Sicher zieht es nirgends so sehr wie hier. Mitten in der Schlucht zu wandern istnoch nie ihr Ziel des Jahres gewesen, doch jetzt sind sie hier. Nino wandert direkt hinter ihr, um Lyras Klauen zu entgehen, die klickend an den Steinen entlangschrammen. Nach ihrer... Zeichnung hat er wohl Respekt vor der Hexe bekommen. Gesund ist es auf jeden Fall, doch gesund wären auch wärmere Anziehsachen gewesen, die keiner mithat. Tristans Tasche enthält zwar viel, doch warme Fellmäntel sind nicht enthalten. Deswegen zitternd tummeln sie sich wie kleine Ameisen in der tiefen Schlucht und versuchen sich durch Bewegung warmzuhalten, was nicht immer klappt. Felina muss nicht auf die anderen hören, um zu wissen, dass sämtliche Zähne klappern und sie sich die Zunge abbeißen würde, wenn sie versucht hätte Nino zu küssen, aber verlockend ist es trotzdem. >> Kommt, wir machen eine Pause. Ihr seht beide müde aus. << Lyra lässt ihre Tasche unter einen Felsvorsprung fallen und zerrt Felina samt Nino mit sich, der es sich sogar gefallen lässt von ihr angefasst zu werden. Selbst die rauesten Winternächte können an seinem tapferen Herzen nichts ändern, sie machen es nur stärker, robuster und lebendiger. Sie bereiten es auf die tiefste Liebe vor, die ein Mensch fühlen kann. Reine Hingabe, intensive Leidenschaft oder einfach nur eine Liebe, die einem in den Arsch tritt sobald man sie wahrnimmt, die so intensiv ist, dass man nur nach Luft schnappen kann. Und genau sowas wünscht sich Felina, nicht eines davon, sondern alle drei.Liebe, Lust und Leidenschaft. Wenn das Leben das beinhaltet kann man glücklich sterben, das hat ihr Fenrys einst erzählt. Er selbst hat seine Geliebte noch nicht gefunden, dafür ist er für alle da, die seine Hilfe brauchen oder Liebeskummer haben. Dieser Mann riecht es tausend Meter gegen den Wind, wenn jemand einen Rat braucht, es nötig hat, dass man ihm eine Geschichte erzählt oder einfach nur schweigend nebeneinander sitzen will, um in den Nachthimmel zu starren. Jede Frau würde ihn lieben, doch er meinte immer nur, >> Wenn ein hübsches Mädchen mich Arschloch nennen kann und mich trotzdem hingebungsvoll küsst, um mich danach zu schlagen, dann ist sie die Richtige. Denn dann weiß ich, dass egal was passiert, ob wir Streit haben oder uns lieben, sie immer bei mir bleiben wird. << Und danach richtet sie sich schon ihr ganzes, kurzes, Leben. Wenn ein Kerl das nicht erfüllen kann, dann ist er nicht der Richtige für sie und kann gleich wieder gehen. Und Nino erfüllt all diese Dinge und deswegen fühlt sie sich so wohl bei ihm. Wie jetzt, in diesem Moment erfüllt er ihr Herz mit so viel Wärme, das der eisige Wind nichts dagegen tun kann. Selig lächelnd lehnt sie sich an seine Brust und freut sich wie ein kleines Kind, dass er sofort beginnt eine lose Strähne um seinen Finger zu wickeln. Hier und jetzt, im beginnenden Feuerschein, könnte sie sofort einschlafen und das ist wohl auch der Plan. Lyra legt schweigend eine Decke über sie und meint, >> Schlaf ruhig Felina, ich übernehme die erste Wache. << Und so lässt sie sich einlullen von den Geräuschen der Natur, seinem Herzschlag und dem wohlbekannten Knistern der Flammen und schläft ein.
Im Halbschlaf, es muss mitten in der Nacht sein, holt Lyra sie mit einem wohlriechenden Mitternachtssnack aus den Wolken. >> Seit wann kochst du? << Schlaftrunken krabbelt sie weg von Nino und näher zur Feuerstelle, die immer verlockender zu riechen beginnt. Und als Lyra auch noch leise lacht, muss sie schmunzeln. Man unterschätzt die Hexe gern und sie hat es wieder getan. >> Seit Tristan einmal fast unsere Küche abgefackelt hat. Mach den Mund auf. << Um nicht die Kraft aufwenden zu müssen die Augen zu öffnen, tut sie ihr den Gefallen und bekommt sogleich die Belohnung. Ein warmes Stück saftigen Fleisches landet auf ihrer Zunge und lässt sie genüsslich aufseufzen. Essen, ja, das ist besser als jeder Mann. >> Mmmm, du musst öfter kochen. Ich würde dich sofort einstellen, wenn du nicht die Prinzessin von einem ganzen Land wärst. << Lachend bringt sie doch noch die Kraft auf die Augen zu öffnen und schnappt sich sogleich noch ein Stück Fleisch. Das geht so lange, bis der Spies leer und die Dämmerung nah ist. Die ganze Zeit über haben sie die leise klickenden Geräusche ignoriert, bis es nicht mehr möglich ist. Lange Beine, beschienen von der aufgehenden Sonne, schieben sich in ihr Blickfeld. >> Kinder, Kinder, was habt ihr denn vor? << Ihr Gesicht schiebt sich in das Blickfeld der Mädchen und lässt sie erstarren. Die große Spinne klettert erhobenen Hauptes von den Steinwänden und sieht sie direkt an. In ihren vielen Augen spiegeln sich die Gesichter der Mädchen und die Spinne beginnt zu lächeln. >> Ihr sucht uns, oder? << Streifen von dunklen Spinnenbeinen durchbrechen das helle Sonnenlicht wie kleine Äste. Schreien würde nicht viel helfen und auch wildes Herumzappeln nicht. Alles was sie tun können, ist die vielen Beine anzustarren und zu beten, dass sie nicht alle herunterkommen. Eine Spinne reicht und weil Cora nicht da ist, haben sie keinen Flammenwerfer und Nino, der leichter zu verletzende Mensch, schläft noch. Würde sie sich nicht so viele Sorgen um ihr eigenes Leben machen, dann würde sie ihn jetzt so schnell wie möglich wegschaffen, auf allen Vieren oder mit Flügeln, das ist egal. >> Keine Angst ihr Schnuckelchen, euch zu fressen, wäre jetzt zu einfach. Nehmt einfach das hier. <<
Die Anwärterin hat sich wirklich alle Mühe gegeben um die Drei aufzuspüren, bis hier zur Ferianschlucht. Wie sie gesagt hat, die Kinder der zwei Länder jetzt zu töten, wäre eine dumme Idee. Sie zu beobachten ist viel amüsanter und ist eine perfekte Übung für ihre jungen Spinnen. Jagen zu können ist eine Fähigkeit, die jede von ihnen braucht und die wichtiger ist, als das Gespür für ein perfektes Geschäft. Aber die Überredungskunst, ja die ist Ausschlaggebend. Die Kinder dürfen nicht weiter, sie dürfen sie noch nicht finden. Es wäre zu früh und das Abenteuer somit vorschnell beendet. Das wäre zu schade.
Für eine Moment verlagert die Anführerin das Gewicht ihres Bronzekörpers auf die andere Hälfte ihrer Beine und schielt zu dem silberhaarigen Mädchen. Diese junge Hexe hat Großes vor sich, etwas, das ihr ganzes Leben durcheinanderbringen kann. Ihr Blick schweift zu der wunderhübschen Gestaltwandlerin, dessen loses Mundwerk sie sicher noch in Schwierigkeiten bringen wird. Aber ein Mädchen fehlt. Ein kleines blondes Faedingelchen, das eine verheerende Kraft in sich hat. Feuer, das jede Spinne auslöschen kann. Brannon hätte ein Nichts bleiben sollen und keine Nachfahren produzieren. Das hätte so vieles vereinfacht. Doch anscheinend muss es so sein. Maeve hat sie alle zu Geduld ermahnt und daran werden sie sich halten. Ihre Anwärterin sollte also am besten ruhig bleiben und nicht so unnötig zittern. Sie benimmt sich ja wie ein kleines Menschenkind. >> Na mach schon Kleine, wir haben nicht ewig Zeit. <<
Nino hat definitiv keine Lust die Augen aufzumachen. Sich jetzt dem Geschehnis zu stellen würde die schöne Illusion von Sicherheit zerstören, aber er kann die Mädchen nicht alleine gegen die Spinnen antreten lassen. Das unheilvolle Klicken dröhnt ihm schon eine Weile wie ein skurriler Wecker in den Ohren. Handeln ist angesagt. Vorsichtig öffnet er seine Augen. Mehr als eine Spinne ist nicht zu sehen, doch die Schemen ihrer Beine ragen über die Kante der Schlucht. Es müssen ein halbes Dutzend dieser Dinger sein, vielleicht sogar mehr. Nino muss rausfinden wie sie abhauen können. Dummerweise hat diese Schlucht genau einen Ein- und einen Ausgang, über die Steilwände zu fliehen ist keine Möglichkeit und Blue zu rufen wäre zu riskant. Diese Aktion würde seinen Tot bedeuten und dafür würde ihm Lyra mehr als nur einmal das Gesicht zerkratzen. >> Was nun... was soll ich tun? << Auf der Lippe rumbeißend lässt er seinen Blick über ihre Habseligkeiten schweifen. Drei Taschen und ein Topf voll mit Essen, der ist egal, den können sie erübrigen, aber die Taschen sind wichtig. Bis jetzt haben sie noch nicht herausgefunden, was sich alles darin befindet. Aber so eindringlich Tristan sie angestarrt hat, als er sie übergab, muss es wichtig sein. Dann eben die Taschen, nichts weiter. Zum Glück sind die beiden keine Ordnungsfanatiker, weswegen die Taschen einfach auf einem Haufen liegen. So leise wie möglich richtet er sich auf. Im Schein des Lagerfeuers funkelt Lyras Haar wie Mondlicht, blendet ihn beinahe, was es ihm schwer macht etwas zu erkennen, doch...
Was macht sie da? Die Hexe redet unbeirrt mit der Spinne weiter, doch ihre Hände... Mit zwei Fingern deutet sie nach links, immer wieder. Er folgt ihrer Anweisung mit den Augen. Links von ihm, auf der anderen Seite der Taschen ragen Felsen empor und bilden einen Bogen. Der raue Stein bildet eine schroffe Kante, die mit der Höhlenwand eins wird. Er hätte den Durchgang beinahe übersehen, wenn die Hexe ihn nicht direkt darauf hingewiesen hätte. Na dann, auf geht's. Schnelligkeit ist hier der Schlüssel zum Erfolg und während die Mädchen die Spinnen ablenken, wird ihn keiner beachten. Und trotz der nötigen Ablenkung rutscht ihm sein Herz in die Hose. Das dürfte nicht sein, er ist Jäger und mittlerweile daran gewöhnt, dass ihn etwas umbringen will, doch das sind so viele. Eine alleine könnte ihn umbringen ohne viel Aufwand dafür betreiben zu müssen. Aber so viele? Sein Tot würde schnell sein und wenn er Glück hat, sogar schmerzlos. Aber wenigstens würde er den Mädchen helfen, also steht seine Entscheidung fest. Mit all seinem Mut rennt er los, unterbricht so die Verhandlungen der Spinne so abrupt, dass sie ihn geschockt ansieht, doch er ist schon bei den Taschen und rennt zurück zum Gang.
>> Schnappt das flinke Menschlein! Wir sind noch nicht fertig mit unserem Gespräch! <<
>> Ach jetzt haltet doch die Klappe! << Lyra entreißt der Spinne die kleine Schachtel. Ihr aufgebrachtes Klicken verfolgt sie wahrscheinlich noch bis in ihre Albträume. Es ist wie das Knacken von brüchigen Knochen. Der Widerhall dieses... Brechens, katapultiert sie in Erinnerungen, die nicht die ihren sind. Es sind Manons Erinnerungen, ihre Ängste und Sorgen. Doch es sind ihre Freunde, die den Platz der Dreizehn einnehmen. Felina, Cora und sogar dieser Nino sterben in ihren Gedanken.
KNACK, KNACK, KNACK.
DU LIEST GERADE
Princess of Fire and Darkness ToG FF
FantasyAelin rettete die Welt, sorgte für Frieden und Wohlstand und auch ihre Tochter wuchs behütet mit Lysandras und Manons Tochter auf. Doch die tiefen Schatten der Nacht hatten ihre Haustiere entlassen und sie wollen spielen und sie fürchten nur die Erb...