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"Nein, nein, nein", murmelte ich vor mich hin und wollte meine Gedanken ordnen, aber sie überschwemmten mich und rissen mich von Ort und Stelle meiner Vernunft. 

"Was hast du mit Mancini auf dir, Valencia? Das ist wichtig, um zu entscheiden, wie wichtig dir ist, dass man ihn nicht umlegt."

"Ich bin...er ist mein Kunde an der Uni."

"Und das wars?", er nahm meine Schultern in seine Hände und rüttelte mich leicht, "Du kannst mir vertrauen. Ich bin dir treu. Como un cane [ital.: Wie ein Hund]."

"Ich glaube zwischen ihm und mir ist was. Ich...ich weiß nicht was, verdammte Scheiße, aber wir ziehen einander an."

"Scheiße, und ich dachte Spanien würde mich für meine emotionalen Zuneigungen verbannen", lachte er mich aus, "Ich bin ja schwul. Wow, tut es gut, dass so offen auszusprechen. Puh."

"Akil, bitte!"

"Was wäre, wenn du ihn einweihst? Wie schätzt du ihn ein?"

"Schlechte Idee, ganz grottenhaft beschissene und schlechte Idee. Er wird mich umlegen oder den Don erpressen oder sonst was. Er wird es nicht gut einstecken, Riccardo ist wie eine tickende Zeitbombe und alles, was ihm in die Hände fehlt, dient ihm oder verbrennt wahrscheinlich lebend. Er will Macht, Akil, Macht. Ich würde nur in seine Falle hineinrennen."

"Dann bewahre dein Bild vor ihm. Er darf es nicht herausfinden. Stück für Stück entziehst du dich seinem Leben."

"Das heißt ich soll den Auftrag abgeben?", ich wusste, dass die Antwort Ja lautete, aber irgendwas in mir drin kämpfte mit der Erkenntnis. Ich steckte schon zu tief drin und wusste zu viel, als dass ich mich zurückziehen konnte. Gerade jetzt, wo er Madrid betreten hatte, stellt sich mir die Frage, welche Absichten er hatte. Vielleicht sollte ich den Spitzel spielen? Vielleicht musste ich einfach den Dingen freien Lauf -

"Valencia, verschwinde. Sofort."

"Was?", ich folgte seinem Blick und sah an einem Fuße der Brücke zwei Männer und es war offensichtlich, was sie wollten.

Sie hatten uns gefunden. Sie wurden geschickt von ganz oben, vom Don persönlich, um mich endlich zu beanspruchen. Aber ich würde nicht zurück gehen, ich konnte nicht. 

Ich wollte nicht.

"Was jetzt?", flüsterte ich und spähte zum anderen Fuße der Brücke, die noch nicht belagert war.

"Ich renne, in den Eingang dieser alten Burg dort vorne. Sie befindet sich zwischen den Männern und mir, ihr Schalter wird sich umlegen und sie werden mir hinterher rennen. Du machst kehrt und verlässt sofort die Brücke vom freien Fuße. Ich schaffe es, jetzt geh!"

"Akil, nein!"

Schon schubste er mich in die richtige Richtung und rannte davon. Beinahe wäre ich mit dem Gesicht nach vorne gefallen, stolperte aber vor und raste die Brücke herunter.

Tränen schossen mir in die Augen und ich durchlöcherte meinen Kopf, wie viel Akil meinem Vater wert war. Denn er würde ihn erhängen oder frei lassen und da Akil nur meinetwegen ein privilegiertes Leben führen konnte, erübrigte sich die Antwort. 

Während ich so schnell wie möglich rannte und beinahe einen älteren Passanten umstoß, setzte ich meine Arme ein um an Geschwindigkeit zu gewinnen. Ich lief nicht wirklich lady-like, doch bei einem Lifestyle wie ich ihn geführt hatte, würde es mir niemand verübeln. 

Ich drehte meinen Kopf und merkte, dass einer der beiden Männer mir gefolgt und dicht auf der Spur war. 

Ich verließ die Brücke und hetzte geradewegs auf einen botanischen Garten zu, der mehr einem Labyrinth als einem Garten glich. Durch die ganzen Wege, die von beiden Seiten von Büschen geprägt waren, rannte ich zickzack und ließ mich irgendwann gegen eines der Büsche mit dem Rücken fallen. Ich hielt mir die Hand vor dem Mund, um mein Atem runter zu spielen und keinen Mucks von mir zu geben.

R O M E R O {Riccardo Mancini} [ABGESCHLOSSEN] Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt