Zuhause angekommen wurde ich von meiner Mutter freundlich mit einer Umarmung empfangen. „Ich hoffe, du hattest einen wunderschönen Schultag." Sie umklammerte schnell mein Arm und zog mich zur Küche. „Es gibt dein Lieblingsgericht. Ich habe nämlich von deinem Erfolg von der Spaßarbeit gehört."
Auf dem Tisch stand ein Brötchen mit Spiegelei und einem Salatblatt. Gerade das, was ich am meisten mochte. Natürlich kein aufwendiges Gericht und auch nicht das Ding für jedermann, aber mir gefiel und schmeckte es. Mit den richtigen Gewürzen kann man jedes Essen zu einem Meisterstück machen.
„Kann ich gerne wissen, um was es bei dieser Arbeit ging?", fragte sie mich neugierig.
Ich versuchte ein anderes Thema aufzugreifen. Die Fliege in meiner Nähe kam gerade rechtzeitig. „Mann, diese Biester können einen richtig nerven. Hoffentlich kommt bald wieder die Saison, wo sie abhauen."
„Sie sind häufig anwesend. Dagegen kann man nichts machen", konterte meine Mutter. „Willst du etwa das Thema mir nicht verraten?"
„Es ging um eine magische Welt namens Varyla. Der Lehrer wollte wissen, wer der Herrscher ist und sämtliche Einzeldetails zu den verschiedensten Wesen. Mir kam es vor, als wäre er der Autor von Varyla Undercover und Varyla Mysteries selbst."
Kurz überlegte sie, doch dann schüttelte sie mit den Kopf. „Ich kenne leider keinen echten Teil dieser Welt, der magisch ist."
Erst wollte ich es nicht glauben, doch meine innere Stimme versicherte mir, dass sie die Wahrheit sagte. Also ließ ich es dabei. Weitere Fragen würden nur die Idylle zerstören.
„Dann genieße dein Lieblingsgericht und lege dich hin. Das hast du dir verdient", sagte meine Mutter und küsste mich auf die Stirn. Kurz darauf verließ sie den Raum und ging in Richtung ihres Büros.
Ich genoss das Gericht mit jedem Bissen. Als ich fertig mit dem Essen war, legte ich es auf der Spüle ab und begab mich zu meinem Zimmer.
Hallo, innere Stimme. Kannst du mich hören?
Mit viel Mühe versuchte ich mit der Stimme zu kommunizieren. Doch es war zwecklos. Ich bekam keine einzige Antwort, als würde sie mich gekonnt ignorieren wollen.
„Hallo, rede mit mir!", schrie ich aus Versehen lauthals im Raum. Schnell legte ich meine Hand vor meinem Mund. Das war eine dumme Aktion. Hoffentlich hat es niemand gehört.
Die Tür ging auf. Mein Vater trat besorgt in den Raum hinein. „Ist etwas passiert, Veronika?", fragte er mich.
Ich schüttelte den Kopf. „Nein, es ist nichts passiert, Vater."
„Warum hast du dann dich selbst angeschrien, als würdest du von dir selbst eine Antwort verlangen?"
Peinlich berührt versuchte ich eine Antwort zu finden. „Ich... Ähm... Es ist schwer zu erklären."
Er kratzte sich verlegen am Kopf. „Ich denke, ich belasse es dabei. Wahrscheinlich nur eine Phase in der Pubertät. Hoffentlich hört sie bald wieder auf, sonst kann ich meine Arbeit vergessen." Kurz darauf verließ er den Raum wieder.
Kann mich jemand aus dieser Situation herausholen? Ich kam mir gerade wie jemand vor, der vor kurzem als psychisch gestört eingestuft wurde, obwohl das nicht der Fall sein konnte. Hoffentlich ist das alles nur ein böser Albtraum. Morgen stehe ich wieder auf und werde in einer Welt voller Einhörner und Freundlichkeit aufwachen. Ja, so wird es sein.
Ich legte mich in mein Bett und versuchte entspannt einzuschlafen. Doch dieser Luxus wurde mir leider verwehrt. Es klingelte an der Tür. So neugierig ich war, stand ich auf und wollte nachsehen, wer uns einen Besuch bescheren wollte.
„Hallo, werte Familie Shadow. Ich freue mich, euch einen Besuch bescheren zu können", gab eine bekannte Stimme von sich.
Ich achtete darauf, dass ich keine Geräusche machte, beim Treppen runtergehen. Es war mir wichtig, keine große Aufmerksamkeit auf mich zu regen.
„Warum sind Sie eigentlich hier, Herr Brown?", fragte mein Vater. „Hoffentlich nicht, weil Veronika heute mit sich selbst gesprochen hat."
Ein Lächeln stahl sich im Gesicht des Lehrers. „Nein, deswegen nicht. Aber eine interessante Tat von Veronika. Ich denke aber nicht, dass sie psychisch krank ist. Sie hat wohl einfach zu wenig Freunde."
Das schmerzte sehr innerlich. Ich hatte schon Freunde. Nur hatten sie sehr selten Zeit, weil sie sich eher auf die Vorbereitung der ersten Prüfung konzentrieren wollen. Ihre Beweggründe konnte ich voll und ganz verstehen. Schließlich hatte ich eigentlich dasselbe vorgehabt.
„Dieser Zauberer hat nichts Gutes im Schilde. Er muss schnell verschwinden, sonst kann etwas Schlimmes geschehen", warnte meine innere Stimme mich.
Und jetzt meldest du dich erst? Ich verschränkte meine Arme und schüttelte den Kopf. Wenigstens eine Entschuldigung würde ich gerne von dir hören.
„Entschuldigung!"
„Ich möchte Veronika dieses wunderbare Geschenk geben", gab der Zauberer von sich, doch er zeigte kein Geschenk hervor.
Meine Mutter war überaus verwirrt. „Welches Geschenk meinen Sie?"
„Sind Sie verwirrt? Brauchen Sie ärztliche Hilfe?", fragte mein Vater. „Wenn ja, könnte ich Ihnen einen guten Psychologen empfehlen."
Ich stellte mich vor ihn und sah ihn herausfordernd an. „Verschwinde aus diesem Haus, sofort!"
„Wieso denn?", fragte meine Mutter. „Außer seinem komischen Verhalten gibt es nichts, was mich dazu bewegen würde, ihn herauszuschmeißen."
„Ich sagte sofort!" Ich ließ mich nicht von meiner Mutter ausreden, ihn rauszuschmeißen.
„Gut, gehen Sie lieber", sagte mein Vater. „Aber vorher geben Sie bitte das Geschenk her."
Der Zauberer kicherte. „Welches Geschenk? Meintet ihr das hier?" Er holte sein Zauberzepter heraus und schickte sie in einen langen Schlaf. „Das wird sie für einige Zeit ausschalten."
Ich stand wie gefroren fest und sah gefasst meine Eltern an.
Diese Situation nutzte der Zauberer aus, um auch mich zu attackieren. „Jetzt ist es wohl aus mit dir. Die Geschichte soll sich verändern. Dafür werde ich sorgen." Ich wollte nachfragen, was er damit meinte, doch bevor ich fragen konnte, lag er erschöpft am Boden. „Das war wohl zu viel Magie, die ich für die Eltern verbraucht habe."
„Flieh Veronika. Ich leite dir den Weg zu einem geheimnisvollen Ort."
Ich traute der Stimme. Es hörte sich an, als würde sie von weiter weg ein Lied singen. Also folgte ich dem Gesang.
„Halt!", schrie der Zauberer. „Warum muss ich gerade in einem solchen Moment wenig Kraft haben?" Ich hörte schon, wie er sich mir immer mehr näherte. Doch dann gab es immer wieder Momente, wo er stehen blieb, um sich seine Kraft wiederzuholen. „Das kann nicht sein."
„Nur noch ein kleines bisschen."
Wir betraten einen Wald. Eigentlich war es uns verboten, ihn zu betreten, weil es viele Gerüchte darüber gab. Aber das war mir grundlegend egal. Es war mir wichtiger, ein sicheres Umfeld zu bekommen, wo ich außerhalb der Sichtweite des Zauberers kommen kann.
„Mist!" Der Zauberer stand vor dem Wald und trat wütend auf den Boden ein. „Gerade in dieses Gebiet muss sie fliehen. Ein Teil von Varyla, den ich nicht betreten kann."
Darüber war ich mehr als erfreut. Dieser Wald bringt mir die Sicherheit, die ich mir gewünscht habe.
„Und man könnte sagen, dass die Einwohner, die du gleich treffen wirst, netter sind als jeder Mensch, den du je über den Weg gelaufen bist", versicherte mir die innere Stimme.
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Veronika Shadow - Die Prophezeiung
FantasíaGerade als Veronika ein Leben als Mensch genießen wollte, kam alles anders als erwartet. Ein rachsüchtiger Zauberer, der die Macht des magischen Königreiches an sich gerissen hat, möchte plötzlich Veronika an den Kragen. Und das nur wegen einer Prop...