KAPITEL VIER

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ES WAREN SCHON mehrere Tage seit dem Fotoshooting vergangen—viele Tage. Als er Sunhwa das erste Mal wiedergesehen hatte, war sie ihm um den Hals gefallen und hatte ihn mit Lob überhäuft. Sie hatte ihn zu dem kleinen Donutladen unterhalb ihres Büros eingeladen und er hatte sich so viele Donuts aussuchen dürfen, wie er essen konnte—nach fünf Stück hatte er keinen mehr rein bekommen und ihm war Stundenlang schlecht gewesen. Sunhwa war absolut begeistert von den Fotos, selbst von denen aus dem Café und sie hatte ihm die folgenden Tage damit das Ohr abgesabbelt, wie sie sich die kommende Fotostrecke vorstellte. Jeongguk war sich ziemlich sicher, dass Hoseok das erste Model in ihrer Zeitschrift sein würde, das so eine lange Fotostrecke bekam, nur für sich selber. 

Doch Jeongguk freute sich, dass die Fotos so gut ankamen, natürlich tat er das. Es freute ihn immer innerlich, wenn seine Werke gelobt wurden und Hoseok hatte es ihm unglaublich einfach gemacht. Eine Sache machte er ihm allerdings nicht einfach—und das war ihn zu vergessen. Wie sollte Jeongguk das tun, wenn er jedes Mal wieder auf der Arbeit daran erinnert wurde, weil Sunhwa und er an der Fotostrecke arbeiteten und er die Fotos regelmäßig zu Gesicht bekam? Wie sollte er das Lächeln vergessen, wenn es ihm auf den Aufnahmen entgegen strahlte, auch wenn es nichts im Vergleich zu dem Lächeln in Echt war. 

Es war unmöglich. 

Es war verschissen nochmal absolut unmöglich, dass Jeongguk diesen verdammten Kerl aus seinem Kopf bekam!

Wenn er in den Vorlesungen in der Uni saß, driftete er ab—das tat er immer. Doch nun dachte er an Hoseok. An Hoseok, mit dem unverschämt perfekten Gesicht, den rosigen Lippen und er war sich verdammt sicher, dass seine Haare sich so weich anfühlen mussten, wie sie den Eindruck machten—auch wenn er sich dessen wohl niemals von versichern konnte. Es wurde auch nicht besser dadurch, dass er Hoseoks Instagram Account gefunden hatte, denn auch auf den Fotos dort sah das Model umwerfend aus, so wie es zu erwarten gewesen war. Er hatte sogar die Benachrichtigungsoption eingestellt, damit er es mitbekam, sollte Hoseok etwas posten—aber das hatte er bisher noch nicht. Jeongguk hatte anhand der Bilder dort erfahren, dass Hoseok zwei Schwestern hatte, denn sie waren auf mehreren Fotos mit drauf, die offensichtlich nicht professionell für seine Arbeit, sondern privat entstanden waren.

Und ja, es waren nur seine Schwestern, nicht etwa eine von ihnen seine Freundin, dessen hatte sich Jeongguk auch überzeugt, in dem er die Profile der beiden jungen Frauen unter die Lupe genommen hatte. Innerlich fühlte er sich ein wenig wie ein Stalker, aber was war schon dabei, sich das Instagram Profil von jemanden anzuschauen und die verlinkten Personen abzuchecken? Das war doch völlig legitim—oder? 

Er war sich nicht so ganz sicher, denn er hatte dabei ein komisches Gefühl. Jeongguk machte sich sein Leben wohl selber schwer—er wollte Hoseok vergessen, doch stattdessen scrollte er bereits das zweite Mal am heutigen Tag durch dessen Instagram Profil, während er seinen Professor am anderen Ende des Raumes ausblendete. Die Vorlesung war schon fast zu Ende, allerdings war sein Tag dennoch so ziemlich gelaufen. Es war schon fast 18 Uhr, seine Vorlesung am Mittwoch gingen immer so lange und anschließend musste er zum Imbiss—ihm stand noch ein langer Abend bevor. Allerdings würde er dort wohl etwas zu Essen bekommen und diese Aussicht heiterte ihn auf—zusammen mit Hoseoks Bildern, die er sich immer noch anschaute. 

Er sollte das lassen. Dem war er sich bewusst und er versuchte er wirklich, ehrlich. Er wollte Hoseok ja vergessen, was blieb ihm schon anderes übrig—er würde ihn niemals wiedersehen, warum auch? Wenn sie sich nicht zufällig mal in der Bahn trafen, war die Wahrscheinlichkeit sich zu sehen gleich null. Seoul war riesig—und Jeongguk war sich ziemlich sicher, dass Hoseok weder in seiner zwielichtigen Nachbarschaft wohnte, noch sich einmal in den abgeranzten Imbiss verlaufen würde, in dem er arbeitete. Und ins Büro würde er auch nie wieder kommen, sie würden sich seine Gage niemals mehr leisten können. 

STARBOY | ʲᵘᶰᵍʰᵒᵖᵉWo Geschichten leben. Entdecke jetzt