JEONGGUK BEOBACHTETE verdrießlich die Regentropfen, die in einem unregelmäßigen Rhythmus gegen das Fenster prasselten und in Zeitlupe das Glas hinunter rutschten. Wie einfach das Leben wohl als Regentropfen war—die Reise von den Wolken hinab bis auf die Erde, bis man dort ankam und dem Boden die nötige Flüssigkeit zum leben gab. Wenn er so drüber nachdachte, hielt er das Leben eines Regentropfen für sinnvoller als sein eigenes—zumindest im jetzigen Moment.
Denn er war Hoseoks Vorschlag gefolgt. Er hatte sich von seinem Lächeln überzeugen lassen, natürlich hatte er das. Und nun erhielt er die Quittung und am morgigen Tag hatte er wahrscheinlich eine vor Wut tobende Sunhwa vor sich. Vermutlich würde selbst Donwook enttäuscht von ihm sein—er hatte einfach Fotos im Studio machen sollen, wieso hatte er sich auch davon abbringen lassen?
Zugegeben, einige Fotos hatten sie gemacht und Hoseoks Idee war zumindest am Anfang eine wirklich gute gewesen—bis es angefangen hatte zu regnen; und das in Strömen. Sie waren zu einem nahegelegenen Café geeilt, ursprünglich nur, um sich unter der dortigen Markise unterzustellen, doch als es selbst nach einigen Minuten keine Anstalten gemacht hatte sich zu bessern, hatte Hoseok vorgeschlagen hinein zu gehen—ein weiterer Vorschlag von ihm, dem Jeongguk nicht hätte nachgeben sollen, denn nun fand er sich gegenübersitzend von Hoseok wieder und er war sich ziemlich sicher, dass die Röte auf seinen Wangen mit jeder verstrichenen Sekunde prominenter wurde.
Und Hoseok hatte es bemerkt, denn er hatte hinter vorgehaltener Hand angefangen leise zu lachen und Jeongguk wäre in diesem Moment einerseits am liebsten im Erdboden versunken, auf der anderen Seite hätte er in dem Moment gerne ein Foto von Hoseok gemacht—in dem er nicht posierte, sondern in dem er ehrlich unbefangen lachte, ohne auf die Kamera zu achten; in dem er einfach er selber war.
Hoseok schien sich auch weiterhin über Jeongguks Misere zu amüsieren, denn seine Mundwinkel zuckten verräterisch, was es für Jeongguk nicht gerade leichter machte. Er wollte einfach zurück ins Fotostudio—zurück in seine gewohnte Umgebung, in der er sich wenigstens ein kleines bisschen selber vorgaukeln konnte, dass er die Kontrolle über die Situation hatte, was zum aktuellen Zeitpunkt keineswegs der Fall war. Sie hatten zwar schon einige Fotos und diese waren auch sehr gelungen, denn Hoseok war ein umwerfendes Motiv und mit der bunten Blätterpracht im Hintergrund und der tiefstehenden Sonne, die noch kurz zuvor durch die Baumkronen gefallen war, hatten sich einige schöne Fotografien machen lassen—doch es war einfach nicht genug. Sunhwa würde Material für eine ganze Fotostrecke haben wollen, mit mehreren Hintergründen oder unterschiedlichen Thematiken, die dennoch zueinander passten—doch bisher hatten sie nicht viel Auswahl.
Sie würden auf Aufnahmen aus dem Fotostudio zurückgreifen müssen, doch das setzte zunächst voraus, dass sie überhaupt zurück zum Büro kamen und der Regen, der immer noch unaufhörlich gegen das Fenster prasselte, schien ihnen das zu verwehren. Somit saß Jeongguk zusammen mit Hoseok in dem Café fest und es wurde nicht gerade dadurch besser, dass Jeongguk kaum den Blick des Models standhalten konnte, der unaufhörlich auf ihm ruhte. Er hatte sich einen Kaffee bestellt und auch Hoseok nippte an einem heißen Tee, doch sein Getränk stand unberührt vor ihm, während er es krampfhaft mit seinen Fingern umfasste und sich versuchte daran festzuhalten. Er musste einfach nur atmen—dann würde es besser werden. Doch wie sollte er atmen, wenn ihm sein Gegenüber diesen Atem sprichwörtlich raubte?
Jeongguk wollte am liebsten sein Gesicht hinter seinen Händen verbergen und Hoseoks aufmerksamen Blick entkommen, doch stattdessen starrte er hinab in die dunkle Flüssigkeit seines Kaffees und wünschte sich ein Ende. Ein Ende des Regens, ein Ende seiner Misere, einfach ein Ende. Er wollte in sein Bett, er wollte Hoseok mit seinem unverschämt wundervollen Lächeln hinter sich lassen und es gewaltsam aus seinen Gedanken verdrängen, er wollte nicht darüber nachdenken wie weich sich seine Haare wohl unter seinen Fingern anfühlen würden. Er wollte diese Gedanken nicht haben—er wollte zurück in seinen alltäglichen Trott, in dem ihm niemand Aufmerksamkeit schenkte, in dem er unter niemandes Blick errötete. Er fing nie die Blicke von Anderen auf—er war ein Niemand, und selbst seine Professoren mussten jedes Mal aufs neue nach seinem Namen fragen, weil er einfach nicht auffiel. Doch nun lag Hoseoks Aufmerksamkeit auf ihm, wenn natürlich auch nicht freiwillig—Hoseok hatte es sich ja nicht ausgesucht, mit Jeongguk in dem Café festzusitzen, es war nur ein ungünstiger Zufall gewesen.
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STARBOY | ʲᵘᶰᵍʰᵒᵖᵉ
Fanfic❝There's a starman waiting in the sky.❞ Jeongguk ist die Definition eines Niemands. Er hat einen Schutzwall um sich herum aufgebaut, um alles und jeden auf Abstand zu halten. Und dies geling ihm auch ㅡ bis er auf Hoseok trifft, der Jeongguks Schutzw...