Eins

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"Hast du auch sicher alles?" Genervt schaute ich zu meiner Mum auf. "Mum du hast doch zweimal meine Koffer durchgesehen, weil du mir nicht glaubst!
Natürlich hab ich alles und selbst wenn nicht, ich kann dort auch was kaufen." Der Blick meiner Mutter wurde weicher und ich konnte ein wenig Wehmut in ihren Augen lesen. "Ach Schatz, hab doch etwas Verständnis, ich werde dich ein Jahr lang nicht sehen! Ein ganzes Jahr bist du weg... " Den letzten Satz schien sie mehr zu sich selbst als zu mir gesprochen zu haben dennoch ließ ich die Haustür los und nahm sie nochmals in den Arm.
Ich hatten gestern Abend den ganzen Tag auf der Couch gelegen und habe mit ihr gekuschelt um es für sie leichter zu machen aber ich denke, es hat nicht viel geholfen. Verübeln konnte ich es ihr jedoch auch nicht, immerhin ist Gemma an der Uni, am anderen Ende des Landes und ich werde nun ein Auslandsjahr in London machen, was für meine Mum ein Jahr allein bedeutete. "Wir müssen los Mum.", sagte ich und trat wieder zurück zur Haustür, öffnete sie diesmal jedoch und trat hinaus.

Wir stiegen ins Auto und fuhren zum Flughafen. Heute ging es also nach London. Langsam bekam ich Panik. Was wenn meine Gastfamilie mich nicht mögen würde? Oder ich sie nicht mag? Was wenn sie richtig komisch sind oder mich all die Arbeit machen ließen. Ich wusste kaum etwas über die Familie, da ich von meiner Organisation nur eine Email Adresse bekommen hatte und die Familie in ihrer einzigen Email an mich auch keine anderen Kontaktdaten hinterließen. Es beruhigte mich garnicht, dass alles was ich von meiner Gastfamilie hatte eine Email war, naja jetzt gab es kein Zurück mehr und irgendwie freute ich mich auch sehr auf London. Genau genommen auf Lousiana. Wir waren gute Freunde und hatten uns vor einigen Monaten auf einem Forum in Internet kennengelernt und wie der Zufall es so will geht sie auf die Schule, auf welche ich ebenfalls kommen werde. Als wir am Flughafen ankamen war der Gedanke daran dort jemanden zu kennen das einzige, dass mich davon abhielt durchzudrehen. Ich hatte mit meiner Mutter abgesprochen sie sollte nicht mit hinein kommen, was sie nach einigen Minuten diskutieren schließlich akzeptiert hatte.
So drehte ich mich nun zu ihr und zog sie in eine feste Umarmung. "Du wirst mir fehlen Harry, Schatz. Pass auf Dich auf un ruf mich an falls was ist! Und sag bescheid wenn du gut angekommen bist, ja?" "Mach ich Mama, ich hab dich lieb." Sie drückte mir noch einen Kuss auf die Backe bevor ich ausstieg und meine Koffer aus dem Kofferraum holte. Dann lief ich mit einem mulmigen Gefühl auf den Eingang des Flughafens zu. Entgegen meiner Erwartung schaffte ich es ohne Probleme mein Gepäck abzugeben und einzuchecken. Die drei Stunden bis zum Boarding verbrachte ich hauptsächlich damit, Lou, wie ich Louisiana nannte, zu schreiben. Seit ich wusste, dass ich auf ihre Schule kam hatten wir noch mehr Kontakt, ich würde sie als meine beste Freundin bezeichnen. Wir könnten stundenlang telefonieren und hatten den gleichen Humor. Sie war eine einfache Person bei der man nicht anders konnte als sie zu mögen. Zu Hause hatte ich keine wirklichen Freunde, ein paar Kollegen aus der Schule, doch wirklich reden konnte man mit denen auch nicht, weswegen ich mich umso mehr freute meine beste Freundin persönlich kennenzulernen.
Als ich endlich im Flugzeug auf meinem Platz saß spürte ich die Euphorie, ich liebte Fliegen, alles daran, selbst das Warten fand ich nicht so schlimm wie alle es immer behaupteten. Ich liebte das Gefühl von abheben und der Belanglosigkeit in der Luft. Denn vom Moment an in dem man in der Luft ist bis zum Moment in dem man landet scheinen alle Probleme die es auf der Erde gibt belanglos zu sein und das mochte ich. Ich saß glücklicherweise am Fenster, neben mir ein Ehepaar, welches mich aber nicht zur Notiz genommen hatte, worüber ich nicht undankbar war, das letzte das ich jetzt wollte war ein Gespräch mit fremden, denn davon hatte ich später noch genug.
Ich hörte den Flug über nur Musik und schaute aus dem Fenster oder hatte die Augen geschlossen, doch als wir zum Landeanflug ansetzen überkam mich die Angst wieder. Gleich war der Moment an dem ich meine Familie kennenlernen würde.
Nachdem ich aus dem Flugzeug raus war und ich meinen Koffer auf dem Rollband gefunden hatte war es soweit. Ich musste nurnoch durch die Tür gehen und da waren sie. Ich hoffte sie hatten ein Schild oder etwas dergleichen, denn ich hatte keine Ahnung wie sie aussahen.
Nach 5 Minuten in denen ich mich nicht überwinden konnte loszugehen, ging ich dann doch durch die Tür. Früher oder später hätte ich es sowieso tun müssen. Ich schaute mich um, konnte jedoch keine Familie mit Wilkommensschild sehen. Ein wenig Schwermut überkam mich. Na toll wie sollte ich die denn jetzt finden? Da tippte mir jemand von der Seite auf die Schulter. Ich drehte mich um um zu schauen wer es war und sah einen Mann mittleren Alters mit einem schwarzen Anzug. Was wollte der denn von mir? "Entschuldigen sie, sind sie Harry Styles?" Ich zog die Augenbrauen zusammen, wer war dieser Mann und woher kannte er meinen Namen? "Dann folgen sie mir bitte." Es klang weniger nach einer Bitte, als mehr nach einem Befehl. Der Mann lief los, drehte sich allerdings nochmal um, um sich zu vergewissern dass ich ihm wirklich folgte, woraufhin ich mich in Bewegung setzte. So wirklich sicher war ich mir bei der Sache hier nicht. War das etwa mein Gastvater? Das konnte ja noch lustig werden. Er führte mich direkt raus auf einen Parkplatz auf welchem er mir die Tür eines teuer aussehenden Autos aufhielt. Ich stieg ein und bemerkte dass es sogar getönte Scheiben hatte, okay das wurde jetzt wirklich gruselig, wurde ich gerade gekidnappet? Der Anzug-Typ hatte nichtmehr mit mir gesprochen seit er mich gebeten hat ihm zu folgen und um ehrlich zu sein traute ich mich nicht ihn anzusprechen, wer weiß vielleicht hat er ja neben einem teuren Anzug und einem teuren Auto auch noch eine teure Waffe, die er mir bei Gelegenheit an den Kopf hält? Schweigend fuhr er also, während ich auf dem Rücksitz saß und durch die getönten Scheiben die Gebäude ansah.
'Hilfe ich werde gekidnappet oder so' schrieb ich nach 10 Minuten im Wagen an Lou und keine zwei Sekunden später kam schon ihre Antwort: 'Wieso was ist passiert?' Brauchst du Hilfe?' Ich tippte meine Erklärung ein doch bevor ich fertig wurde hielt das Auto an. Ich schaute auf und mein Mund klappte auf. Vor uns war ein riesiges Gebäude oder wohl eher eine Villa aus cremfarbenem Steine und einer cremefarbenen Fassade. Wo war ich denn jetzt schonwieder gelandet. Das lief alles überhaupt nicht so wie ich es geplant hatte und ich fing an alles zu bereuen, da wurde die Autotür vom Anzugträger geöffnet. Ich stieg vorsichtig aus, die Auffahrt war mit Kies ausgelegt und knirschte bei jedem Schritt. Ich lief dem Mann, der im übrigen auch meine Koffer hatte, zur Tür hinterher welcher sie aufschloss und... an einen anderen übergab? Er trug ebenfalls einen schwarzen Anzug, schien aber ein paar Jahre jünger zu sein als der, der mich hergefahren hatte. "Hallo?", sagte ich so leise, dass ich mir nicht sicher war ob er mich überhaupt gehört hatte, doch er lächelte mich an und dann viel auch schon die Tür hinter mir zu. Ich war also allein mit einem neuen Anzug-Typen in einer Villa. Ich schaute mich um, der Eingang führte in eine riesige Empfangshalle welche in der Mitte des Raumes eine gewaltige Treppe hatte, die in ein weiteres Stockwerk führte, an den Wänden drumherum erkannte ich eine Menge geschlossener Türen aus dunklem Edelholz. "Gewaltig, hm?" Erschrocken zuckte ich zusammen als der Mann begann mit mir zu reden. "Ja.. Ja also ehm.", stammelte ich als Antwort. Verdammt ich hatte nicht mit einem Gespräch gerechnet. "Ich bin George, einer der Haus-Butler hier.", sagte er mit einem freundlichen Gesicht. Hausbutler? Okay das würde mir hier echt zu wild und aufgrund seines Lächelns traute ich mich nun endlich mal zu fragen was hier eigentlich los war. "Entschuldigung aber ich bin mir nicht sicher ob ich hier richtig bin. Wo bin ich denn überhaupt?" "Sie sind doch Harry Styles oder?" Ich nickte. Noch einer der meinen Namen kannte. "Dann sind sie hier genau richtig, Junge. Hier werden sie wohl das nächste Jahr verbringen." Ich werde was?! Okay nein damit hatte ich jetzt nicht gerechnet. Eher habe ich erwartet das jemand meiner Gastfamilie hier arbeitet und mich dann mitnimmt oder das hier sogar einfach alles ein Missverständnis war aber hier wohnt meine Gastfamilie? Konnte das sein? Waren sie etwa Adelig oder so? Naja reich waren sie offensichtlich. "Ich bringe sie auf ihr Zimmer und zeige ihnen dann alles, wenn das für sie in Ordnung ist?" Ich nickte nur beklommen, denn ich musste erstmal alles verarbeiten. Er nahm die Treppe hinauf in den ersten Stock führte mich durch einige Gänge zu einer anderen Treppe, bevor wir dann im zweiten Stock an meinem Zimmer ankamen. George öffnete die Tür und stellte meine Koffer ab, während ich nur staunen konnte. Das Zimmer war riesig. Ein großes weißes Himmelbett, für meinen Geschmack etwas kitschig, stand in der Mitte einer Wand, daneben war eine Tür, an der angrenzenden Wand war eine Fensterfront durch die man einen guten Blick auf den Wald hinter dem Gebäude hatte, in der Ecke stand ein Flügel, ja ein echter Flügel ebenfalls in weiß und an der Wand gegenüber vom Bett war eine zweite Tür und ein Schreibtisch, sowie etwas höher ein riesiger Fernseh. Wow, das war unglaublich. "Ich hoffe es gefällt ihnen, wenn sie noch etwas brauchen sagen sie mir oder einem anderen Bediensteten bescheid." Wieder konnte ich nur nicken und er fuhr fort: "Ich komme dann in einer halben Stunde wieder, für die Hausführung. Währenddessen können sie ja ihr Gepäck auspacken und sich mit dem Zimmer vertraut machen." Daraufhin verließ er den Raum und ließ mich allein zurück. Ich lief zum Bett und ließ mich darauf fallen, vielleicht nicht gerade angebracht, in anbetracht was es gekostet haben muss, doch es lud einfach dazu ein und wow! Es fühlte sich an als würde ich in Wolken landen. Ich hatte noch nie in einem weicheren Bett gelegen. Ja in dem könnte ich ohne zu murren das nächste Jahr verbringen. Ich nahm mein Handy und sah das Lou mir geschrieben hatte. 'Harry alles okay?! Was ist los' 'Hey antworte mir!' 'Ich mache mir wirklich Sorgen um dich wenn du nicht bald antwortest' Und ein verpassten Anruf von ihr. Mist! Ich antwortete direkt 'Hey tut mir leid, wir sind angekommen bevor ich dir antworten konnte. Also anscheinend ist meine Gastfamilie steinreich, denn sie haben einen Fahrer und angestellte, Buttler und so:) hier lässt es sich leben. Die haben eine Villa Lou! Mein Zimmer ist fast größer als meine ganze Wohnung zu Hause' Wieder musste ich nicht lange auf eine Antwort von ihr warten 'oh gott sei dank geht's dir gut, jag mir nie wieder so einen Schrecken ein! Aber freut mich dass deine Familie anscheinend doch nicht so schlimm ist:) schreib mir heute abend nochmal wie alles war, okay?'
'mach ich' Naja von der Familie hatte ich ja bis jetzt noch nicht viel gesehen aber das werde ich nacher bei Gelegenheit mal George fragen. Ich stand wieder vom Bett auf und ging auf die erste Tür näher an meinem Bett zu und öffnete sie. Dahinter befand sich ein enormes Ankleidezimmer, mir blieb die Luft weg beim Anblick der unzähligen Regale und Schubladen. Ich hatte nichtmal ansatzweise genügend Klamotten um auch nur die Hälfte der Fächer zu füllen. Ich drehte mich um und ging zur anderen Tür und öffnete auch diese. Ein Badezimmer mit Regendusche, Whirlpool-Badewanne und teuer aussehenden Waschbecken. Ausserdem ein Handtuchwärmer und ein Schrank. Erneut blieb mir die Luft weg aber was hatte ich erwartet bei einer Villa dieser Größe? Stockbetten? Sicher nicht! Hier kam jeder auf seine Kosten. Ich ging wieder zurück und begann tatsächlich meine Sachen aus den Koffern zu packen, allerdings viel es garnicht auf denn mehr als 3/4 der Schränke waren immer noch leer. Da klopfte es an der Tür, ich ging und trat hinaus, wo mich bereits George mit einem Lächeln erwartete. "Bereit für die Haustour?" Ich lächelte ebenfalls und nickte zustimmend. Er ging los und wir liefen wieder an einigen Türen im zweiten Stock vorbei an denen wir vorhin schon vorbeigekommen waren, anscheinend zeigte er mir nicht das ganze Haus, als plötzlich eine Tür aufging. Ich sprang ein Schritt zurück und als ich aufsah wer mich so erschrocken hatte sah ich in ein paar dunkle Augen, umrahmt von langen Wimpern, die Verwirrung widerspiegelten. Es war ein Junge, etwa in meinem alter, vielleicht auch ein Jahr älter, er hatte schwarze Haare und ein wirklich schönes Gesicht. Als ich an ihm herunterblickte stutze ich allerdings etwas, er trug Jogginghosen und einen lockeren Pulli und passte so überhaupt nicht in das Bild der Villa. Gut ich mit meinen schwarzen Jeans und einem Pulli vielleicht auch nicht so aber ich wusste ja nicht, dass ich in einer Villa wohnen würde und hatte um ehrlich zu sein garnicht darüber nachgedacht mich umzuziehen, mal davon abgesehen, dass ich sowieso nichts passendes hätte.
"Wer ist das?", wollte er nun an George gewant wissen. "Harry Styles, der Gastjunge.", sagte der nur gelassen, doch der irritierte Ausdruck auf dem Gesicht des schwarzhaarige wurde nicht besser, im Gegenteil, er schien noch verwirrter. "Und wer bist du?", fragte ich nun ohne groß darüber nachzudenken. Er schaute mich mit seinen dunklen Augen an als ob er dadurch alles über mich erfahren könnte und irgendwie war ich mir nicht ganz sicher ob er das mit dem Blick vielleicht nicht sogar konnte. "Ich bin Zayn."

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⏰ Letzte Aktualisierung: Dec 25, 2020 ⏰

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