Kapitel 28

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Frenetischer Jubel folgte, bevor Samu weiter sprechen konnte.
„Mit diesem Lied, wollte ich den braunen Lockenkopf, der urplötzlich in unserem Studio aufgetaucht ist, natürlich viel zu spät, um noch vorspielen zu können, testen.“ Samu entfuhr ein herzhaftes Lachen. Das erste heute Abend und das erste, seit Monaten. Es klang schöner, als jede Melodie, die Samu heute Abend gespielt hatte, fand Riku. „Das er den Test mit Bravour bestanden hatte, könnt ihr euch ja denken.“ Dies entlockte sogar Riku ein Lächeln. „Doch heute...muss ich ihn, wie alle anderen Songs auch, alleine spielen. Obschon er zu unserem Song geworden ist und es immer sein wird.“ Samu hätte alles dafür gegeben, dieses Gefühl, zusammen mit Riku auf der Bühne zu stehen, noch einmal, ein letztes Mal, zu erleben und zu spüren. Doch er war ja nicht da. Oder vielleicht doch?
Samu liess seinen Blick, wie schon so oft an diesem Abend, suchend über die Menge vor ihm gleiten. Die die hinten standen, waren für Samu nicht zu sehen. Jedoch sah er, dass auch Alma und Mia bei all seinen Freunden standen. Das taten sie am Anfang noch nicht. Also wenn Alma da war, dann bestand ja die Hoffnung, dass auch Riku...Zumindest davon wusste.
Samus Blick blieb bei dem von Alma haften. Sie zuckte nur mit den Schultern. Wusste sie jetzt nicht, ob er es wusste. Oder ob er da war? Sollte er es riskieren? Mehr zum Deppen machen, konnte er sich nicht, dachte Samu. Warum also nicht? Irgendetwas sagte ihm, dass Riku da war.
Es war so ein Gefühl, welches Samu auf einmal erfasste, als Jukka, der arme Kerl, schon zum x-ten Mal das Intro spielen musste. Eine Art kühler Lufthauch, der kurz durch die Location zog. Sich dann jedoch um Samu legte und ihm etwas leise zu flüsterte. Es war der Grund, weshalb er dann endlich mit dem Song anfangen konnte.

Samu atmete kurz durch und nahm allen Mut oder was auch immer, zusammen. „Rik...“ Erklang Samus Stimme, nach dem es eine Weile still war. „Falls du da bist...warum auch immer...aber falls du irgendwo hier in diesem Raum bist...wäre es mir eine verdammte Ehre, diesen Song noch einmal mit dir zusammen zu spielen.“ Erneut Stille. Die Menge sah sich um. „Komm schon, gib dir einen Ruck! Spring über deinen verdammten Schatten.“ Samus Blick suchte wieder die Menge ab. Ein flehender Ausdruck lag in ihnen. „Für unsere Fans, Riku!“
Riku schloss die Augen, während das Publikum, seinen Namen anfing zu rufen. „Gib dir einen Ruck.“ So Alma, die auf einmal neben ihm stand. „Es juckt dich doch sicher schon die ganze Zeit in den Fingern.“ Mütter kennen einen einfach zu gut, um vor ihnen etwas zu verbergen. Auch wenn sie nicht neben einem stehen.
„Riku, Riku, Riku!“ Ertönte es immer noch durch den Raum. Riku schnaubte. „Ich hasse ihn!“ - „Tust du nicht. Und jetzt beweg deinen Hintern auf die Bühne.“ Darauf Mikko. Er hatte Riku schon vor einer Weile entdeckt. „Wenn nicht für Samu, dann für deine Fans, die dich schmerzlich vermissen und...für dich!“
Wieder sah Riku zu Samu, der ihn immer noch nicht entdeckt hat, nachdem er kurz Mikko ansah.
Riku kniff fest die Augen zusammen, bevor er aus seinem Schutz der Dunkelheit, ins Licht trat. Die ersten Fans hatten ihn entdeckt und fingen an zu jubeln.
Samu traute seinen Augen nicht. Er war da. Riku war wirklich gekommen. Am liebsten, wäre Samu von der Bühne gesprungen, hätte Riku in den Arm genommen und nie mehr los gelassen. Ein Lächeln, war jedoch alles, was über Samus Gesicht huschte. So unglaublich gut, dieser Anblick und die Gewissheit, dass Riku da war, tat. Umso mehr schmerzte es ihn zu sehen, dass alle in seiner Nähe sein durften. Nur ihm, der es am dringendsten nötig gehabt und alles dafür gegeben hätte, blieb dies verwehrt. Er musste schon seit Monaten darauf verzichten. Doch sehnte sich Samu doch nach nichts mehr, als endlich die vertraute Wärme und den geliebten Duft um sich zu haben. Durch Rikus Locken, die er ziemlich gestutzt hatte, zu streichen und seine Nase darin zu vergraben. Nichts, möchte Samu gerade mehr, als sich in Rikus Arme fallen zu lassen.
Wieder sammelten sich Tränen hinter seinen Augen. Wenn er diesen Abend hier überstand, dann war er bestimmt leer und ausgetrocknet vom vielen Weinen. An all dem, war Samu selber Schuld. Dies wusste er. Das Erwachen kam etwas zu spät. Wohl möglich zu spät für immer? Würde dieser Abend überhaupt etwas an Rikus Entscheidung ändern? Samu hatte keine Ahnung. Es war so schwer für ihn, an Rikus Körperhaltung abzulesen.

Wieder hob Samu seinen Blick, der sogleich mit dem von Riku zusammentraf. Sie verfingen sich ineinander. Doch auch in dem, war es schwierig zu lesen. Sogar das, konnte er nicht mehr. Früher reichte ein Blick auf Riku und Samu wusste, was in ihm vorging. Doch jetzt...Riku schien sich gegen etwas zu wehren. Und dies war nicht bloss Samus Blick, der ihn festhielt. Es ging tiefer. Samu konnte in Rikus Augen und an seiner ganzen Haltung erkennen, dass ein regelrechter Kampf in ihm zu Gange war.
Was gegen was kämpfte, wusste Samu nicht. Er konnte nur hoffen, dass es die Liebe war, die noch irgendwo, tief in Riku sein musste, die sich nach oben kämpfte, um zu gewinnen. Gegen alles, was sich ihr in den Weg stellte. Gegen Riku.
Ihre Blicke fest mit einander verschlungen, sah es aus, als würden sie ein wortloses Gefecht zusammen austragen. 'Komm schon', formten Samus Lippen lautlos.

Noch einmal tief durch atmen. Dann bahnte sich Riku, auf der Seite und unter tosendem Applaus, einen Weg durch Menge. Samus Herz machte gerade Purzelbäume. Er stellte seine Gitarre beiseite und ging an den linken Bühnenrand, um auf Riku zu warten.
„Dein Ernst Haber?“ So Riku, als er dort angekommen war. „Tut mir leid. Ich konnte nicht anders. War eine spontane Idee.“ Grinste er ihn an. „Willst du mich jetzt einfach dämlich angrinsen oder hilfst du mir auch noch hier rauf?“ Wie hatte Samu diese Kabelei vermisst. Er streckte Riku die Hand hin. „Komm schon du Diva!“ Riku griff danach und es war ihm, als würde ein Stromstoss durch seinen Körper jagen. Von seinen Zehen, bis zu seinem Scheitel. Mit einem Ruck, stand er dann auch schon vor Samu und sein Duft, stieg ihm in die Nase. Natürlich musste sich darauf, sein kleiner Freund in seiner Hose, auch noch zu Wort melden.
Samu konnte nicht anders, als Riku in eine Umarmung zu ziehen, als er so dicht vor ihm stand. Zu sehr, hatte es ihm gefehlt, Riku so nah zu sein. Dieser atmete tief durch. Erwiderte dann jedoch die Umarmung. Die Menge flippte beinahe aus. Wie sehr hatten sie sich diesen Tag herbei gesehnt.
„Danke.“ Flüsterte Samu und liess Riku wieder los. Riku lächelte. Ein ehrlich gemeintes Lächeln. „Lass uns unsere Fans glücklich machen.“ Samu nickte. Setzte sich wieder hin, während Riku noch kurz mit den Jungs abklatschte. Osmo überliess ihm seinen Hocker, während dieser sich, etwas weiter hinten, hinsetzte.

I am living in the AfterglowWo Geschichten leben. Entdecke jetzt