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El pasado de Valencia - Valencias Vergangenheit

Es war wahr. Es wurde mir in meiner eigenen Anwesenheit klar. Aus dem eigenen Munde meines Bruders Davide hörte ich, wie er unsere Mutter ermordete. Nur warum? Weil sie wusste, dass er meinen Vater stürzen wollte? War dies auch der Grund, warum einst ein Anschlag auf mein Vater verübt wurde, den er, dem Himmel sei Dank, überlebte? Wenn auch schwerverletzt?

Ich wusste nicht mehr, an welchen Maßstäben ich mich orientieren sollte, wenn Davide stets mein Vorbild war. War Macht wirklich wichtiger als Familie?

Gestern hatte ich ihn noch mitten im Dunkeln nachts auf dem Feld belauscht, wie er Intrigen erstellte, meinen Vater heute Nacht zu töten und doch wagten mein Stolz und ich es nicht, es meinem Vater zu beichten. Da ich nicht wollte, dass er Davide verbannte. 

Und doch war mir bewusst, dass ich mit dem Feuer spielte. Ich spielte mit dem Lebens meines eigenen Vaters. Mit dem Anführer des größten Drogenkartells Spaniens. 

Dem Romero-Kartell.

Es hatte schon einen Sinn, dass jeder unseren Namen kannte. Wir wurden nicht nur gekannt, wir wurden gefürchtet. Ich dachte mir wenn ich jemals untertauchen würde, würde ich den Decknamen Rodriguez oder so wählen. Auch wenn ich mich all die Jahre aus den Geschäften raus hielt, erkannte mein Vater bald, dass Davide kein würdiger Nachfolger werden würde und begann die Geschichte der Kriminalität wandeln zu lassen, in dem er mich zum Anführer dressierte.

Auch wenn ich mich dem widersetze, lernte ich zu kämpfen, zu schießen und zu überleben. Ich lernte ungewöhnlich schnell die Skills eines Mafiosen, bis mein Vater mir eine eigene Waffe anfertigen ließ. Mit meinen Initialen auf dem Griff: V. R.

Und ich schwor mir diese Waffe niemals einzusetzen, doch jetzt in diesen Moment, steckte ich in dem dunklen Kleiderschrank meines eigenen Bruders mit der Waffe in der Hand und sah durch den Schlitz hindurch, wann er auftauchen würde.

Ich würde warten und bis zum letzten Moment beten, dass das alles ein blöder Scherz war. Denn bevor er unseren Vater ermorden würde, würde ich ihn aufhalten.

Völlig egal wie.

La presencia - Die Gegenwart

Auf dieser sagenhaft schönen Brücke war es windig, sobald ich den ersten Fuß darauf setzte. Meine Haare schlugen mir wild ins Gesicht, doch um ehrlich zu sein, genoss ich den Windzug. Ich fühlte mich wie abgekühlt von der hitzigen Situation in mir drin. Ich musste die Ruhe bewahren, wenn ich mein neues Leben nicht verlieren wollte. Noch dazu fühlte ich mich schuldig, dass ich tat, was ich tat. Ich redete mir ein, dass ich es nur der Sicherheit wegen machen würde, um mich besser auf Riccardo einlassen zu können.

Vorausgesetzt ich würde den Auftrag fortsetzen, für den ich tatsächlich so gut wie nichts getan hatte bisher.

Ich näherte mich einem karamellfarbigen Typen mit langem Haar, dass er sich zu einem Zopf gemacht hatte und seinen Eisbecher löffelte, während seine Augen auf dem Wasser ruhten, das unter der Brücke hindurch floss.

"Akil", begrüßte ich ihn skeptisch. Er drehte den Kopf zu mir und lächelte schief, wie er es immer tat: "Romero, schön Sie- ich meine, schön dich zu sehen." 

Er warf beeindruckend weit den Eisbecher in die Mülltonne und lief auf mich zu um mich zu umarmen und dann hochzuheben. Er war robust und breit, eher sah er nach einem Türsteher aus, aber niemals wie ein Hacker. 

"Womit kann ich dir dienen?"

Ich stützte meine Arme auf der Ablagefläche des Geländers ab und beobachte, wie friedlich das Wasser plätscherte.

"Du musst für mich was herausfinden."

"Ach? Sag bloß", er lachte herzhaft, woraufhin ich nur grinste, "Wen?"

Ich ging mir mit der Zunge über die Unterlippe, um sie zu befeuchten: "Riccardo Mancini."

Er nickte langsam: "Sag mir alles, was du weißt."

"Alles was ich weiß?", verdutzt runzelte ich die Stirn und zuckte dann mit den Schultern, "Naja, ich weiß nicht viel. Er meinte zumindest, dass er ursprünglich aus Palermo kommt und jetzt vor hat, ein Haus in Madrid zu beziehen, weil er Geschäfte hätte. Er ist stinkreich, ein Stifter eines Uniprojektes, arrogant und...heiß?"

"Wie heiß?", fragte Akil und ich rollte meine Augen. Ja, er war schwul. Zu seiner Zeit glaubte Akil mir Tipps und Ratschläge bezüglich Männer und Dating zu geben, doch es brachte mir alles nichts. Ich war nämlich schon an einer Sache dran, die ich allen verheimlichte. Keiner wusste von meiner heimlichen Beziehung.

"Akil, bleib ernst. Es ist verdammt wichtig. Als ich ihn fragte, ob er...ob er ein Mafiosi wäre, meinte er ja. Glaubst du, an der Sache was dran?"

"Ich glaube nichts, wenn, dann weiß ich es. Und zwar, sobald ich ihn ausfindig gemacht habe. Wie sieht er etwa aus? Ungelogen, ich brauche eine optische Beschreibung."

"Er ist etwa eins achtzig, hat schwarze geleckte Haare, die in Wirklichkeit lockig sind, ein elegantes Auftreten und boshafte Augen. Und aussehen tut er wie Mitte oder Ende zwanzig. Reicht dir das?."

"Mancini sagtest du?"

"Ja."

"Gut, ich werde sehen, was ich machen kann."

"Danke dir."

"Triff mich morgen. Selber Ort, etwas früher, sagen wir sechszehn Uhr. Hör mir jetzt gut zu. Falls ich bis sechszehn Uhr fünf nicht aufgetaucht bin, verschwinde von hier. Geht das in Ordnung für dich?"

"Claro!"

Er presste abwartend die Lippen aufeinander, als ich ihm den Rücken kehren wollte, um die Brücke zu verlassen.

"Aspettare [ital.: Warte]."

"Ja?"

"Hast du was von dem Don gehört?"

"Nein", ich senkte den Kopf, "Und du?"

"Nichts. Ich wollte ihn nur in Sicherheit wissen. Er ist zwar grausam, aber immerhin dein Vater. Er würde dir nie was antun. Er liebt dich, Valencia."

"Ich weiß", entgegnete ich und schaute mir über die Schulter, weil ich die Hände zu Fäusten ballte und versuchte, alle Schuldgefühle auszublenden. Kurz schloss ich die Augen und atmete tief ein. Er hatte es nicht verdient, aber die Umstände sprachen dafür zu tun, was ich tun musste.

Ich meine wer konnte mir verübeln, dass ich ein normales Leben wollte?

"Vor einigen Monaten war unser letzter Kontakt. Da forderte er mich auf, dich aufsuchen und dich ihm auszuliefern. Halte dich auf der Hut vor -"

"Den Polizisten, Lieferanten und Kameras. Ich weiß Akil. Ich danke dir für alles."

Er kam auf mich zugelaufen und nahm mich in den Arm: "Was auch immer du brauchst, zögere nicht. Ich bin dein engster Vertraute und werde es auch immer bleiben. Fatto, Valencia?[ital.: Kapiert, Valencia?]."

"Fatto", nuschelte ich in sein Shirt.

Dann entfernten wir uns voneinander und mit einem mulmigen Gefühl und einer inneren Unruh fuhr ich heim. Ohne zögern legte ich mich schlafen, drehte und wendete mich gefühlte hunderte Male und fand erst um vier Uhr morgens Schlaf.

Endlich gibt es eine Verbindung zum Buchtitel! Hattet ihr eine Ahnung? :D

Mk

R O M E R O {Riccardo Mancini} [ABGESCHLOSSEN] Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt