Instant-Nudeln

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"Victor. Langsamer." Leicht verzweifelt strich ich ihm eine gräuliche Strähne hinters Ohr und spannte mich ein wenig an. Gequält warf mir der hübsche Mann einen Blick zu und natürlich hörte er mal wieder nicht auf mich. Mitleid würde er später definitiv nicht von mir bekommen.

"Ich hab doch gesagt, du sollst noch warten." Victors Hand spielte vergnügt an meinem Kinn, während seine Finger behutsam über meine Lippen fuhren.

"Ich weiß. Aber wenn du mich so anguckst, kann ich nichts dagegen tun." Sein Atem traf willkürlich auf meinem Hals auf, seine harmonische Stimme drang tief in meinen Kopf ein, während sich mein Puls um einiges erhöhte und ich das Gefühl hatte, die Luft abgedrückt zu bekommen.

"Victor.", flüsterte ich seinen Namen kaum hörbar in seine Richtung, als ich plötzlich etwas warmes und feuchtes auf meiner bloßen Haut spüren konnte. Meine Worte stockten, als der Grauhaarige sich mir noch etwas weiter näherte und seine weichen Lippen auf meinen Nacken presste. Der angenehme Schauder, der über meinen Rücken lief, ließ alle meine Gliedmaßen gleichmäßig kribbeln und mein Gehirn schien für einen kurzen Moment auszusetzen. Meine Muskeln krampften.

Überfordert schüttelte ich den Kopf und drückte Victor leicht von mir weg. Meine zitternden Hände lagen so ruhig wie gerade möglich auf seiner pulsierenden Brust, die einzig mit einem dünnen, militärgrünen Bademantel bedeckt wurde. Ich konnte jeden einzelnen Muskel von ihm spüren und jede Rippe fühlen, die sich auf seiner blassen Haut abzeichnete. Es ließ meine Gedanken stocken, mein klares Gemüt geriet ins Schwanken und ich musste mich zusammenreißen, um die plötzlich auftretende Nervosität nicht nach außen zu tragen.

"Die Nudeln müssten jetzt genug abgekühlt sein." Für einen kurzen Augenblick meinte ich einen trüben und enttäuschten Ausdruck auf seinem Gesicht gesehen zu haben, doch schon im nächsten Moment lächelte er wieder heiter und kratzte sich unschuldig am Hinterkopf. Vielleicht unterlag ich bereits meiner Einbildung.
Verwirrt sah ich zu, wie Victor sich langsam von mir entfernte und sich gehorsam zurück an den kleinen Holztisch setzte. Mich ignorierend, gabelte er seine frischen Instant-Nudeln an den dunklen Stäbchen auf und versuchte sich möglichst nicht an dem beinahe kochenden Wasser zu verbrennen.

Ich konnte spüren, wie mir die Röte ins Gesicht schoss, als ihm der grünliche Stoff lautlos von der Schulter rutschte und nun seinen halben Oberkörper entblößte. Ruckartig drehte ich mich in die entgegengesetzte Richtung und marschierte ein paar Schritte weiter nach vorne, wo ich mich kraftlos auf unseren grauen Sitzsack plumpsen ließ. Seufzend sog ich den warmen Sauerstoff in meine Lungen.

Mit geschlossenen Augen griff ich nach meinem PS4-Kontroller und lehnte mich erschöpft zurück gegen die knirschende Lehne.

"Hah." Vergeblich versuchte ich mich auf mein Spiel zu konzentrieren, was nicht gerade einfach war, mit einem keuchenden Victor im Hintergrund. Und im Gegensatz zu ihm, schaffte ich es irgendwie nicht, ihn einfach so auszublenden. Erneut pustete der Grauhaarige bedacht in die heiße Brühe.

Die rote Färbung auf meinen Wangen ging zu allem Überfluss auch nicht weg, sondern wurde lediglich intensiver. Nervös tippte ich mit meinen Fußspitzen auf den erwärmten Laminatboden und richtete schnell meine Kleider, bevor ich von dem taktischen Kriegsspiel absah und stattdessen beschloss, Mario-Cart auszuwählen. Was im Endeffekt auch eine gute Idee war.

Absichtlich drehte ich mich so zu dem kleinen, flackernden Bildschirm, dass Victor nichts weiter als Teile meines Rückens beobachten konnte. Sein starrer Blick auf meinem Nacken verstärkte all meine, bereits im Chaos versinkenden, Gefühle nur noch mehr und ich stellte missmutig fest, dass ich von Minute zu Minute hibbeliger agierte. Eine derartige Situation war schon etliche Male vorgekommen, dennoch überhäufte mich mein Körper mit einer unangenehmen Reizüberflutung. Mit rollenden Augen betrachtete ich den bunt-leuchtenden Bildschirm und bekam gerade noch mit, wie mein ausgewählter Spielcharakter mit voller Wucht gegen eine Wand donnerte und anschließend auch noch von einer dieser verfluchten Bomben getroffen wurde.

Ich war nicht mehr weit davon entfernt, mich selbst zu bemitleiden.

Yuri!!! On Ice [Short Story / Lemon] Victor x ReaderWo Geschichten leben. Entdecke jetzt