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>> Lass mich hier raus verdammt! << Wie in einem grotesken Albtraum hallt ihre Stimme von den Eisenwänden wider. Er hat alles getan um ihre Kräfte einzudämmen. Eisen in ihrem Essen und an der kompletten, gottverdammten Wand. Aaron geht keine Risiken ein. Ihm ist bewusst, dass sie gefährlich für ihn ist, dass ihr Feuer ihn zu Asche verbrennen kann. Und deshalb sperrt er sie hier ein. Eine Prinzessin hinter Schloss und Riegel, was für ein Klischee. Früher dachte sie, dass so ein Fehler nur in Märchen passiert und in Geschichten, damit der ältere Vater sich immer noch wie ein Held fühlen kann, während er an seine eigenen Taten zurückdenkt. Aber das hier? Das ist wirklich lächerlich. >> Aaron! Beweg deinen Arsch hierher und lass mich raus! <<

Wie eine Bekloppte hämmert sie gegen die Tür, doch niemand reagiert. Es bleibt, wie schon Stunden zuvor, ruhig und absolut bewegungslos. Tränen der Wut schimmern in ihren Augen, die sie frustriert wegwischt. Jetzt zu weinen ist sinnlos, es bringt sie her auch nicht raus. Um einen kühlen Kopf bemüht, lässt sie sich auf ihr Bett fallen. Egal wie prunkvoll oder weich es ist, es bleibt ein Gefängnis, dem sie nur schwer entkommen kann. Ihre Kräfte sind durch seine miesen Tricks gedämpft und kommen nicht ans Tageslicht. Nicht einmal wenn sie versucht zu schlafen, kann sie die Flammen erkennen. Das ist traurig und es macht sie wütend. Sie hasst es traurig zu sein. Resigniert seufzend lässt sie sich nach hinten fallen und starrt an die mit Eisen ausgekleidete Decke und schließt die Augen. Ein Albtraum in einem Albtraum. 

Aaron würde sich am liebsten die Hand abbeißen, als er sie zur Tür ausstreckt. Millimeter vor der Türklinke hält er inne und starrt das Eisen an. Sie ist nicht um sonst geschlossen. Das Mädchen da drinnen ist seine einzige Chance und es bricht ihm das Herz in tausend Teile, weil er jene Person opfern will, die Wyrd für ihn ausgewählt hat. Aber es geht um Familie und die ist bekanntlich das Wichtigste im Leben. Mit halber Kraft wendet er sich ab und marschiert die Treppe nach oben, rauf in das Wohnzimmer. Sich im Keller aufzuhalten würde es nicht besser machen, also macht er etwas Produktives. Schwungvoll reißt er die Laken von den Möbeln. Der Stoff flattert im Wind wie ein jähzorniger Geist und Staubschwaden hüllen sich um ihn. Hustend wedelt er den Dreck weg und bereut es sofort angefangen zu haben. Hausarbeit war nie sein Ding und wird es auch nie sein. Für so etwas gibt es Angestellte oder eine Frau.

Für einen Augenblick sieht er zur Kellertreppe, doch sie würde ihm eher den Kopf abreißen, als ihm zu helfen. Das heißt also selbst ist der Mann und so räumt er ein ganzes Zimmer auf, bis er die Nase voll hat und sich auf die abgewetzte Chaiselongue fallen lässt. Der sicher uralte dunkelblaue Stoff wirkt noch wie früher und ist mindestens genauso weich wie in seinen verstaubten Erinnerungen. Seine Mutter hat ihm hier, sobald alle im Bett waren und niemand ihn sehen wird, Geschichten vorgelesen, bis er eingeschlafen ist. Und frühmorgens, wenn die Sonne kaum am Himmel erschienen ist, schickte sie ihn wieder weg, in die Hütte im Wald. Sein Vater, oder eher Ziehvater, hatte ihn schon mehrmals halb totgeprügelt und das wollte sie verhindern. >> Immer in der Vergangenheit herumstochern, so bin ich eben. <<

Murrend reibt sich Aaron übers Gesicht, vertreibt so die Erinnerungsfetzen so gut es geht. Ruhe wird er nicht lange haben, immerhin muss er der Kriegerprinzessin etwas zu Essen bringen, bevor sie da unten zu randalieren beginnt. Es wäre zu schade, wenn er schon wieder ein Bett ersetzen müsste. Beim Umbau ist das Erste leider, ok, er hat es kaputt gemacht. Es hätte ihm jemand sagen müssen, dass es beinahe unmöglich ist ein Himmelbett umzusiedeln. Jetzt ist es besseres Brennholz. Um sich auf andere Gedanken zu bringen, schlendert er in die warme Küche und bereitet etwas vor.

Früh morgens ist die beste Zeit für alles. Zumindest versuchte Chaol Tristan das in den Kopf zu prügeln. Mit seinen achtzehn Jahren hat Tristan viel erlebt, mehr Gutes als Schlechtes. Er ist ein Kind des Krieges. Manon ist genau dann schwanger geworden, als sich alles gerade so gelegt hat, was natürlich nicht geplant war. Schmunzelnd sieht er seinen in Ton gedrückten Handabdruck an, ja er war auch mal so klein. Das kann er sich fast nicht vorstellen, da seine kleine Schwester kein Jahr später gekommen ist. So wie bei Cora und Felina. Und um diese Mädchen kümmert er sich jetzt, ach ja, und auch um Nino. Da er der Mann im Haus ist, wird er helfen müssen. Tristan macht sicher nicht alles alleine. Selbst wenn Hayden ihm die Arbeit aufgedrückt hat, weil er ja zu beschäftigt in Doranelle ist, heißt das nicht, dass er sich keine Hilfe holen darf. Bepackt mit den drei Taschen schleicht er sich die Wendeltreppe nach unten zu dem Zimmer der Drei. Energisch, aber so leise wie möglich klopft er an, doch zu warten fällt ihm gar nicht ein. Ohne einer Erlaubnis tritt er ein und rüttelt an seiner Schwester. >> Lyra, wach auf. Ihr solltet schon startbereit sein. << Ihre blauen Augen richten sich auf ihn und schon steht sie senkrecht neben dem Bett. Flinkes kleines Ding. Sie benötigt keine weiteren Anweisungen, sie haben das geübt, als sie klein waren. Sich rausschleichen war eine Kunst, die es zu verfeinern galt. Und das zeigen sie ihren Freunden jetzt.

Princess of Fire and Darkness ToG FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt