Kapitel 37

6.2K 174 55
                                    


„Mira, bitte hör auf zu weinen. Es ist vorbei, du hast es geschafft.“ , versuchte Taehyung mich zu besänftigen, doch konnte einfach nicht aufhören zu weinen. Ich war auf der einen Seite mehr als nur erleichtert, aber auf der anderen Seite brach eine kleine Welt in mir zusammen. Die Welt, in der alles so war, bevor Taehyung und die Jungs in mein Leben kamen.

Ich wusste, wie mein Vater gelitten hatte, als meine Mutter ihn verließ. Er war am Boden zerstört und fing dann an zu trinken. Damals war er aber immer nett zu mir, auch wenn er betrunken war. Von meinem alten Vater war heute nichts mehr übrig und es tat mehr weh, als ich gedacht hatte.

Obwohl wir bereits im Auto saßen, die Heizung an war und Taehyung mich fest in eine Umarmung gezogen hatte, fühlte sich mein Körper eiskalt an, ich war wie erstarrt. Immer wieder spürte ich seine Lippen auf meinem Gesicht, wie er meine Tränen wegküsste, doch es kamen immer wieder neue.

Auch küsste er meine Lippen, doch irgendwann hielt ich es nicht mehr aus und drehte meinen Kopf leicht zur Seite. Ich wusste einfach nicht, was mit mir los war. Ich müsste glücklich sein, dass alles nun vorbei war, doch stattdessen heulte ich nur herum. Ich war erbärmlich.

Taehyung seufzte nur, löste sich von mir und startete den Motor. Die Fahrt verlief schweigend. Nur ab und zu konnte man mich schluchzen hören. Als wir angekommen waren, stieg ich sofort aus dem Auto, ohne auf Taehyung zu warten und lief mit schnellen Schritten zur Haustür.

„Das seid ihr ja endlich!“, öffnete
J-Hope die Tür nachdem ich geklingelt und mir die Tränen weg gewischt hatte. Ich wollte nicht gemein sein und ihm seine gute Laune verderben, deswegen, brachte ich ein gefälschtes Lächeln zustande. Ich wollte gar nicht wissen wie es aussah, denn J-Hope verzog das Gesicht als er mein Gesicht sah.

Er öffnete den Mund um etwas zu sagen, doch ich spürte schon, wie mein Herz sich ziemlich unsanft zusammen zog und neue Tränen aufkamen. Schnell betrat ich das Haus und lief sofort die Treppen hoch. Jeden, den ich auf dem Weg zu Taehyungs Zimmer sah, ignorierte ich und ließ mich erschöpft auf sein Bett fallen.

Einige Zeit passierte nichts, aber nach und nach kam immer wieder jemand ins Zimmer um nach mir zu sehen. Immer wieder schüttelte ich nur mit dem Kopf wenn eine Frage kam, da ich nicht wollte, dass meine Stimme versagte und sie somit bemerkten wie schlecht es mir ging, obwohl es wahrscheinlich schon mehr als nur offensichtlich war.

***

Ich schlief nicht gut in dieser Nacht, nicht einmal nachdem ich ausgiebig geweint hatte. Als ich meine brennenden Augen öffnete, war es zum Glück schon morgens. Ich hatte die Nacht also überlebt.

Immerwieder war ich plötzlich aufgeschreckt und hatte genauso plötzlich angefangen zu weinen. Aber natürlich nur leise, ich wollte Taehyung nicht wecken. Er machte sich schon genug Sorgen um mich.

Mein Rücken war an seinem Oberkörper gepresst, deswegen konnte ich nicht sagen, ob er wach war oder nicht. Ich musste aber unbedingt auf Klo. Ich wunderte mich, dass ich überhaupt noch Flüssigkeit in meinem Körper besaß. Eigentlich müsste ich ausgetrocknet sein, so viel hatte ich gestern geweint.

Langsam stand ich auf und drehte mich zu Taehyung. Er war noch am schlafen. Die Decke war ein wenig verrutscht, da ich gerade aufgestanden war und Taehyungs entblößter Oberkörper kam zum Vorschein. Ich wurde rot und deckte ihn schnell wieder richtig zu. Danach platzierte ich einen sanften Kuss auf seine Stirn und ging ins Badezimmer.

Als ich mich im Spiegel sah, keuchte ich erschrocken auf. Ich sah schrecklich aus. Meine Haare waren zersaust, meine Augen waren angeschwollen und rot. Seufzend drehte ich den Wasserhahn auf und spritzte mir kaltes Wasser ins Gesicht.

Nach einigen Minuten, sah ich wieder ganz akzeptabel aus. Ich überlegte, runter zu gehen, hatte aber Angst, dass jemand schon wach war. Die anderen hatten bestimmt eine Menge Fragen und ich wusste nicht, ob ich in der Lage war, diese zu beantworten. Es könnte aber auch sein, dass Taehyung sie alle schon aufgeklärt hatte.

Letztendlich entschloss ich mich dazu, herunter zu gehen. Genauso wie ich es mir erhofft hatte, war noch niemand wach. Ich ließ mich auf einen Stuhl in der Küche sinken und stützte meinen Kopf auf meinen Händen ab.

Was jetzt? Was würde nun geschehen? Würde ich für immer bei den Jungs bleiben? Bei Bts? Ich lachte kurz sarkastisch auf. Das konnte ich mir nicht vorstellen.

Sollte ich dann auch von hier verschwinden? Sollte ich fliehen, genauso wie ich es bei meinem Vater gemacht hatte? Ich war doch eh nur eine Last für sie. Sie wollten jemand der ihre Bedürfnisse stillte, nicht jemand, der sie mit ihren eigenen Problemen belastet.

Wollte ich denn überhaupt weg? Natürlich wäre es besser für alle, wenn ich einfach verschwinden würde, aber ich wusste nicht, ob ich das verkraften würde. Diese sieben Menschen waren ohne Witz das einzige, was ich hatte. Könnte ich mir überhaupt vorstellen, ohne sie weiter zu leben? So als wäre nichts passiert?

Ohne Taehyung? Ich bemerkte, dass es mir eiskalt über den Rücken lief. Seine Berührungen und seine Küsse. Ich war abhängig. Hatte ich mich etwa in ihn verliebt?! Ich war so egoistisch.

Ich schreckte zusammen, als ich hörte, wie die die Haustür geöffnet wurde. Einige Sekunden war ich still, wer es wohl war? Ich stand auf, mit Absicht etwas lauter, um auf mich aufmerksam zu machen und setzte mich dann in Bewegung.

„Mira?“, fragte Suga überrascht, als ich aus der Küche trat.

„Guten Morgen.“, nuschelte ich nur. Warum war er denn schon so früh aus dem Haus gegangen? Ich dachte, er liebt es zu schlafen.

„Du bist schon wach?“, fragte er und musterte mich etwas besorgt.

„J-ja... ich konnte nicht mehr schlafen.“, gab ich zu. „Und du? W-wo warst du?“ Yoongi gähnte kurz, ehe er mir antwortete.

„Im Studio, ich hatte einen mega Schreibfluss.“, erklärte er und ich nickte nur.

„S-soll ich dir einen Kaffee machen?“, fragte ich, als er ein weiteres Mal gähnte. Zustimmend nickte er.

„Ja bitte, ich kann jetzt eh nicht mehr schlafen.“

Ich ging wieder in die Küche und machte die Kaffeemaschine an. Suga hatte sich währenddessen im Wohnzimmer auf die Couch gelegt. Als der Kaffee fertig war, brachte ich es ihm ins Wohnzimmer.

„Bitteschön.“, murmelte ich leise und hielt ihm die Tasse hin.

„Bitteschön was?“, kam es plötzlich von ihm und ich musste schlucken. „Bitteschön Dad-“

„Yoongi reicht.“

Überrascht sah ich ihm in die Augen. Er zuckte nur mit den Schultern und nahm endlich die Tasse, die ich die ganze Zeit in meiner Hand hielt. Es wäre peinlich, wenn ich noch weiter da stehen würde, weshalb ich mich aus meiner Starre entriss und wieder in die Küche ging.

Ist das gerade wirklich passiert? Kaum zu glauben. Am Anfang hatten es Yoongi, Jimin, Taehyung und Jungkook auf mich abgesehen, aber jetzt waren es nur noch Jimin und Taehyung! Oder etwa nur noch Jimin?

Her Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt