66. Kapitel

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Ich öffnete die Tür zum Gemeinschaftsraum und erwartete, dass die Jungs von ihren Plätzen aufspringen und Yoongi bestrafen würden. Er hatte weder Anrufe angenommen, noch Bescheid gesagt, dass er für ein paar Stunden verschwinden würde, weil er Zeit zum Nachdenken brauchte. Dadurch hatte er nicht nur eine Probe verpasst, sondern auch noch ihre Mitarbeiter und nicht zuletzt seine Freunde verärgert.

Ich hatte erwartet, dass sie außer sich sein würden. Sei es vor Sorge oder Wut oder beidem. Ich hatte irgendeine Reaktion erwartet.

Sie sprangen zwar alle auf, aber sagten kaum etwas. Jin klopfte Yoongi wortlos auf den Rücken und Suji umarmte den Jungen kurz. In ihren Gesichtern las ich keinerlei Vorwurf. Nur Erleichterung.

"Mach das nicht noch einmal.", flüsterte Suji ihm leise zu, bevor wir uns an den langen Tisch zu ihnen setzten. Die ganze Aufregung der letzten Stunden war schnell vergessen. Stattdessen taten sie einfach so als wäre nichts geschehen. Ich fragte mich, ob sie vielleicht nur nichts sagten, weil ich dabei war und Yoongi später noch mächtig Ärger bekommen würde. Immerhin hatte er ein Training verpasst. Seine Freunde sollten darüber ziemlich bestürzt sein. Das Comeback stand kurz bevor und jede freie Minute war verplant. In diesem Zeitplan fand sich keine Zeit für plötzliches Verschwinden.

Aus diesem Grund war ich nicht ganz sicher, ob ich so einfach gehen konnte oder ob ich Yoongi dadurch ihm heillosen Chaos zurücklassen würde. Ich hatte mit Schrecken bemerkt, dass die Zeiger der Uhr schon gefährlich nah auf die elf zuliefen. Am nächsten Tag wollte ich früh nach Daegu fahren um meine Familie zu besuchen. Mein letzter Besuch war schon viel zu lange her. Die Reise musste ich noch demensprechend vorbereiten. Ich musste meine Tasche packen und online ein Zugticket kaufen. Zu spät durfte ich auch nicht ins Bett gehen, sonst würde meine Aufmerksamkeitsspanne rapide sinke. Ich hatte einige Umstiege vor mir und ich wollte auf keinen Fall einen meiner Anschlusszüge verpassen nur weil ich verschlafen hatte.

"Ich muss jetzt leider gehen.", sagte ich und nutzte dabei einen kleinen ruhigen Moment der Unterhaltung aus. Bis dahin hatten sie lebhaft miteinader geredet. Ihr Thema Nummer eins war natürlich ihr Comeback und das Training. Sie mussten den Zeitplan ein wenig umplanen und ein paar Abstriche machen, was ihre Proben anging. So wie ich sie kannte, waren sie sowieso bestens vorbereitet. Sorgen machten sie sich trotzdem.

Die Jungs nickten verständnisvoll.

"Es ist auch schon spät.", bemerkte Hoseok.

"Ich sag Seokmin Bescheid.", sagte Yoongi und griff bereits nach seinem Smartphone, aber dieses Mal lehnte ich sein Angebot entschieden ab. Seine Augen beobachteten mich eingehend und ich musste mich anstrengen unter seinen Blicken nicht rot anzulaufen. Wie hätte ich das erklären sollen?

"Ich nehm die U-Bahn. Jetzt ist es noch früh genug. Viele Menschen sind jetzt noch unterwegs. Ich bin sicher ich treffe auf der Fahrt ein paar meiner Freunde."

Es war zwar mitten in der Woche, aber das hielt Studenten sicherlich nicht davon ab zu feiern. Die meisten verbrachten ihre Zeit abseits der Uni in Itaewon, weil der Bezirk vor allem nachts belebt war. Die nächste U-Bahn Station war nur einen Katzensprung entfernt. Es war dieselbe Linie, die auch in Itaewon Halt machte und wahrscheinlich nicht wenige angetrunkene Studenten beförderte.

Yoongi nickte langsam und senkte den Kopf. Sein Blick war auf sein Handy gerichtet. Suji lehnte sich lächelnd zu mir und griff nach meiner Hand.

"Ich bring dich noch nach unten.", sagte sie. Ich folgte ihr stumm. Im Türrahmen blieb ich noch einmal stehen und winkte den Jungs zu. Die Energie, die sonst immer anwesend war, wenn ich bei Yoongi war, war plötzlich verschwunden. Es war so als hätte er jeden Antrieb verloren, sodass selbst seine Aura anfing darunter zu leiden.

Seesaw (BTS Fan-Fiction)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt