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>> Lyra, schau mal! <<

>> Würde sie das einfach so auf den Boden werfen? Oder überhaupt anziehen? << Lyra kommt mit Nino in der Hand zu ihr ins Ankleidezimmer und lässt ihn neben ihr fast fallen um sich das genauer anzusehen. Zerknitterte Stoffe und alles in Gelb, Hellgrün und Schwarz. Dinge, die sie kaum trägt, oder überhaupt nicht tragen kann. Das würde sie nie auswählen. >> Ihr Entführer hat einfach keinen Geschmack, aber wenigstens hat er sie angezogen. << Angewidert hebt Felina ein butterblumengelbes Kleid vom Boden auf. Hässliches Ding. Anscheinend hat Aelin doch ein paar Fehler. Geschmackverwirrung zu bestimmten Zeiten gehört wohl dazu. Denn das würde niemand anziehen. Vielleicht ist es ja selbstgenäht. >> Hey Lyra, kann Aelin nähen? << Als Antwort bekommt sie nur ein Lachen, das sich über mehrere Minuten zieht. Das heißt wohl nein. Schmunzelnd schmeißt Felina den misslungenen Versuch in den Mistkübel. Hier irgendwo muss das Amulett sein. So wie sie Cora kennen, hat sie es versteckt. >> Nino, du suchst drüben im Spielezimmer, da sind weniger Dinge, die du nicht sehen sollst. << Langsam nickend zieht er sich zurück. In ein Zimmer, wo weniger Unterwäsche herumliegt. Beruhigender für Felina und weniger seltsam für ihn. Er behält die Prinzessin eines ganzen Königreichs doch lieber sittsam in Erinnerung.

Gemeinsam durchforsten sie das vierteilige Zimmer. Aelin lebte wirklich nicht schlecht, als Angestellte. Und jetzt haben sie dieses tolle Vergnügen jeden Quadratmillimeter davon abzusuchen. Ein wirklich lästiges Unterfangen. >> Hast du schon was? << Lyras gedämpfte Stimme kommt aus den Tiefen des Himmelbetts. Hervor kommen verschiedenste Tücher, Nachthemden und ein kleines Buch. Neugierig schiebt sie sich zwischen den Polster hindurch zurück nach oben, wo sie endlich wieder Luft bekommt. >> Gott, wie weit geht es da bitte runter? << Lachend wirft sich Felina zu ihr auf die federnde Matratze, neugierig auf das, was die Hexe da in den Händen hält. Das dunkle Leder ist weich, abgegriffen und leicht zerknittert. Sicher eintausend Mal berührt und so wie die Flecken aussehen, haben sie auch einige Tränen gesehen. Das muss ihr Tagebuch sein. Dieses Buch in den Händen zu halten fühlt sich schon wie Verrat an, es zu lesen würde sicher noch schlimmer sein. Cora würde sie beide zu Asche verbrennen, ohne mit der Wimper zu zucken. >> Wir sollten das wirklich nicht lesen Lyra. Das würde sie definitiv nicht wollen. <<

Die Hexe sieht sie fest an, die rechte Hand an der Verschnürung. Sie wird es aufmachen. Ganz sicher sogar. >> Aber wenn da irgendwo steht wo sich das Amulett befindet, wären wir dumm, wenn wir uns nicht da durchlesen. << Es wäre klüger, doch es wäre Verrat an ihr, an ihrer Freundschaft. Doch so eindringlich wie die Hexe Felina ansieht, steht ihr Entschluss bereits fest. Auch ohne ihrem Beisein und ohne ihrer Zustimmung würde sie das Tagebuch öffnen und jede Seite davon lesen, oder zumindest überfliegen. Es ist also an ihr dafür zu sorgen, dass wirklich nur das Wichtigste rauskommt. >> Na schön. Aber nur flüchtig. Ihre Gedanken gehen nur sie etwas an. <<

Schmunzelnd stößt Lyra sie an der Schulter an und löst den Knoten von der Kordel. Sofort klappt der Deckel auf und enthüllt zum Teil verschmierte und unleserliche Sätze. Manche Textpassagen sind von Tränen verschmiert, andere sind reich verziert mit Ranken, Hirschen und Blumen. Auch Flammen züngeln an den Rändern der Seiten entlang. Sie gibt sich wirklich viel Mühe mit den Aufzeichnungen über die Geschehnisse bei Hof. Wie in jedem Palast intrigieren die Höflinge untereinander, doch weniger, als bei anderen. Sie schreibt über Rowan und Aelin und wie glücklich sie sind und wie anstrengend das manchmal ist.

>> Hat sie denn alles mitgeschrieben? << Lachend blättert Felina weiter und bestätigt ihre Frage selbst. Auf den nächsten Seiten befinden sich Aufzeichnungen ihres Trainings und Schriften in der alten Sprache. Diese Texte verstehen sie zwar nicht, aber sie scheinen wichtig zu sein. Sie hat sie mehrmals mit Ranken versehen und mit Feuer umrahmt. Erst später, zirka um die Mitte herum, wird überhaupt etwas über Elena geschrieben. >> Da, lies das. << Lyra deutet mit ihren langen Fingernägeln auf eine Passage, die hastig niedergeschrieben wurde. Anfänglich haben sie wirklich Schwierigkeiten überhaupt ein Wort davon entziffern zu können. Manchmal schreibt sie unleserlicher als Aedion. >> Ok, wir schenken ihr eine neue Feder. Diese teilt sich ja schon. << Felina deutet auf die gespaltenen Buchstaben und muss schmunzeln, als sie eine weitläufige Schimpftirade über Elena liest. Nach etwa zwei Seiten beruhigt sich ihr Schreibstil und auch ihre Worte werden langsam aber sicher lesbar. Sie mahnt sich selbst zur Ruhe und bringt die Worte mit größter Präzision zu Papier. Diese nächsten Sätze sind wichtig. Sie verraten den Aufenthaltsort des Amuletts. Kryptisch zusammengefasst und so sorgfältig aufgeschrieben wie bei einer ihrer Listen. Es ist klar, Cora hat angenommen, dass jemand dieses Buch liest und wollte sichergehen, dass sie es denjenigen nicht zu leicht macht. Und wow, leicht hat sie es ihnen nicht gemacht. Auf diesen Seiten stehen keine genauen Sätze. Es sind nur Zahlen und Wörter, sinnlos aneinandergereiht.

Princess of Fire and Darkness ToG FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt