Lucas dicken, grauen Winterpulli auf der Heizung entdecke, zusammen mit einem Paar Wollsocken, die zwischen den Streben stecken. Ist heulen eine extreme Reaktion? Vielleicht. Aber manchmal braucht es nun mal nicht mehr als ein Paar vorgewärmte Klamotten um ein Mädchen glücklich zu machen.

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