Kapitel 16

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Scorpius betrat zögerlich die Küche und wusste nicht, ob er erleichtert sein sollte, dass er nur seinen Vater sah oder nicht. So wie er sich gestern gefühlt hatte als er seine Eltern gesehen hatte. Gesehen hatte, wie sie sich geküsst hatten. Er wusste immer noch nicht, was er davon halten sollte.
„Morgen Dad.", begrüßte er ihn und setzte sich an den kleinen Esstisch. Behielt seinen Vater im Auge, wie er offenbar Frühstück herrichtete.
„Morgen, Scorp. Du bist schon wach? Wundert mich direkt?"
Ja ihn auch. Er hatte bis in den frühen Morgenstunden sich den Kopf über seine Eltern zerbrochen. Darüber was er davon halten sollte. Und die größte Angst war, dass sich das ganze nicht positiv zwischen ihnen beiden entwickeln würden und Scorp sich dann entscheiden müsste zwischen seinen Eltern.

Er wollte das nicht. Wollte nicht, dass das hier kaputtging. Er fand es gut, dass sie sich alle so verstanden. Zeit miteinander verbrachten. Einfach zusammen waren. Was wenn das zwischen seinen Eltern nur kompliziert wurde? Was dann? Er liebte seinen Vater. Er war ein toller Dad. Aber er wollte seine Mutter nicht mehr hergeben und er würde sie nicht mehr hergeben. Was würde dann passieren? Könnte sein Vater das Akzeptieren? Würde Scorp hierbleiben dürfen und sein Vater ... ihn nur noch besuchen?
„Scorpius.", sagte sein Vater und riss ihn damit aus seinen Gedanken.
„Was?", fragte der Jüngere verwirrt und sein Vater gluckste.
„Du bist wohl noch nicht wirklich anwesend." Nein war er nicht. „Sind deine Freunde schon wach?"

„Nein.", erwiderte Scorpius und setzte sich gerader hin als sein Vater eine Pfanne mit Eiern auf den gedeckten Tisch stellte.
„Na dann. Frühstücken wir erst zusammen."
„Wo ist Mum?", fragte Scorpius sofort und sein Vater goss sich Kaffee ein.
„Ministerium. Sie braucht irgendeine Genehmigung für ein neues Projekt. Ist aber Mittag wieder da."
Scorp nickte still. Musterte seinen Vater aufmerksam. Es war seltsam ihn zu sehen, wie er Astoria küsste. Sein Vater hatte sich nie mit... Frauen getroffen. Zumindest nicht so und das, obwohl seine Großeltern es versucht hatten. Versucht hatten, ihm Dates zu verschaffen. Früher hatte Scorp sich das oft vorgestellt. Vorgestellt, wie es sein würde, wenn sein Vater eine andere Frau an seiner Seite hatte. Irgendwann hatte er sich das vorgestellt, wie es sein würde, wenn seine Mutter wieder da wäre und sie beide, wieder einander hätten.

Aber zum Teufel, Scorpius hätte nie gedacht, dass es wirklich dazu kommen würde. Und er war kein Kind mehr. Kein kleines naives Kind, das glaubte, dass alles einfach gut werden würde. Er war fast erwachsen. Er wusste wie zerbrechlich das Leben und Beziehungen waren. Er verspürte Panik. Er wollte seine Mutter nie wieder hergeben. NIE MEHR!
„Was ist los?", fragte sein Vater und sah ihn neugierig an. „Du bist so still? Hast du keinen Hunger? Möchtest du etwas anderes?"
„Dad.", sagte Scorpius und schluckte hart.
Er musste Fragen. Er musste mit ihm darüber reden. Sein Vater durfte das hier nicht gegen die Wand fahren.
„Mmh?", brummte Draco und nippte an seiner Tasse.
„Liebst du Mum?"

Sein Vater verschluckte sich fast und stellte seine Tasse ab.
„Was?", fragte er, als hätte er ihn nicht verstanden.
Er hatte Scorp sicher verstanden, sonst würde er nicht so reagieren. Aber darauf konnte Scorpius jetzt keine Rücksicht nehmen.
„Liebst du Mum?", frage er erneut und wusste nicht, ob er Mitleid mit seinem Vater haben oder Lachen sollte als er tatsächlich rot wurde.
„Ich..." Der Ältere senkte den Blick und schien darüber nachzudenken. „Deine Mutter und ich verstehen uns sehr gut. Wir hatten schon immer..."
„Ich habe euch gesehen.", unterbrach Scorpius ihn und sein Vater blickte auf.
Verwirrt? Irritiert? Baff?

„Gestern.", versuchte es Scorp. „Im Wohnzimmer. Als ihr euch geküsst habt."
„Wieso...", fing sein Vater an und brach ab.
„Seit wann läuft das zwischen euch?", fragte Scorpius weiter.
„Scorpius.", seufzte der Ältere und er hielt seinen Blick stand.
„Seit wann?"
Sein Vater fuhr sich übers Gesicht, bevor er ihn wieder ansah.
„Es fing schon in Amerika an."
Ihm klappte der Mund auf. Es war nicht zu fassen. „Was?!" Er stand auf.
„Was?", fragte er erneut. „Ist das ein Scherz?"
„Scorp..."
„Und was ist das? Ich meine... ist das für dich ein verdammter Witz oder..."
„Schluss damit.", unterbrach ihn sein Vater. „Ich werde nicht zulassen, dass du das als Witz bezeichnest."

„Du hast sie gehen lassen!", fuhr Scorpius ihn an.
„Ich hatte keine Wahl.", fuhr sein Vater ihn genauso aufgebracht an. „Denkst du, das war leicht für mich? Einfach? Ich hätte dich verloren. Wir beide hätten dich verloren, wenn ich mitgegangen wäre. Ich hatte keine Wahl, Scorp." Scorp schluckte und zuckte innerlich zusammen, als sein Vater sanft sein Gesicht umfasste. „Du bist das wertvollste, was ich habe. Das schönste, was mir deine Mutter machen konnte. Und du bist nur hier, weil deine Mutter und ich schon immer diese Verbindung zueinander hatten. Ich weiß, dass du Angst hast, aber deine Mutter und ich lieben uns. Das war schon immer so und wird sich nie ändern."

Scorps Stimme zitterte.
„Ich will Mum nicht verlieren."
„Das will ich auch nicht. Und das wird nicht passieren. Wir lassen sie uns nicht mehr nehmen. Ich verspreche es."
„Ich will, das wir eine Familie sind.", wisperte Scorp schwer.
So kindlich und naiv dieser Wunsch war, aber genau das war es, was er wollte.
Sein Vater zog ihn an sich. Umarmte ihn fest.
„Das sind wir, Scorp. Das sind wir, versprochen."
Er hoffte, dass sein Vater wirklich dieses Versprechen einhalten konnte. Denn er wollte sich nicht zwischen seinen Eltern entscheiden müssen. Niemals.






Sie war erschöpft und das, obwohl sie nur zwei Stunden bei diesen bescheuerten Beamten gewesen war. England und seine hunderten Vorschriften. Für jede Sache brauchte man am besten zwei Genehmigungen. Es war schon fast lächerlich. Aber jetzt hatte sie zum Glück alle Erlaubnisse für den magischen Umbau des Hauses ihres Kunden und das war das wichtigste. Sie fuhr sich über das Genick, bevor sie in den Aufzug stieg und dabei über ihr dunkelblaues Etuikleid fuhr und ihre Arbeitsmappe unter ihren Arm klemmte. Jetzt noch kurz ins Büro. Mit ihrem Team alles besprechen und dem Kunden Bescheid geben, dass der Umbau beginnen konnte. Ihr erstes großes Projekt in England. Sie freute sich darauf. Sehr sogar.

Der Aufzug wollte sich schließen und eine Hand schob sich dazwischen. Sie wich zurück. Spürte die Wand im Rücken und sah ihn einfach nur an, wie der Mann vor ihr sie selbst. Das konnte doch jetzt nicht wahr sein.
„Astoria.", wisperte Hyperion schwer und sein Blick war fassungslos.
Das Blut in ihren Ohren rauschte. Sie atmete flach. Spürte kaum ihren Herzschlag. Ihre Gedanken überschlugen sich. Sie wusste nicht was sie tun, was sie sagen sollte. Sie war wie versteinert. Was sollte sie sagen? Dass es ihr leidtut? Leid tat, dass sie sich für Scorpius entschieden hatte? Dafür das Baby zu bekommen? Nein. Nein denn Scorpius zur Welt zubringen, war das Beste in ihrem Leben gewesen. Aber es ihm nicht gleich erzählt zuhaben, tat er ihr Leid. Aber zur Hölle sie hatte Angst gehabt. Begründet, wie sich herausgestellt hatte.

Hätte es etwas geändert, wenn sie sich ihrem Vater anvertraut hätte? Vielleicht. Ihr Vater liebte sie aufrichtig und war im Grunde ein gutmütiger und sanfter Mensch. Von ihm getrennt worden zu sein, war neben Draco und ihrem Kind das schlimmste gewesen. Sie zuckte zusammen als er seine Hand hob.
„Tori.", murmelte er zittrig und strich ihr über die Wange. Sie spürte erst jetzt, dass sie offenbar weinte. Hyperion lächelte schwach. „Meine kleine Astoria."
Der Aufzug öffnete sich und die Stimme des Aufzuges war ruhig.
„Sechster Stock. Abteilung für magisches Transportwesen."
Ihr Vater wollte den Mund aufmachen als eine ebenso vertraute Stimme ertönte.
„Hyperion. Wo bleibst du?"
Ihre Mutter.

Ein eiskalter Schauer lief ihr über den Rücken und sie drückte sich noch mehr an die Aufzugwand. Seitlich bei den Knöpfen. Sie hoffte nur, dass Eliza nicht näherkam. Sie nicht sah.
„Ich komme schon.", rief ihr Vater und sah Astoria wieder an. Senkte die Stimme. „Warte im Atrium auf mich."
„Hyperion.", rief Astorias Mutter erneut und Hyperion trat aus dem Aufzug.
Die Türen schlossen sich wieder und ließen ein völlig aufgewühltes Bündel ihrer Selbst zurück. Scheiße. Sie wartete nicht als sie das Atrium betrat. Sie rannte fast schon zum Ausgang und sobald sie das Gebäude verlassen hatte, apparierte sie.

Sie kam sich vor als wäre sie verdammt nochmal auf der Flucht und atmete erst tief ein und aus als sie ihre Wohnungstür hinter sich zuschlug. Sie fixierte die schwere Tür und wich dabei einige Schritte zurück. Als könnte jemand jetzt genau dagegen klopfen, sie einschlagen oder einfach aus den Angeln hexen.
„Astoria?", fragte eine vertraute Stimme hinter ihr und sie zuckte zusammen, bevor sie sich hektisch umwandte. Draco. Nur Draco. Sein Blick war sofort besorgt. „Was ist passiert?" Sie wandte sich wieder der Tür zu. Wie idiotisch. Ihr Vater würde nicht hier auftauchen. Sie sah zu Draco auf als er vor ihr stehen blieb und seine Hand um ihren Arm legte. „Tori, was ist passiert?"

Sie atmete schwer ein und aus.
„Mein Vater ..."
Sie brach ab. Seine Berührung war so vertraut gewesen. So bekannt.
„Was ist mit deinem Vater?" Sie sagte nichts. „Tori?"
„Er war im Ministerium. Ich ... wir ..."
„Er hat dich gesehen.", stellte Draco fest und sie nickte. Draco legte besorgt einen Arm um sie und schob sie Richtung Wohnraum. „Komm. Komm setz dich."
„Ich muss ... die Arbeit..."
„Ich sage Samuel Bescheid.", erklärte Draco und drückte sie aufs Sofa.
„Wo ist Scorpius?", fragte sie ängstlich.
„Bei den Potters mit James und Albus. Er wollte aber am Nachmittag wieder zurück sein."
Sie nickte stumm. Gut, das war gut. Sie wollte nicht, dass er sie so sah.

Sie hörte wie Draco Samuel Bescheid gab, dass sie nicht in die Arbeit kam. Ihm kurz erklärte, was er glaubte, was passiert war. Hyperion hatte sie gesehen. Wollte das sie wartete. Wozu? Um mit ihr zu reden? Ihr Vorwürfe machen? Sie hatte nicht gewartet. Was würde er tun, weil sie nicht gewartet hatte? Sprach Hyperion mit seiner Frau darüber? Eliza... Angst durchzuckte Astorias Körper. Sie hielt dieser Frau nicht stand. Sie war ein eiskalter Mensch. Sie hatte ihr Scorpius weggenommen und sie aus der Familie verbannt. Ohne Hilfe. Ohne Geld. Ohne eine Zukunft.

Sie sah irritiert auf und sah in bekannte, warme graue Augen. Draco.
„Geht es dir gut?"
„Ich weiß nicht ...", erwiderte sie zitternd.
Sie ... war... Überrumpelt. Er reichte ihr ein Glas. Sie roch den Whisky.
„Trink. Das bringt dich runter." Dazu brauchte sie wohl eher eine ganze Flasche. Sie leerte das Glas in einem Zug. Oder ein Fass. Ein Fass wäre gut. Draco seufzte und nahm ihr das Glas ab, bevor er sich auf den Hocker vor ihr setzte. „Das ist wohl kein guter Zeitpunkt.", fing er an und sie starrte ihn an. „Aber du solltest das Wissen, bevor Scorp wiederkommt." Warum? Was hatte er angestellt? „Scorpius weiß über uns Bescheid." Damit hatte sie jetzt nicht gerechnet. „Er hat uns gestern gesehen. Wie wir ... uns geküsst haben."
Kein guter Zeitpunkt. Armer Scorp. So viel zu dem Thema ihren Jungen alles in Ruhe zu erklären.

Gestohlenes GlückWo Geschichten leben. Entdecke jetzt