Obwohl ich jetzt meinen Tagesablauf kenne, bin ich aufgeregter als vorher. Mit zitternden Fingern setze ich Penelope in ihren Käfig. Ausnahmsweise hat sie heute dabei nicht nach mir gepickt, deshalb gebe ich ihr auch einen Keks. Dabei fällt mir das Foto auf, das auf meinem Schreibtisch liegt. Darauf zu sehen sind die Weasleys, vermutlich an Weihnachten, denn jeder von ihnen trägt einen Strickpullover. Grinsend nehme ich das Bild in die Finger und schaue mir das Bild erneut an. Molly winkt mir vom Sessel aus zu. Sie und ihr Mann Arthur waren mir seit meinem ersten Blick auf die Abbildung sofort symphatisch. Was ich von dem gequält dreinschauenden Jungen in meinem Alter (vielleicht war er auch 15?), der einen braunen Pulli trägt, halten soll weiß ich noch nicht so genau. Allerdings war ich ganz froh, dass sie zumindest eine Tochter hatten. Wegen der Zwillinge mache ich mir Sorgen. Es wird bestimmt super peinlich wenn ich sie nicht auseinander halten kann. Es sind außerdem noch drei weitere Brüder zu sehen und alle sind wie der Rest der Familie rothaarig. Generell habe ich Bedenken, dass sie mich nicht mögen werden. Wenn das der Fall wäre ist es praktisch, dass ich mich entscheiden kann wo ich die Winterferien verbringen werde. Aber in den Sommerferien werde ich wieder herkommen. In Hogwarts werde ich wie hier in Neuschwanstein die 5. Klasse besuchen. Außerdem habe ich mir schon meine Wahlkurse ausgesucht: Pflege magischer Geschöpfe, Wahrsagen und Alte Runen. Geistesabwesend lege ich meine neue Schuluniform in den stabilen Holzkoffer. Zum Glück wird die meiste Ausrüstung, die an meiner neuen Schule benutzt wird auch an meiner Alten verwendet. Jedoch mussten wir die neuen Bücher und die Uniform letzte Woche in der Winkelgasse kaufen. Dafür sind wir extra nach London appariert und haben zwei mal die falsche Abbiegung genommen. Schwach klopft es an der massiven Tür aus Eichenholz und meine Mutter kommt herein. "Guten Morgen, Liebes. Das Frühstück ist fertig und wir warten schon im Speisesaal auf dich. " "Ich komme gleich. Der Koffer ist fast fertig gepackt.", antworte ich. Mit einem Nicken verlässt sie das Zimmer. Ordentlich sortiere ich meine restliche Jeans in die Holzkiste, bevor ich mich auf den Weg in den Saal machte, den meine Ahnen schon zum Essen genutzt haben.
Mein Vater schnalzt genervt mit der Zunge, als meine ältere Schwester Sophie ihre Füße auf den benachbarten Stuhl legt. Heute Morgen sind ihre Haare blau, wie die Saphire am Collier meiner Mutter, obwohl sie gestern Abend noch das zarte Hellgrün unserer Neuschwanstein-Schuluniform hatten. Sophie ist ein Metamorphmagus. Zusätzlich ist sie das absolute Kontrastprogramm zu Richard. Während er dieselbe Krawatte mehrfach besitzt, um jeden Tag gleich seriös auszusehen, wechselt Sophie ihre Haarfarbe öfter als ihre Socken. Irgendwie war ich schon immer ein wenig neidisch auf diese Fähigkeit, die einem Möglichkeiten gibt sich immer wieder neu zu erfinden. Während ich herzhaft in meinen Toast beiße betrachte ich besonders gründlich meine Familie. Sophie stopft ihr Essen in sich hinein, doch Richard isst sein Brot mit Messer und Gabel. Meine Mutter bricht die Stille: "Könnt ihr das glauben? Unsere kleine Antonia wird heute wirklich nach Schottland reisen, um ein ganzes Jahr an der renommierten Hogwartsschule für Hexerei und Zauberei zu studieren. Ist das nicht fantastisch?" Richard murmelt etwas Unverständliches. Der wird mich anscheinend nicht vermissen. "Ich habe ja noch ein Abschiedsgeschenk für dich!", freut sich meine Schwester, "Accio Geschenk!" Ein kleines Päckchen in azurblauem Papier kommt angeflogen und Vater muss sich ducken, damit er es nicht gegen den Kopf bekommt. Mit schnellen Fingern reiße ich das Papier auf und entdecke ein Familienfoto in einem selbst bemalten Rahmen. "Super jetzt habe ich eine Erinnerung, falls ich euch mal vermisse. Vielen Dank!" Ob das der Fall sein wird, weiß ich noch nicht ganz.
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Mutter wird mich nach Kings Cross bringen, weil sie sichergehen will, dass ich meine Gastfamilie auch wirklich finde. Das ist wohl meinem schlechten Orientierungssinn zu schulden. Außerdem kommt im Austausch zu mir Bill Weasley mit nach Deutschland. Er ist der Älteste der Geschwister. Bill geht zwar nicht mehr in die Schule, dafür macht er aber ein Auslandsjahr für Gringotts die Zaubererbank und wird bei uns unterkommen. Bei der festen Umarmung von Sophie wird mir ganz flau im Magen (besonders bei dem Gedanken, dass wir gleich bis nach London apparieren werden). Von meinem Vater werde ich überstolz angesehen, als wäre ich eine sehr wertvolle Münze in seiner Sammlung. Richard reicht mir seine Hand und ich schüttle sie. Toll, wenn man von seinem älteren Bruder so viel Liebe gezeigt bekommt. "Ich werde dich auch vermissen Richard." , sage ich ihm mit einem leicht ironischen Unterton in der Stimme. Ich bin zwar ein wenig von dieser nicht gerade überschwänglichen Verabschiedung enttäuscht, aber Tränen habe ich auch nicht erwartet. Allerdings bemerkt er meine Ironie, denn ein leichtes Lächeln umspielt seine Lippen und auch seine tümpelgrünen Augen scheinen nicht mehr ganz so missmutig wie sonst. "Kommst du bitte Schätzchen? Ich denke die Weasleys erwarten uns schon." Mit diesen Worten unterbricht meine Mutter die Verabschiedung. Wir treten aus der massiven Haustür und ich sauge zum vorerst letzten Mal die frische Luft mit dem herben Geruch der Tannen ein. Ich hake mich bei ihr ein und plötzlich fährt mein Magen Achterbahn und ich fürchte, dass mir gerade übel wird. Das ist zwar nicht mein erstes Mal apparieren, aber leider vertrage ich es jedes Mal nicht so gut. Um mich herum sehe ich so etwas wie einen grauen Strudel und so schnell dieser Alptraum begann, hört er auch wieder auf und wir werden von dem Nichts ausgespuckt.
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Ein Auslandsjahr in Hogwarts (Eine Neville Longbottom FF)
FanfictionEin Schüleraustausch nach Hogwarts? Wunderbar! Das findet auch Antonia, eine junge deutsche Hexe, die in mitten im Bayerischen Wald zu Hause ist. Doch dann findet sie in Hogwarts neue Freunde und interessante Bekanntschaften (oder vielleicht sogar...